Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2021

Ärztekammer Nordrhein Jahresbericht 2021 | 111 Rechtsabteilung wohlgefährdung soll hiernach die Situation zu- nächst mit dem Kind und den Sorgeberechtigten erörtert werden. Ärzte sollten auf die Inanspruch- nahme von Hilfe hinwirken. In der zweiten Stufe haben Ärztinnen und Ärzte zudem gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe Anspruch auf Beratung durch eine erfahrene Fachkraft. Hierzu dürfen Sie dem Jugendamt die dafür erforderlichen Daten anonymisiert überlassen. Ist eine Kindeswohlgefährdung trotzdem nicht abwendbar, sind die Geheimnisträger befugt, das Jugendamt zu informieren, wobei die Betroffenen hierauf vorab hinzuweisen sind, es sei denn, dass damit der wirksame Schutz des Kindes oder des Ju- gendlichen in Frage gestellt wird. Die hierzu erfor- derlichen Daten sollen Ärzte bei dringender Gefahr dem Jugendamt mitteilen, ohne gegen ihre Schwei- gepf licht zu verstoßen (§ 4 Abs. 3 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG)). Wenn nach Einschätzung der Ärztin oder des Arztes eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen das Tätigwerden des Jugendamtes erfordert, steht es diesen mithin nicht mehr frei, ob Informationen weitergegeben werden. Neu ist auch, dass in § 4 Abs. 4 KKG eine Pf licht zur Rückmeldung des Jugendamtes an den die Kin- deswohlgefährdung meldenden Berufsgeheimnis- träger aufgenommen wird. Dabei handelt es sich um eine sinnvolle und auch hilfreiche Gesetzesän- derung, denn sie gibt dem Berufsgeheimnisträgern nach der Meldung einer Gefährdung des Kindes- wohls ein Feedback und ermöglicht es ihnen, zu- künftige Gefährdungslagen besser einzuschätzen. In § 4 Abs. 4 KKG wird eine Landesöffnungs- klausel zum interkollegialen Austausch eingeführt. In NRW will die Koalition aus CDU und FDP die Schweigepf licht für Ärzte lockern, die bei jun- gen Patientinnen und Patienten auf einen Miss- brauchsverdacht stoßen. Ein neues Gesetz soll es Medizinern erlauben, sich mit Kolleginnen und Kollegen über den jeweiligen Fall auszutauschen. Die neuen Regelungen im KKG sind insgesamt eine erfreuliche Entwicklung, die den Kinderschutz in Deutschland weiter voranbringen wird. Beratung Corona Parallel zu den gesundheitlichen und politischen Entwicklungen Anfang 2020 aufgrund des Auf- tretens des Coronavirus auch im Kammergebiet schwoll die Menge an Anfragen rund um das The- ma erheblich an. Die Beratung erfolgte einzelfall- bezogen zu einer Mannigfaltigkeit von Themen. Insbesondere die ständig kurzfristig angepassten Coronaschutzverordnungen des Landes, die auch die Kammermitglieder bei ihrer Arbeit vor immer wieder neue Herausforderungen stellten, erzeugten erheblichen Beratungsbedarf insbesondere zu Hy- gienemaßnahmen in der Praxis (Maskenpf licht), zu Kurzarbeit sowie zu finanziellen Entschädigungen und deren Beantragung bei Quarantänemaßnah- men. Atteste zur Maskenbefreiung Im Zusammenhang mit der Coronapandemie hat- te sich die Rechtsabteilung mit ärztlichen Attesten in Bezug auf eine Befreiung von der Maskenpf licht zu befassen. Zum einen wurden einige Atteste, die den Anforderungen der Coronaschutzverordnung nicht genügen, der Rechtsabteilung zur Prüfung vorgelegt. Zum anderen hatte sich die Ärztekammer immer wieder mit der Frage zu befassen, wie die Coronaschutzverordnung auszulegen sei. Hierbei ging es insbesondere um die Merkmale, die ein ärzt- liches Zeugnis zur Befreiung von der Maskenpf licht aufweisen muss. Die Rechtsabteilung hat hierzu Hinweise erarbeitet, die auf der Homepage der Ärz- tekammer unter der Rubrik „Häufig gestellte Fra- gen zur Corona-Pandemie“ veröffentlicht wurden. Rechtsauskünfte Zur Vermeidung von Berufsrechtsverstößen bie- tet die Kammer ihren Mitgliedern präventiv recht- liche Beratung an. Auch imBerichtsjahr wurden imZusammenhang mit knapp 2.600 Sachverhalten schriftliche Anfra- gen von Kammermitgliedern sowie von Behörden und Gerichten zum Berufsrecht beantwortet. Dane- ben findet eine telefonische Beratung in allen be- rufsrechtlichen Angelegenheiten statt. Es dominieren Auskünfte zum rechtmäßigen berufsrechtlichen Verhalten in Bezug auf Werbe- vorschriften, Schweigepf licht, Gewährung des Akteneinsichtsrechts gegenüber Patienten, gebüh-

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