56 | Jahresbericht 2022 Medizinische Grundsatzfragen Ärztekammer Nordrhein Ärztliche Weiterbildung – Stillstand ist Rückschritt Die im Jahr 2020 eingeführte Weiterbildungsordnung war eine große Zäsur. Sie hatte allerdings einige kleinere Mängel, die mit der Novellierung, die am 1. Juli 2022 in Kraft trat, beseitigt wurden. Gleichzeitig wurde im Gebiet Innere Medizin der Facharzt „Innere Medizin und Infektiologie“ eingeführt. „Stillstand ist Rückschritt“, so könnte die Haltung vieler Haupt- und Ehrenamtler bezeichnet werden, die an der Entwicklung der Weiterbildungsordnung (WBO) beteiligt sind. Es vergeht kaum ein Jahr und auch kein Deutscher Ärztetag, bei dem nicht Anträge oder Vorschläge zur Veränderung der (Muster-)Weiterbildungsordnung gestellt werden. Die im Jahr 2020 eingeführte neue Weiterbildungsordnung war ein Meilenstein, der aber noch einige „Schönheitsfehler“ hatte, die beseitigt werden mussten. Insofern waren Klarstellungen und inhaltliche Veränderungen notwendig und sinnvoll. Sie sind mit der Novellierung am 1. Juli 2022 in Kraft getreten. Zusätzlich wurde im Gebiet Innere Medizin ein neuer Facharzt „Innere Medizin und Infektiologie“ eingeführt, um den aktuellen Bedürfnissen angesichts der Erfahrungen aus der Coronapandemie Rechnung zu tragen. Gleichwohl darf aber das Ziel der Weiterbildung und die Verlässlichkeit und Kontinuität der WBO nicht aus den Augen verloren werden. Wenn junge Ärztinnen und Ärzte nach ihrem Studium in die Weiterbildung zum Facharzt oder zur Fachärztin einsteigen, möchten sie zu Beginn wissen, was sie erwartet. Sie möchten eine bestimmte Facharztqualifikation erwerben und benötigen die dazu notwendigen Rahmenbedingungen. Diese setzen sich in den Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern aus drei Grundkomponenten zusammen: • Rechtlicher Rahmen der Weiterbildung, • Zeitliche und fachliche Mindestanforderungen zum Erwerb einer bestimmten Qualifikation und • Inhalte, das heißt Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten, die während der Weiterbildungszeit erworben werden müssen. Die Einf lüsse einer geänderten WBO, aber auch mögliche Veränderungen durch die Coronasituation müssen jetzt evaluiert und analysiert werden. Ab Januar 2022 hat sich die Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo) an der Evaluierung der Weiterbildung mit einem auf Bundesebene abgestimmten Fragebogen beteiligt. Die Resonanz ist bisher leider gering. Prüfungen unter erschwerten Bedingungen Die seit 2020 aufgrund der COVID-19-Pandemie veränderten Prüfungsabläufe gehen nun ins dritte Jahr. Während sich in präpandemischen Zeiten die mündlichen Prüfungen auf jeweils drei bis vier Tage alle zwei Monate konzentrierten, mussten zur Einhaltung der Hygienevorgaben und der Kontaktbeschränkungen organisatorische Veränderungen und eine Entzerrung vorgenommen werden. Dies führt dazu, dass statt der wenigen Tage nun zwei bis vier Wochen lang geprüft wird. Da die meisten Fortbildungen weiterhin online stattfinden, stehen der Weiterbildungsabteilung die Räume im Düsseldorfer Haus der Ärzteschaft zur Verfügung. Mit über 3.600 Prüfungen stehen die ehrenamtlichen Prüferinnen und Prüfer und Vorsitzenden beinahe im Dauereinsatz. Neben den ehrenamtlich tätigen Ärztinnen und Ärzten ist auch die Belastung der hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgrund der weiterhin vielen Anfragen zur neuen WBO hoch. Priorität hatten und haben allerdings die Zulassungsanträge. Diese müssen zeitnah nach dem jeweiligen Anmeldeschluss geprüft und beschieden werden, damit der nächste Prüfungstermin erreicht werden kann. Dadurch kann es zu Verzögerungen bei der Beantwortung von Anfragen kommen. Professor Dr. med. Susanne Schwalen ist Geschäftsführende Ärztin der Ärztekammer Nordrhein und Leiterin des größten Ressorts innerhalb der Kammer mit knapp 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dipl.-Volkswirt Karl-Dieter Menzel, Stellvertr. Ressortleiter und Leiter der Weiterbildungsabteilung
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