Jahresbericht Ärztekammer Nordrhein 2022

Ärztekammer Nordrhein Jahresbericht 2022 | 21 Kammerversammlung Bei der Erstellung des Gesetzes ist ärztlich psychiatrische-psychotherapeutische Fachkompetenz unerlässlich. Aussetzung der TI-Sanktionen für Ärztinnen und Ärzte Die Kammerversammlung fordert alle politischen Kräfte auf, die gesetzlich vorgegebenen TI-Sanktionsmaßnahmen gegenüber allen KV-Abrechnern um mindestens 12 Monate auszusetzen. TI-Anwendungen für eine bessere Patientenversorgung und nicht weiter für eine effizientere Krankenkassenverwaltung entwickeln Die Kammerversammlung fordert den Gesetzgeber und das BMG auf, dafür zu sorgen, dass in den nächsten zwei Jahren ausschließlich die Entwicklung von für die Patientenversorgung unmittelbar nützlichen Anwendungen vorangetrieben wird, diese zielgruppengerecht erprobt werden und erst dann in Anwendung gebracht werden. Die Fehlerbehebung in den bisher per Gesetzgebung eingeführten TI-Anwendungen, die vorzugsweise der Übertragung von GKV-Verwaltungsaufgaben in die Praxen dienten, muss in dieser Zeit ebenfalls erfolgen, sodass diese auch den Praxisalltag vereinfachen statt ihn zu behindern. eAU – konterkariert das Patientenempowerment Die Grundlage der direkten und automatischen Übermittlung der Daten der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) über die Telematikinfrastruktur sowohl an die Krankenkasse als auch an den Arbeitgeber muss überarbeitet werden, da das Vorgehen die Selbstbestimmung des einzelnen Menschen tangiert. Konfliktsituationen im Patient-Arzt-Verhältnis werden entstehen. Die Übermittlung darf erst nach Einwilligung des Patienten/der Patientin erfolgen. Die Krankenkassen müssen ihre Mitglieder darüber informieren, dass mit der Umstellung auf eine elektronische AU das Verfahren grundsätzlich umgestaltet wird. Ärztinnen und Ärzten wird empfohlen, eine ablehnende Haltung des Patienten/der Patientin gegenüber seiner Krankschreibung zu dokumentieren. TI überprüfen und im Sinne der Patientenversorgung weiterentwickeln Ärzte und Ärztinnen benötigen für eine effiziente Patientenversorgung sinnvolle und funktionierende digitale Lösungen, die dem Workflow der jeweiligen Tätigkeit entsprechen. Die Kammerversammlung fordert daher vom Gesetzgeber und vom BMG dafür Sorge zu tragen, in den nächsten zwei Jahren vorrangig die Entwicklung von für die Patientenversorgung unmittelbar nützlichen Anwendungen voranzutreiben, zielgruppengerecht zu erproben und in Anwendung zu bringen. Hierzu ist es dringend geboten, sowohl in der Planung als auch in der Testphase ärztliche Expertise aus dem stationären als auch dem ambulanten Versorgungsbereich einzubeziehen. Die Testung von neuen Anwendungen muss über einen ausreichend langen Zeitraum mit ausreichender Anzahl betroffener Praxen, Krankenhäuser und weiteren Akteuren aus dem Gesundheitswesen erfolgen und mit Evaluationen begleitet werden, sodass bei Ausrollen der Anwendungen auf die Gesamtheit der Praxen und Krankenhäuser die Praktikabilität gewährleistet ist und der Praxisalltag nicht gestört wird. Die bisher per Gesetzgebung eingeführten TI-Anwendungen, die vorzugsweise der Übertragung von GKV-Verwaltungsaufgaben in die Praxen dienten, müssen in dieser Zeit überarbeitet werden, damit die Funktionen im Praxisalltag so angepasst werden, dass der Aufwand und der entsprechende Nutzen in einem angemessenen Verhältnis stehen. Die telematische Vernetzung im Gesundheitswesen aufgrund von erheblichen Datensicherheitsrisiken einer kritischen Betrachtung unterziehen Das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) weist eindringlich auf erhebliche Risiken für vernetzte IT-Systeme durch Cyberangriffe in Deutschland hin. Diese Risiken betreffen neben Bereichen wie der öffentlichen Verwaltung und der Wirtschaft ausdrücklich auch das Gesundheitswesen und nehmen nach Angabe des BSI weiter zu. Risiken für das Gesundheitswesen durch Cyberangriffe liegen neben dem Diebstahl vertraulicher Daten zum Zwecke des Datenverkaufs insbesondere im Missbrauch wie der Verschlüsselung von Daten mit dem Ziel der Erpressung von Patienten und medizinischen Einrichtungen. Aber auch die Funktionsfähigkeit medizinischer Abläufe und damit die ordnungsgemäße Patientenversorgung können in der Folge bedroht sein. Die Delegierten der Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein fordern die Politik deshalb auf, das Konzept einer fortlaufenden telematischen Vernetzung im Gesundheitswesen einer gründlichen, kritischen Überprüfung zu unterziehen und rechtssichere Regelungen einschließlich deren Finanzierung durch die Krankenkassen zu garantieren. Besonders eine umfassende oder verpflichtende Vernetzung bedarf einer sorg- fältigen Nutzen-Risiko-Analyse sowohl für die unterschiedlichen Datenkategorien als auch für die verschiedenen medizinischen Fachberufe und Versorgungs- bereiche. Die Möglichkeit zum Opt-out von zentraler Vernetzung im Verantwortungsbereich medizinischer Einrichtungen ist insbesondere deshalb geboten, weil die Folgen von Cyberangriffen die Patientenversorgung und -sicherheit gefährden und für Gesundheitseinrichtungen wie Praxen und Kliniken existenzbedrohend sein können. Digitalisierung mit versorgungsrelevantem Nutzen für Ärzte und Patienten Digitalisierung im Gesundheitswesen muss einen Nutzen für Patienten, Ärzte und die weiteren Leistungserbringer haben. Die Kammerversammlung fordert, für zukünftige Gesetzgebungsverfahren den Fokus auf den direkten Nutzen im Sinne einer bestmöglichen gesundheitlichen Versorgung von Patientinnen und Patienten zu rücken. In der zukünftigen Gesetzgebung zu weiteren Digitalisierungsanwendungen ist zu berücksichtigen, dass Oberflächen und Zugänge, die auch von Patientinnen und Patienten genutzt werden, stets barrierefrei ausgestaltet werden müssen. Es muss obligatorisch sichergestellt werden, dass bei der Anwendungsentwicklung von Beginn an die Erfordernisse für einen barrierefreien/barrierearmen Zugang für Menschen mit z. B. alters- oder krankheitsbedingten kognitiven, sensorischen und motorischen Defiziten berücksichtigt und dementsprechende Lösungen umgesetzt werden. Digitalisierung – Genderaspekte unbedingt einbeziehen Bei der gesamten Digitalisierung des Gesundheitswesens ist es zwingend geboten, Genderaspekte einzubeziehen und klarzustellen, in welchem Ausmaß dies bei der Entwicklung von Anwendungen und bei der Künstlichen Intelligenz (KI) schon erfolgt ist. DiGAs: Nutzen überprüfen Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) müssen hinsichtlich ihrer Nützlichkeit, ihrer Nutzbarkeit, Praktikabilität, ihrer Akzeptanz und ihres Verbreitungsgrades fortlaufend evaluiert werden. Entschließungen der Kammerversammlung

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