WERDER MAGAZIN Nr. 344
WERDER MAGAZIN 344 15 INTERVIEW DR. HUBERTUS HESS-GRUNEWALD POSITION Geschäftsführer Organisation & Sport BEI WERDER SEIT 28.08.1970 GEBURTSDATUM 14.10.1960 GEBURTSORT Varel NATIONALITÄT deutsch WEITERE POSITION Präsident des Sport-Verein ‚Werder‘ von 1899 e. V. FRÜHERE POSITIONEN Vize- Präsident des Sport-Verein ‚Werder‘ von 1899 e. V. (2003 – 2014), Auf- sichtsratsmitglied des Sport-Verein ‚Werder‘ von 1899 e. V. (1999 – 2014), Vorstandsmitglied der Fußball- Amateurabteilung (1993 – 1999) Was ist Ihre erste Erinnerung an den Fußball? WM 1966 mit dem Tor von Helmut Hal- ler imHalbfinale gegen die Sowjetunion. Wo möchten Sie als Rentner leben? In Bremen. Für welchen karitativen Zweck würden Sie am ehesten spenden? Da gibt es sicher einige. Wer sich engagieren will, dem sei die Werder- Stiftung empfohlen. Was ist die Lehre der vergangenen (Corona-)Monate? Im Alltag demütig bleiben, weil nichts mehr selbstverständlich ist, was unse- ren Lebensstil ausmacht. Was ist Ihr Wunsch für die nächste Saison? Möglichst viel Normalität mit unse- ren Fans im Stadion, dass die Mann- schaft das auf den Platz bringt, was sie kann, und wir viele Siege erleben. Gesellschaft für starke Werte der Gemein- schaft – wie Toleranz, Respekt, Vielfalt und gegen Rassismus und Antisemitismus – ein- steht. Wir müssen diese Werte verteidigen. Sie sind keine Selbstverständlichkeit mehr. Auch Demokratie funktioniert nicht von al- leine. Also ist jeder gefordert, Haltung zu zeigen. Auch mir als Werder-Vertreter ist es wichtig, für unseren Verein und seine Werte die Stimme zu erheben. In unserer Satzung steht, dass wir jedem eine Heimat geben, unabhängig von seiner Gesinnung, seiner sexuellen Orientierung, seiner Herkunft. Dafür stehen wir ein – allerdings ohne mis- sionieren zu wollen. Wie kann sich der SV Werder bei der viel diskutierten zukünftigen Ausrichtung des Profifußballs einbringen? Indem wir uns in dieser Frage positionieren. Wir haben unsere Position dazu in einem Workshop erarbeitet. Auch Fanvertreter haben daran teilgenommen. Nun geht es darum, diese Position in die DFL zu tragen, dort Allianzen zu bilden und Mehrheiten zu organisieren. Ist die Position mehrheitsfähig? Es ist ja kein Geheimnis, dass wir zum Bei- spiel mit dem FC St. Pauli sehr viele ge- meinsame Sichtweisen auf den Fußball ha- ben. Aber es gibt auch andere sogenannte Traditionsvereine, die derzeit mit ähnlichen strukturellen Problemen kämpfen müs- sen wie wir und ein Interesse daran haben, dass das, was den Reiz, die Faszination und auch die Emotionen der Bundesliga aus- macht, nicht verloren geht. Daher müssen wir unbedingt einen Wettbewerb schaffen, der spannend und nicht vorhersehbar ist. Wenn die Frage nur noch lautet, ob der Ti- telgewinn des FC Bayern Ostern oder doch schon Weihnachten feststeht, dann wird es irgendwann langweilig. Dennoch haben gerade die großen Clubs eine starke Lobby. Warum sind Sie den- noch zuversichtlich, dass Veränderungen möglich sind? Nach meiner Einschätzung kann es sich die DFL nicht erlauben zu sagen: Wir machen weiter wie bisher. Es muss ein klares Zei- chen an die Fans, an die Gesellschaft geben, das deutlich macht: Wir haben verstanden. Natürlich waren wir demütig, als es auf- grund von Corona gar keinen Spielbetrieb geben konnte. Viele haben gesagt: Wir müssen umdenken. Aber wir müssen jetzt auch sehr genau darauf schauen, welche Prozesse die Task Force der DFL anstößt. Und wenn dann am Ende doch nichts dabei herauskommt und alles beim Alten bleibt, wäre das sicher enttäuschend und das fal- sche Zeichen. Und wir müssten sicher auch der Gefahr ins Auge sehen, dass sich Fans von der Bundesliga abwenden. Das wäre schade. Denn die vollen Stadien, der große Fanzuspruch, Fußballtickets für alle und die Tatsache, dass wir einen Querschnitt durch die gesamte Gesellschaft im Stadion ab- bilden können, sind sehr wichtig. Wann werden wieder Zuschauer im Sta- dion sein? Bis zu dem Fußball, den wir kennen, mit vollen Stadien und ungehemmten Emotio- nen, wird es noch lange dauern. Aber wir können und müssen anstreben, wieder ei- nige Zuschauer ins Stadion zu lassen. Ich hoffe, dass sich die Infektionslage so ent- wickelt, dass es ab November möglich ist. Aber eine seriöse Vorhersage ist derzeit nicht möglich.
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