Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2021

110 | Jahresbericht 2021 Ärztekammer Nordrhein Rechtsabteilung Sozialwissenschaft, Philosophie oder Psychologie) gebeten wird. Bei einer großen Anzahl von Titelprüfungen, ins- besondere osteuropäischer und arabischer Staaten, handelt es sich um sogenannte Berufsdoktorate und nicht um tatsächliche Promotionen. Berufsdokto- rate sind medizinische Abschlüsse, die mit einem deutschen Staatsexamen in Medizin vergleichbar sind. Inländer, die einen entsprechenden Abschluss in Deutschland erworben haben, dürfen sich (nur) mit der Berufsbezeichnung „Arzt“ ankündigen. Die Prüfung der korrekten Eintragung ausländi- scher Titel und Grade beschäftigt die Rechtsabtei- lung in zunehmenden Maße und ist vor dem Hin- tergrund der rechtlichen Unzuständigkeit für die Überprüfung von ausländischen Titeln und Gra- den kaum noch darstellbar. Gleichzeitig steht die Ärztekammer für die Richtigkeit der Angaben auf den Dokumenten. Die Landesärztekammern sind formalrechtlich nicht berechtigt, ausländische Titel und Grade zu überprüfen und entsprechende Bescheide zu erlas- sen. In § 4 Abs. 1 Nr. 3 Passgesetz ist lediglich die Eintragung akademischer Doktorgrade vorgesehen. Berufsdoktorate werden dort nicht eingetragen. Der Verzicht auf die Eintragung von Berufsdoktora- ten könnte ein Weg sein, den Prüfungsaufwand der Ärztekammer zu reduzieren. Zu berücksichtigen ist aber die Tatsache, dass allein die Differenzierung zwischen Doktorgraden und sogenannten Berufs- doktoraten häufig schwierig ist und eine juristische Prüfung voraussetzt. Schweigepflicht und Datenschutz Im Berichtsjahr gab es zur ärztlichen Schweige- pf licht und zum Datenschutz wieder hohen Bera- tungsbedarf von Seiten der Rechtsabteilung. Die ärztliche Schweigepf licht gehört zu den ärztlichen Kernpf lichten. Im ärztlichen Alltag fallen viele hochsensible Daten an. Ein diskreter Umgang mit diesen Daten ist notwendig, um das Vertrauensver- hältnis zwischen Arzt und Patient zu gewährleis- ten. Das Patientengeheimnis wird durch § 203 des Strafgesetzbuches (StGB) und § 9 der Berufsord- nung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte (BO) geschützt. Auch das Gelöbnis, das zu Beginn der Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztin- nen und Ärzte abgedruckt ist, greift die ärztliche Schweigepf licht auf. Jede Ärztin und jeder Arzt hat die ihr oder ihm anvertrauten Geheimnisse auch über den Tod der Patienten hinaus zu wahren. Es ist nicht immer einfach zu beurteilen, ob die Ver- pf lichtung zur Verschwiegenheit einzuhalten oder ob im Einzelfall eine Durchbrechung der ärzt- lichen Schweigepf licht gerechtfertigt ist. Besonders häufig hatten Kammerangehörige Be- ratungsbedarf bezüglich der Einhaltung der ärzt- lichen Schweigepf licht nach dem Tod von Patien- ten. So wurden zum Beispiel Auskünfte an Ange- hörige und Erben, Ärztinnen und Ärzte, Polizei, private Versicherungen, Behörden oder Gerichte erbeten. Nach dem Tod von Patienten steht den behandelnden Ärzten ein Zeugnisverweigerungs- recht zu. Sie können von den Hinterbliebenen also nicht von der ärztlichen Schweigepf licht entbunden werden. Dies ist Ärztinnen und Ärzten oft nicht klar. Werden behandelnde Ärzte nach dem Tod ihrer Patienten als Zeuge vor Gericht geladen, müs- sen sie zunächst auf das ihnen zustehende Zeug- nisverweigerungsrecht hinweisen. Sollte sie das Gericht dahingehend belehren, dass im vorliegen- den Fall von einem mutmaßlichen Einverständnis der verstorbenen Patienten in die Aussage auszu- gehen ist, müssen Ärzte wahrheitsgemäß zur Sache aussagen. Rechtliche Fragen entstehen oft auch im Zusam- menhang mit der ärztlichen Schweigepf licht ge- genüber getrenntlebenden Eltern minderjähriger Kinder. Auch wenn das Kind bei der Mutter lebt, hat der sorgeberechtigte aber getrennt lebende Vater ein umfassendes Auskunftsrecht bezüglich der Be- handlung des Kindes gegenüber der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt. Ärztinnen und Ärzte sollten darauf achten, dass sie nicht von den getrennt lebenden Eltern instru- mentalisiert beziehungsweise manipuliert werden. Konf likte entstehen häufig im Zusammenhang mit der ärztlichen Schweigepf licht beziehungsweise den Auskunftspf lichten gegenüber Dritten. Kam- merangehörige haben in diesen schwierigen fa- miliären Situationen die Möglichkeit, sich bei der Rechtsabteilung umfassend beraten zu lassen. Schweigepflicht und Kinderschutz Der Deutsche Bundestag hat am 22. April 2021 den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugend- stärkungsgesetz-KJSG) verabschiedet (Drucksache 319/21) . Geändert wurde hierdurch das Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2975; BGBl. I S. 3234) . Das Gesetz regelt den potentiellen Konf likt der Ärzte zwischen Schweigepf licht und Kindeswohl. Bei gewichtigen Anhaltspunkten für eine Kindes-

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