Ärztekammer Nordrhein Jahresbericht 2022 | 107 Rechtsabteilung Mitteilungen der Staatsanwaltschaften Staatsanwaltschaften haben die Pf licht, der Kammer mitzuteilen, wenn gegen ein Kammermitglied Anklage erhoben wird. Im Berichtszeitraum wurde in circa 40 Fällen der berufsrechtliche Überhang im Anschluss an strafrechtliche Ermittlungen geprüft. Die Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft betrafen unter anderem Vorwürfe wegen fahrlässiger Tötung oder Körperverletzung, Betrug, Beleidigung, sexueller Übergriffe sowie Trunken- heitsfahrten beziehungsweise Fahrten unter Drogeneinfluss. Ergab sich hieraus der Verdacht einer Abhängigkeitserkrankung wurden die betroffenen Kammermitglieder auf das Interventionsprogramm der Ärztekammer hingewiesen. Verstöße gegen die amtliche Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) Soweit sich aus den bei der Gebührenabteilung der Ärztekammer geführten Schlichtungsverfahren der Verdacht auf einen Berufsrechtsverstoß ergab, prüfte die Rechtsabteilung das Verhalten und ergriff, wenn nötig, berufsaufsichtsrechtliche Maßnahmen. Erneut hat sich die enge Zusammenarbeit mit der Gebührenabteilung bewährt. Verstoßen Ärztinnen und Ärzte nachhaltig gegen die Vorgaben der Berufsordnung oder stellen diese Verstöße trotz der Hinweise der Ärztekammer nicht ab, kann es nötig werden, ein berufsgericht- liches Verfahren zu führen. Dies war im Berichtszeitraum nur einmal der Fall. Bearbeitung von Berufspflichtverletzungen In den Angelegenheiten, in denen die Verletzung berufsrechtlicher Pf lichten festzustellen war, hat die Kammer mit berufsrechtlichen Maßnahmen reagiert. Diese betrafen unter anderem unzulässige Werbung, unkollegiales Verhalten, die Ausstellung von Gefälligkeitsbescheinigungen, unzulässige Zusammenarbeit mit anderen Leistungserbringern, die Pf licht zur ordnungsgemäßen Aufbewahrung von Patientenunterlagen, Verstöße gegen die Schweigepf licht sowie übergriffiges Verhalten gegenüber Patientinnen und Patienten. In denmeisten Fällenwarenmahnende Schreiben ausreichend. In selteneren Fällen mussten Rügen, teilweise mit Ordnungsgeld, ausgesprochen werden. In Ausnahmefällen hat der Kammervorstand es für angemessen gehalten, einen Antrag auf Eröffnung eines berufsgerichtlichen Verfahrens zu stellen. Berufsaufsichtsrechtliche Maßnahmen Sofern sich der gegen den Arzt vorgebrachte Verdacht eines Berufspf lichtenverstoßes bestätigt, sind mögliche Folgen eine Rüge, gegebenenfalls verbunden mit einem Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000 Euro. Wird der Antrag auf Eröffnung eines berufsgerichtlichen Verfahrens gestellt, können die Rechtsfolgen ein Verweis, die Entziehung des passiven Wahlrechts, Teilnahme an einer bestimmten Fortbildung, Auferlegung einer Geldbuße von bis zu 100.000 Euro sowie die Feststellung der Un- würdigkeit zur Ausübung des Berufs sein. Die möglichen Sanktionen richten sich nach den Bestimmungen des Heilberufsgesetzes NRW. Zuständig für die gerichtliche Ahndung berufsrechtlicher Verstöße sind die sogenannten Berufsgerichte, die es im Zuständigkeitsbereich jeder Landesärztekammer gibt. Sie befinden sich im Kammerbezirk beim Verwaltungsgericht Köln beziehungsweise zweitinstanzlich beim Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster. Ein Verfahren vor dem Berufsgericht darf nicht eingeleitet werden, wenn schon ein Strafverfahren gegen den Arzt wegen desselben Verdachts eingeleitet wurde. Wurde das Verfahren vor dem Berufsgericht zuerst eingeleitet, muss es ruhen, bis eine Entscheidung im Strafverfahren erfolgte. Sowohl über die Erteilung einer Rüge als auch über die Einleitung des berufsgerichtlichen Ver- fahrens entscheidet der Vorstand der Ärzte- kammer. Sanktionen im Falle eines sexuellen Übergriffs Die Beziehung zwischen Patient und Arzt ist geprägt durch ein besonderes Vertrauensverhältnis. Umso schwerer wiegt es, wenn dieses Vertrauen ausgenutzt wird. Ärztinnen und Ärzte haben ihren Beruf gewissen- haft auszuüben und dem ihnen bei ihrer Berufsausübung entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Sie haben dabei ihr ärztliches Handeln amWohl der Patientinnen und Patienten auszurichten (§ 2 BO). Zu den Berufspf lichten gehört auch das sogenannte Abstinenzgebot. Die Würde und das Selbstbestimmungsrecht des Patientenmüssen respektiert werden. Dabei müssen auch die Rollenverteilung und das strukturelle Machtgefälle beachtet werden. Der Arzt darf das Vertrauensverhältnis zu seinem Patienten nicht zur Befriedigung eigener Interessen und Bedürfnisse missbrauchen.
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