Gutachtliche Entscheidungen

80 | Gutachtliche Entscheidungen Innere Medizin war, wurde vom belasteten Hausarzt weder ein EKG durchgeführt, noch erfolgte eine Überweisung zum Kardiologen, sodass erst nach sieben Monaten die schwere Dreigefäßerkrankung mittels Bypassopera- tion behandelt werden konnte. Herzkatheter Bei 28 beklagten diagnostischen Herzkatheterunter- suchungen, darunter 25-mal mit Feststellen einer re- levanten Koronaren Herzerkrankung, bestätigten sich vier Fehlervorwürfe. Einmal blieb vor der Unter­ suchung unbemerkt, dass der Aufklärungsbogen we- der vollständig ausgefüllt noch unterschrieben wor- den war. Es waren außerdem nur allgemeine Risiken aufgeführt, und eine bestehende Allergieneigung war nicht erfragt worden, sodass fehlerhaft keine ausrei- chende Prophylaxe verabreicht wurde. Dies hatte zur Folge, dass der dann nach KM-Gabe mit einer Urtikaria symptomatisch werdende Patient speziell behandelt werden musste. Obwohl die Leitlinien darauf hinwei- sen, war in einem anderen Fall die luftfreie Flüssig- keitsfüllung des Kathetersystems nicht sichergestellt worden, sodass der Patient aufgrund einer koronaren Luftembolie nach der ersten Kontrastmittelgabe re- animiert werden musste. Einmal wurde als fehler- haft bewertet, dass die ambulante Untersuchung aus ungeklärten Gründen mit einem 6F-Kathetersystem vorgenommen und ein nachfolgend aufgetretenes Hämatom zu spät erkannt wurde. Bei einem mit 10 mg Diazepam sedierten 81-Jährigen wurden die Über- wachungspflichten offensichtlich verletzt, sodass er vom Kathetertisch stürzen konnte, obwohl vier Perso- nen im Katheterraum anwesend waren. Interventionelle Therapie Bei 70 vorgeworfenen interventionellen Behandlun- gen der Koronarien wurden neun Behandlungsfehler festgestellt; es bestätigten sich vier der 15 erhobenen Aufklärungsrügen, darunter eine bei ansonsten sach- gerechter Behandlung. Beispielsweise wurde 2015 eine nach den ESC-Leitlinien kontraindizierte interven- tionelle Therapie bei einem 69-jährigen türkischen Patienten mit einer fortgeschrittenen Dreigefäßer- krankung und chronischem Verschluss der rechten Kranzarterie versucht, anstatt eine Bypassoperation zu veranlassen. Es bestanden außerdem erhebliche Fazit für die Praxis bei akutem Brustschmerz Zusammengefasst bedeutet dies für den niederge- lassenen Arzt im Umgang mit Patienten, die „Brust- schmerz“ als Symptom der Erstkonsultation klagen, zunächst eine Eigen- und Familienanamnese, eine klinische Untersuchung mit Blutdruck- und Pulsmes- sung und eine Einschätzung der erhobenen Befunde durchzuführen und zu dokumentieren, was auch im KV-Notdienst möglich ist. Bleiben bei den untersuch- ten Patienten, gegebenenfalls auch nach Ableitung ei- nes EKGs und Bestimmung des Troponins in der Pra- xis, Zweifel an einer möglichen kardialen Ursache der Beschwerden, muss die weitere abklärende Diagnostik unverzüglich eingeleitet werden. Oftmals bleibt nur die stationäre Einweisung zur weiteren Beobachtung und kardiologischen Diagnostik. Es ist anzuraten, die Ablehnung einer nötigen stationären Einweisung durch den Patienten zu dokumentieren und gegen- zeichnen zu lassen. Fehler bei Herzinfarkt In einem Fall wurde 2016 ein akuter Herzinfarkt zwar erkannt, es wurde aber nicht umgehend eine Verlegung zur interventionellen Therapie veranlasst. Der Patient wurde unter Monitorüberwachung nach vier Stunden reanimationspflichtig und verstarb. Ein 50-jähriger Patient sollte 2014 im aufgesuchten Krankenhaus – ohne ärztlich gesehen worden zu sein – weiterverlegt werden. Er erlitt in der Ambulanz auf den Transport wartend ein akutes Herz-Kreislaufversagen, das über 20 Minuten nicht suffizient behandelt werden konnte, da die Intubation nicht gelang. Er verstarb an den Fol- gen des später bei der Obduktion festgestellten ausge- dehnten Herzinfarktes infolge einer Plaqueruptur bei fortgeschrittener Koronarsklerose. Aufgrund des fest- gestellten Organisationsfehlers wurde eine Haftung der Ärzte für den Tod des Patienten bejaht. Fehler bei KHK Bei einem Patienten wurde eine fortgeschrittene Koro- nare Herzerkrankung nicht erkannt. Die anhaltenden Beschwerden wurden als rezidivierende epigastrische Beschwerden bei Stress und bei Belastung beziehungs- weise als eine Refluxösophagitis gedeutet. Obwohl bereits neun Jahre zuvor ein Herzinfarkt aufgetreten Diagnose- und Behandlungsfehlervorwürfe bei Koronarer Herzerkrankung

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