Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2021

102 | Jahresbericht 2021 Ärztekammer Nordrhein Rechtsabteilung Rechtsberatung und Berufsaufsicht Beratung, Schlichtung und der Erhalt eines hochstehenden Berufsstandes durch die Überwachung der Berufspflichten sind die wichtigsten Aufgaben der Rechtsabteilung. Die Rechtsabteilung der Ärztekammer Nord- rhein (ÄkNo) gliedert sich in die Bereiche „Juristi- sche Grundsatzangelegenheiten“ und „Rechtsbera- tung/Rechtsanwendung“. Der Bereich „Juristische Grundsatzangelegenheiten“ unterstützt die Organe sowie Ehrenamtsträger auf den Ebenen der Haupt- stelle und der Kreisstellen und die Ressorts im Haus in Bezug auf rechtspolitische Fragestellungen. Mit anderen Heilberufskammern auf Landes- und Bundesebene werden übergreifende berufsrecht- liche Themen aufgearbeitet und abgesprochen. Die Schwerpunkte der Tätigkeit ergeben sich imWesent- lichen aus der Gesetzgebung, der Rechtsprechung und den Vorgaben der Organe. Der Bereich „Rechtsberatung/Rechtsanwen- dung“ berät Ärztinnen und Ärzte zu allen recht- lichen Fragen rund um die Berufsausübung. Die Beratung ist kostenlos und erfolgt überwiegend telefonisch, oft aber auch schriftlich und hier ins- besondere per E-Mail. Im Bereich der Rechtsan- wendung prüft die Rechtsabteilung, ob Ärztinnen und Ärzte ihre Berufspf lichten erfüllen. Anlass dazu geben in der Regel Beschwerden von Patien- ten, Kollegen oder Mitteilungen von Behörden und Gerichten. Die Ärztekammer befindet sich bei der Wahrnehmung der Berufsaufsicht in ständigem Kontakt zu Staatsanwaltschaften, Gerichten und den für die Approbation zuständigen Bezirksregie- rungen Köln und Düsseldorf. Eine effiziente und angemessene Durchführung der Berufsaufsicht ist für die Glaubwürdigkeit der Institution Ärzte- kammer von großer Bedeutung. Rechtspolitische Schwerpunkte Regelung zur Suizidbeihilfe Nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Entscheidung am 26. Februar 2020 (2 BvR 2347/15) das Verbot der geschäftsmäßigen Förde- rung der Selbsttötung nach § 217 StGB für verfas- sungswidrig erklärt hat, war und ist die Ärzteschaft aufgerufen, sich mit den Konsequenzen dieser Ent- scheidung und deren Auswirkungen auf das Han- deln der Ärzteschaft zu befassen. Mit den Konsequenzen aus dem Urteil des BVerfG hat sich nicht nur der 124. Deutsche Ärztetag 2021 auseinandergesetzt. Auch die Kammerversamm- lung, der Vorstand und der Ausschuss „Berufsord- nung, Allgemeine Rechtsfragen und Europa“ haben die möglichen Konsequenzen der Entscheidung für die Ärzteschaft erörtert. Dabei ging es in erster Linie um • die Rolle der Ärztinnen und Ärzte im Kontext der Suizidbeihilfe, • den Umgang mit § 16 Satz 3 Berufsordnung, der in der aktuellen Fassung ein berufs- rechtliches Verbot für die Suizidbeihilfe regelt („Sie dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten.“) und • die Möglichkeiten zur Förderung der Suizid- prävention. In Bezug auf die Rolle der Ärztinnen und Ärzte im Kontext der Suizidbeihilfe hat der 124. DÄT fest- gehalten, dass es keine Aufgabe der Ärzteschaft sei, für nicht terminal Erkrankte außerhalb des Arzt- Patienten-Verhältnisses eine Indikation, Beratung oder gar Durchführung eines Sterbewunsches zu vollziehen. Daher solle eine breite Diskussion über die Rolle der Ärztinnen und Ärzte in der Sterbehilfe geführt werden, mit dem Ziel, die ärztliche Position in der künftigen Gesetzgebung zur Sterbehilfe zu klären. Auch die Gremien der Ärztekammer Nord- rhein sind der Auffassung, dass die Ärzteschaft sich selbst in den Gesetzgebungsprozess einbringen wol- le mit dem Ziel zu verhindern, dass der Gesetzgeber die Ärzteschaft in Bezug auf die Suizidhilfe in eine Rolle bringe, die nicht mit der ärztlichen Aufgabe vereinbar sei. Zum berufsrechtlichen Verbot für Suizidbeihilfe hat das BVerfG in seiner o. g. Entscheidung ausge- führt, dass die entsprechende Regelung in der Be- rufsordnung zumindest faktisch handlungsleitend wirke und dass der Zugang zu Möglichkeiten der assistierten Selbsttötung nicht davon abhängen dürfe, dass Ärzte sich bereit zeigten, sich unter Berufung auf ihre eigene verfassungsrechtlich ver- bürgte Freiheit eigenmächtig über geltendes Recht hinwegzusetzen. Vor diesem Hintergrund ent- RAin Christina Hirthammer- Schmidt-Bleibtreu, Justiziarin, Bereich Juristische Grundsatz- angelegenheiten Dr. iur. Dirk Schulenburg, MBA, MHMM, Justiziar, Bereich Rechtsberatung/ Rechtsanwendung und Allg. Verwaltung und Kaufmännische Geschäfts- führung

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