Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2021

22 | Jahresbericht 2021 Ärztekammer Nordrhein Kammerversammlung Krankenhausplanung Die Kammerversammlung begrüßt die grundsätzliche Ausrichtung der neuen Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen und benennt fünf zentrale Hand- lungsfelder für den nachhaltigen Erfolg dieser Planung: 1. Eine differenzierte Planung erfordert fundierte medizinisch-fachliche Grund- lagen und eine sorgfältige Folgenabschätzung. Es ist gut, dass Nordrhein-Westfalen auf eine bessere Strukturierung, auf sinn- volle Aufgabenteilung und auf mehr Kooperation der Krankenhäuser unterein- ander und mit den niedergelassenen Ärzten setzen will. Der geplante Einstieg in eine differenzierte Leistungsplanung ist ein für diesen Zweck prinzipiell geeignetes Mittel. Sie erfordert jedoch eine sorgfältige medizinisch-fachliche Prüfung der gewählten Planungsparameter, um Fehlsteuerungen und Verwer- fungen zu vermeiden. Die Kammerversammlung fordert die Landesregierung deswegen auf, den medizinisch-fachlichen Sachverstand der Ärztekammern auch bei der weiteren Erarbeitung intensiv einzubeziehen und die neue Systematik einer gründlichen Folgenabschätzung zu unterziehen. 2. Mehr Spezialisierung erfordert verbindliche Vorgaben für die Zusammenarbeit der Krankenhäuser bei der Qualifizierung des ärztlichen Nachwuchses. Die Kammerversammlung begrüßt die grundsätzliche Orientierung der Kranken- hausplanung an der ärztlichen Weiterbildungsordnung. Die Weiterbildungs- ordnung spiegelt den Stand des medizinischen Fortschritts und die Versor- gungserfordernisse wieder. Sie muss deswegen den Planungszuschnitt und die Qualitätsanforderungen prägen. Zentrale Qualitätsmerkmale einer Krankenhausabteilung sind die Ausstattung mit Fachärztinnen bzw. Fachärzten und das Vorliegen einer Weiterbildungs- befugnis. Um auch unter den Bedingungen einer stärkeren Spezialisierung den ärztlichen Nachwuchs auf hohem Niveau weiterbilden zu können, sind Weiter- bildungsverbünde zwischen Standorten der Spezial- und der Regelversorgung verbindlich vorzugeben. 3. Die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung erfordert sektorenüber- greifende Kooperationskonzepte. Mit Blick auf die ländlichen Regionen ist es richtig, dass das Land weiter am Prinzip der ortsnahen Versorgung festhält. Für die Verwirklichung dieses Ziels wird es in Zukunft verstärkt auf sektorenübergreifende Versorgungskonzepte ankommen. Deswegen muss das Belegarztwesen auch im neuen Krankenhaus- plan gefördert werden. 4. Die Bewältigung von Pandemien und anderen Gesundheitskrisen erfordert die Vorhaltung ausreichender Reservekapazitäten. Nordrhein-Westfalen setzt mit dem neuen Krankenhausplan nicht primär auf Bettenabbau und Schließungen, wie dies von interessierter Seite immer wieder gefordert wurde. Die COVID-Pandemie hat einmal mehr gezeigt, wie gefährlich ein solcher Weg gewesen wäre. Als Konsequenz aus der Pandemie muss der Plan künftig besonderes Gewicht auf ausreichende Reservekapazitäten in der Intensivmedizin legen. 5. Eine erfolgreiche Krankenhausplanung erfordert eine nachhaltige Investitions- finanzierung und eine Reform des DRG-Systems. Schließlich begrüßt die Kammerversammlung, dass Bund und Land – auch als Konsequenz aus der COVID-19-Pandemie – in erheblichem Umfang zusätzliche Investitionsmittel für die Krankenhäuser zur Verfügung stellen. Zugleich betont die Kammerversammlung: Die neue Krankenhausplanung wird nur dann nach- haltig erfolgreich sein können, wenn die Investitionsmittel nicht nur einmalig erhöht werden, sondern dauerhaft das erforderliche Niveau erreichen, wie es sich aus den vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus kalkulierten Werten ergibt. Außerdem muss Nordrhein-Westfalen sich auf Bundesebene ent- schieden für die längst überfällige Reform der Krankenhausvergütung einsetzen. Andernfalls werden alle Bemühungen des Landes um eine bessere Struktur der Krankenhausversorgung auch weiterhin durch die massiven Fehlsteuerungen des DRG-Systems konterkariert. Ärztliche Meinungsführerschaft der Bundesärztekammer Der alltägliche Umgang mit der Pandemie stellt sich für die einzelnen Arztgruppen völlig unterschiedlich dar. Die Ärzte*innen auf den Intensivstationen und in den Kliniken sind physisch und psychisch dauerbelastet. Sie sind täglich mit schwersten Verläufen, auch bei jungen Patienten konfrontiert. Für die Ärzte*innen im niedergelassenen Bereich ist die Situation fast konträr. Hier werden die leichten und mittelschweren Verläufe behandelt, die den weitaus größten Anteil der Infizierten bilden. Sie werden daneben aber auch mit dem nor- malen „Alltagsgeschäft“ und mit den Sorgen vieler gesunder Menschen konfrontiert. Deshalb sind die Breite der vorhandenen ärztlichen Expertise zur Bewältigung der Coronapandemie zu nutzen und pragmatische Erfahrungen der niedergelassenen Ärzte in die Beratergremien aufzunehmen. Virologen und Epidemiologen haben ebenfalls ihre eigene Sicht auf die Pandemie. Aus diesen völlig unterschiedlichen Wahrnehmungen resultieren unterschiedliche Äußerungen in der Öffentlichkeit, die den Eindruck von Zerstrittenheit innerhalb der Ärzteschaft entstehen lassen. Dem ist entschieden entgegen zu treten. Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein appelliert an die Bundes- ärztekammer hier die Meinungsführerschaft zu übernehmen, indem sie erläutert, wie diese Meinungsvielfalt entsteht, und öffentlichkeitswirksam darauf hinzu- weisen, dass die Ärzteschaft sich sehr wohl darin einig ist, welche Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie angemessen und notwendig sind. Gesundheitliche Folgen des Klimawandels Durch das Pandemiegeschehen ist der weitaus bedrohlichere Klimawandel aus dem Fokus der Öffentlichkeit geraten. Im Rahmen des Lockdowns ist noch einmal deutlich geworden, wie gravierend der Einfluss des Menschen auf die klima- schädlichen Faktoren ist. Die Kammerversammlung fordert die Bundesärztekammer daher auf, das Thema „Gesundheitliche Folgen des Klimawandels“ als Tagesordnungspunkt für den 124. Deutschen Ärztetag in Rostock zu setzen. Abgesenkter Corona-Hygienezuschlag gemäß GOÄ ist unzureichend – Nachverhandlungen erforderlich Der sogenannte Corona-Hygienezuschlag in Höhe von vormals 14,75 Euro nach analogem Ansatz der Nr. 245 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) für die Behandlung von Privatversicherten wurde zum 1. Oktober 2020 auf 6,41 Euro abgesenkt. Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein vertritt die Auffassung, dass dieser Betrag in der Höhe unzureichend und die Absenkung nicht zu begründen ist. Die Bundesärztekammer wird deshalb aufgefordert, hier zeitnah nachzuverhan- deln. Darüber hinaus ist die Ärzteschaft transparent darüber zu informieren, dass statt der Hygienepauschale höhere Steigerungsfaktoren als der Regelsteigerungs- satz von 2,3 insbesondere bei kurativer ärztlicher Tätigkeit zum Ansatz gebracht werden können. Corona: Politik und Krankenkassen sollen die Bevölkerung über begrenzte Ressourcen aufklären Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordert das Bundes- gesundheitsministerium und die Krankenkassen auf, die Bevölkerung sachgerecht und breit über die begrenzten medizinischen Ressourcen im Hinblick auf die Coronapandemie zu informieren. Coronatests und Impfungen gegen Grippe oder Pneumokokken stehen nicht unbegrenzt zur Verfügung und müssen nach medizini- scher Notwendigkeit priorisiert werden. Entschließungen der Kammerversammlung

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