Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2021

104 | Jahresbericht 2021 Ärztekammer Nordrhein Rechtsabteilung beruf lichen Arztpraxis und dem Krankenhaus/der Privatkrankenanstalt ist nicht weiter geregelt und unterliegt daher auch keinen weiteren Vorausset- zungen. Denn nach § 1 Gewerbeordnung ist der Be- trieb eines Gewerbes jedermann gestattet. Gewerbe sind nach Maßgabe des § 14 Gewerbeordnung an- zeigepf lichtig, mehr aber auch nicht. Lediglich für private Krankenanstalten ist nach § 30 Gewerbe- verordnung eine Konzession erforderlich. Der BGH hat seinerzeit deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die gewerbliche Betätigung auch im Bereich des Gesundheitswesens für jedermann frei ist, sofern der Gesetzgeber nichts anderes re- gelt. Solange ein zur Berufsausübung Befugter in einer solchen Einrichtung arbeitet, können diese Einrichtungen nicht verwehrt werden. Tatsächlich wird die Frage, ob in einer solchen Einrichtung ein Befugter tätig ist, nicht weiter geprüft. Die nordrhein-westfälischenHeilberufskammern haben sich in den Neunziger- und Zweitausender- Jahren sehr um das Thema gekümmert, auch da- rum, dass die Qualität der ärztlichen Leistungen und der Gesundheitsschutz der Patienten erhalten bleibt, und die Kammer hat zunächst einen § 17 in die Berufsordnung aufgenommen, der die ambu- lante Berufsausübung an die Niederlassung bindet, soweit nicht per Gesetz etwas anderes zugelas- sen ist. Ein Arzt, der in einer gewerblichen Ein- richtung tätig werden möchte, darf dies nur mit einer Ausnahmegenehmigung der Kammer. Das Land NRW hat in den darauffolgenden Jahren nachgezogen und die berufsrechtliche Vor- schrift ins Gesetz übernommen (zuerst § 16; später wurde daraus § 29 Absatz 2 HeilBerG), da die vorge- nommene Berufsausübungseinschränkung grund- rechtsrelevant ist. Nach Auffassung der Ärzteschaft ist es an der Zeit, für den Bereich weitergehende Konsequenzen zu ziehen und sowohl die Zulassung als auch die Aufsicht über gewerbliche Unterneh- men im Gesundheitswesen jenseits der Kranken- haus- und MVZ-Strukturen zu regeln. Der Vorschlag der nordrheinischen Ärzteschaft ist es seit Langem, sich dafür einzusetzen, die Ge- werbeordnung zu ändern. Hierzu werden Lösungs- vorschläge entwickelt. Unter der Federführung der Ärztekammer Nord- rhein hat sich die Arbeitsgemeinschaft der Heil- berufskammern des Landes Nordrhein-Westfalen mehrfach an das Ministerium für Arbeit, Gesund- heit und Soziales des Landes Nordrhein-West- falen gewandt und Lösungen zum Umgang mit juristischen Personen des Privatrechts sowie zur Einschränkung der zunehmenden Kommerziali- sierung von gewerblicher und heilkundlicher Be- tätigung eingefordert. Seit geraumer Zeit steht die Ärztekammer nun mit dem Wirtschaftsministeri- um des Landes hierzu in Kontakt, um an einer Lö- sung zu arbeiten. Das Ministerium hat mitgeteilt, an der Lösung gemeinsam mit der Ärztekammer arbeiten zu wollen. Vor diesem Hintergrund hat sich auch der Aus- schuss „Berufsordnung, Allgemeine Rechtsfragen und Europa“ erneut mit der Thematik befasst und den diesbezüglichen Handlungsbedarf unterstri- chen. Heilkunde/Heilpraktiker Das Thema Ausübung der Heilkunde und in die- sem Zusammenhang auch deren Ausübung durch Heilpraktiker beschäftigte im Berichtszeitraum sowohl die Rechtsabteilung als auch den Aus- schuss „Berufsordnung, Allgemeine Rechtsfragen und Europa“. Die Gruppe der Heilpraktiker ist die einzige Per- sonengruppe, die neben der Ärzteschaft dazu befugt ist, selbständig und eigenverantwortlich nahezu umfassend medizinische Leistungen zu erbringen. Angesichts der weitreichenden Befugnisse eines Heilpraktikers, die Heilkunde am Menschen aus- üben zu dürfen, sieht die Ärztekammer Nordrhein die Prüfung des Gefahrenausschlusses als vollkom- men unzureichend an. Ebenso ist der Mangel einer Überprüfung auch praktischer Fähigkeiten bei der Prüfung zur Heilpraktikerin oder zum Heilprak- tiker fraglich. So wird beispielsweise das Setzen von Injektionsnadeln nicht überprüft, obwohl dies von der Heilpraktikererlaubnis umfasst wird. Auch gibt es keine Überprüfungen spezialisierten Wis- sens. Ärztliche Standards werden von Heilprak- tikern mit an Sicherheit grenzender Wahrschein- lichkeit nicht erfüllt. Vor diesem Hintergrund sieht die Ärztekammer Nordrhein eine Abgrenzung zwischen der Aus- übung des ärztlichen Berufs und der Ausübung der Heilkunde durch andere Berufe, insbesondere durch Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker, als dringend erforderlich an. In Nordrhein wird die Thematik seit vielen Jah- ren bearbeitet. Das Thema wurde mehrfach im Aus- schuss „Berufsordnung, Allgemeine Rechtsfragen und Europa“ beraten. Es wurden immer wieder Ar- beitsergebnisse erzeugt. Im Berichtszeitraum wur- den hierzu insbesondere Formulierungsvorschläge für die Ausübung des ärztlichen Berufs gesammelt und weiterentwickelt. Eine abschließende Abstim-

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