Gutachtliche Entscheidungen

68 | Gutachtliche Entscheidungen Innere Medizin 1,2 mg/dl bei erhöhten Harnstoffwerten bis 55 mg/ dl am 28.Oktober. Nach der Reanimation betrug das Kreatinin zunächst 1,3 mg/dl, am 16. November 1,7 mg/ dl, nachfolgend 2,2 mg/dl. Im Verlauf kam es zu einem ARDS mit Beatmungs- pflicht, einem akuten Nierenversagen und Verdacht auf einen Hirninfarkt mit Arm- und Beinparese links. Bei absoluter Arrhythmie erfolgte eine Kardioversion. Im Verlauf trat keine weitere Elektrolytstörung auf. Als Behandlungsfehler wurde von der Gutachterkom- mission bewertet, dass postoperativ mit Feststellung einer schweren Hyponatriämie von 116 mmol, anhal- tend hohen Kaliumwerten > 5,0 mmol/l und einer Hy- pokalziämie von 1,0 mmol/l bei einem erhöhten Krea- tinin die Patientin intensivstationspflichtig gewesen wäre. Durch entsprechende Substitution von Natrium und Kalzium und durch Senkung des Kaliumspiegels hätte eine gute Chance zur Vermeidung der am 9. No- vember aufgetretenen Asystolie bestanden, das heißt die ganze Komplikationskette nach der Reanimation wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit vermeidbar gewe- sen. Fazit Elektrolytimbalanzen können zu verschiedenen klini- schen Symptombildungen führen, sodass durch diese Vielfalt der Blick auf die eigentliche Ursache der Sym- ptome versperrt und durch unnötige Diagnostik Zeit vergeudet wird. Gerade hierauf möchten wir mit den Fallbeispielen hinweisen. Die körperliche Untersuchung kann durchaus täuschen, wie in einer Studie von Lee Hooper et al (Cochrane Library: Clinical symptoms, signs and tests for identifica- tion of impanding and current waterloss dehydration in older people. 30.04.2015) gezeigt wird. Die knappe Leit- linie der AWMF (Nr.: 001/020) fordert Laborunter- suchungen (erst?) bei verdächtigen Befunden. Das steht im Widerspruch zu den Ausführungen von Hooper und unseren Fallbeispielen. Wir werden bei steigendem durchschnittlichem Le- bensalter mit zunehmender Morbidität und zuneh- menden Medikamentengebrauch und -missbrauch mit konsekutiven Elektrolytstoffwechselstörungen rech- ein S-Natriumwert von 111 mmol/l (S-Kalium 5,1 mmol/l), auf der Intensivstation um 6.10 Uhr von 113 mmol/l. Vor der Reanimation fanden sich erhöhte CRP-Wer- te zwischen 1,4 und 16,8 g/l, und normale Leuko- zytenwerte. Das Hämoglobin lag zwischen 10,3, 11,9 und 12,6 mg/l, und das Kreatinin zwischen 0,9 und Folgen einer Elektrolytstörung Normalwert des S-Natriums = 135–150 mmol/l (Erwachsene) 120–130 mmol/l mittelschwere und < 120 mmol/l schwere Hyponatriämie > 158 mmol/l schwere Hypernatriämie, Werte über 180 mmol/l sind lebensgefährlich. Normalwerte des S-Kaliums 3,5 bis 5,0 mmol/l (Erwachsene) • über 5,0 mmol/l Hyperkaliämie, • unter 3,5 mmol/l Hypokaliämie. Ein einzelner erhöhter Wert sollte immer kontrolliert werden, da beispielsweise durch Hämolyse bei unsach- gemäßer Blutabnahme zu hohe Kaliumwerte gemessen werden können. Fehlerquellen bei falsch erhöhten Werten (Pseudohyperkaliämie) können sein: • Bei der Blutprobe ist zu lange gestaut bzw. zu lange mit der Hand gepumpt worden. Dadurch ist es zur Hämolyse gekommen, da das intrazelluläre Kalium der Erythrozyten durch die Hämolyse ins Serum aus- getreten ist • Schnelle Aspiration durch zu kleinlumige Kanüle • Das Blut wurde vor der Zentrifugation zu lange stehen gelassen und hat sich bereits zu stark zersetzt • Kaliumfreisetzung in der Blutprobe bei exzessiver Thrombozytose oder Leukozytose (z. B. bei CML)

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