Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2021
28 | Jahresbericht 2021 Ärztekammer Nordrhein Kammerversammlung zugelassene Impfstoff gegen Covid-19 ist sicher und wirksam – Nutzen Sie das Impfangebot, das sich Ihnen bietet!“ (Anlage). • müssen alle im Gesundheitswesen Tätigen nun umgehend ein Impfangebot erhalten, soweit dies noch nicht erfolgt ist. Dies gilt auch für Studierende im Praktischen Jahr. Dies sichert die Funktionsfähigkeit der Gesundheitsversorgung in den kommenden Monaten, in denen sich aus der Rücknahme von Schutzmaß- nahmen Risiken für einen erneuten Anstieg von Infektions- und Erkrankungs- zahlen ergeben werden. • müssen die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte und die Betriebsärzte so schnell wie möglich in die Durchführung der Impfungen einbezogen werden. Nur so kann bei steigender Impfstoffverfügbarkeit eine rasche Impfung der Bevölkerung erreicht werden. Die Praxen der niedergelassenen Ärzte bieten den niederschwelligsten und zugleich vom größten Vertrauen der Menschen getragenen Verteilungsweg. Wichtig ist, dass die Impfungen nicht durch ein Übermaß an Dokumentations- und Statistik-Bürokratie behindert werden. Auch die angesichts der Impfstoffknappheit gerechtfertigte Priorisierung kann flexi- bilisiert werden, je mehr die Impfstoffverfügbarkeit wächst, damit das Ziel einer schnellen Impfung der Bevölkerung erreicht wird. 3. Schnell- und Selbsttests richtig einsetzen Schnell- und Selbsttests können einen wesentlichen Beitrag zur Beherrschung der Pandemie und zur Absicherung von Normalisierungsschritten leisten. Dies gilt aber nur, wenn die Tests sinnvoll eingesetzt, korrekt durchgeführt und richtig interpretiert werden. Deswegen • dürfen Schnell- und Selbsttests nicht in einem ungesteuerten „Gießkannenver- fahren“ vergeudet werden. Stattdessen sind für alle Anwendungszusammen- hänge stimmige Testkonzepte umzusetzen, die von der Auswahl der zu testenden Personen über die Durchführung bis zur Ableitung der richtigen Konsequenzen aus den Ergebnissen reichen. • darf die Bevölkerung bei der Durchführung / Nutzung und Interpretation von Tests nicht alleine gelassen werden. Erforderlich ist eine breit angelegte Kommunikationskampagne über das „wann“ und „wie“ der Testungen, über die Bedeutung des Testergebnisses und die daraus abzuleitenden Konsequenzen. • dürfen bereits entwickelte elektronische Verfahren zur Erfassung und frei- willigen Weitergabe der Ergebnisse von Schnell- und Selbsttests nicht länger ungenutzt bleiben. Stattdessen müssen entsprechende Apps breit zugänglich gemacht und konsequent beworben werden. 4. Die personelle und finanzielle Basis des Gesundheitswesens nachhaltig stärken Die Coronapandemie hat die Bedeutung eines funktionierenden Gesundheits- wesens unübersehbar deutlich gemacht. Ärztinnen und Ärzte machen sich ge- meinsam mit den Angehörigen der anderen Berufsgruppen im Gesundheitswesen seit nun über einem Jahr oft weit über die eigenen Belastungsgrenzen hinaus und unter Inkaufnahme großer Risiken für die eigene Gesundheit dafür stark, dass die Gesundheitsversorgung in Deutschland verlässlich funktioniert. Zugleich gehen viele niedergelassene Ärztinnen und Ärzte wie auch die Krankenhäuser durch eine Phase großer finanzieller Unsicherheiten. Die Kammerversammlung fordert den Gesetzgeber auf Bundes- und Landes- ebene deswegen auf, für einen verlässlichen und vollständigen Ausgleich aller pandemiebedingten Einbußen einzustehen. Nur so kann auch die notwendige Personalausstattung des Gesundheitswesens, an der es vielerorts fehlt, wieder erreicht werden. Die auf den Weg gebrachte Stärkung des Öffentlichen Gesund- heitsdienstes muss konsequent weitergeführt werden. Dazu gehört die arztspe- zifische tarifvertragliche Vergütung der Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst. Schließlich darf nicht vergessen werden: Wenn die Pandemie vorbei ist, wird sich erst zeigen, wie viele gesundheitliche Probleme sich aus den zahlreichen COVID-Erkrankungen und auch aus der pandemiebedingt eingeschränkten Ver- sorgung anderer Erkrankungen ergeben. Damit der zusätzliche Versorgungs- bedarf bewältigt werden kann, müssen jetzt die Weichen für eine verlässliche finanzielle Ausstattung aller Versorgungsbereiche auch über die Zeit der Pandemie hinaus gestellt werden. Schaffung von gesetzlichen Vorgaben für versorgungsorientierte digitale Angebote im deutschen Gesundheitswesen Um ein Gegengewicht zu digitalen Angeboten von vorwiegend marktorientierten Anbietern zu schaffen, ist die Entwicklung von versorgungsorientierten, validier- ten digitalen Angeboten im nationalen Raum zwingend erforderlich. Die Kammerversammlung fordert das Bundesministerium für Gesundheit auf, ein Umfeld zu schaffen, in dem Ärzteschaft, Kostenträger und Anwendungs-Entwickler gemeinsam versorgungsorientierte Anwendungen entwickeln. Die Erfahrungen von Ärztinnen und Ärzte werden dabei im Hinblick auf die Definition von Versorgungsdefiziten sowie die Beschreibung von digitalen Unterstützungsmöglichkeiten benötigt; die Kostenträger werden benötigt, um die epidemiologischen Daten zu liefern und die Anwendungs-Entwickler für die technische Umsetzung. Integration von digitalen medizinischen Kompetenzen in die ärztliche Aus-, Weiter- und Fortbildung Ärztinnen und Ärzte müssen die Leistungsfähigkeit digitaler Anwendungen einschätzen können. Die Kammerversammlung fordert deshalb erstens die Inte- gration der Vermittlung von Grundlagen digitaler medizinischer Kompetenzen in das Medizinstudium sowie in die ärztliche Weiterbildung. Zweitens sind Fortbildungsangebote für Ärztinnen und Ärzte zu schaffen, um diese auf dem jeweils aktuellen Wissensstand zu halten. Haftungsfragen im Zusammenhang mit der elektronischen Patientenakte Die Kammerversammlung fordert den Gesetzgeber auf, die ärztliche Haftung im Zusammenhang mit der elektronischen Patientenakte eindeutig zu regeln. Umsetzungsstand der Telematikinfrastruktur Die geplante Umsetzung der Telematikinfrastruktur ist derzeit weit entfernt von einer Alltagstauglichkeit. In der aktuellen Umsetzung gibt es außerdem keinen erkennbaren Mehrwert für die Umsetzung in Praxis oder Klinik. Die zur zügigen Einführung vorgesehenen Anwendungen sind nicht oder nicht ausreichend auf Funktion, Ausfallsicherheit und Alltagtauglichkeit getestet. Die Kammerversammlung fordert den Bundesgesundheitsminister auf, die Voraussetzungen für ein ordnungsgemäßes Funktionieren zu schaffen, statt die Anwender mit empfindlichen Strafen zu bedrohen. Deutscher Ärztetag 2021 Die Kammerversammlung nimmt die angedachte Verkürzung des Deutschen Ärztetages auf 2 Tage mit Erstaunen zur Kenntnis. Sie sieht ein Jahr nach Ausbruch einer globalen Pandemie und einem abgesagten Deutschen Ärztetag erheblichen Diskussionsbedarf des höchsten Organes der deutschen Ärzteschaft zu den Themen, Sterbehilfe, Klimawandel, und Corona. Sie fordert die Tagesordnung zu überdenken und ausreichend Zeit für die not- wendigen Debatten zu geben. Sie weist darauf hin, dass neben einem 4-tägigen Format auch ein außerordentlicher Deutscher Ärztetag ein angemessenes Forum für die notwendige Debatte ist. Entschließungen der Kammerversammlung
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=