72 | Jahresbericht 2022 Ärztekammer Nordrhein Medizinische Grundsatzfragen Turbulente Entwicklungen bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen Über 72 Prozent aller Ärztinnen und Ärzte in Nordrhein im ambulanten Bereich sind im Besitz eines elektronischen Heilberufsausweises, mit dem sie beispielsweise einen medizinischen Befund in die elektronische Patientenakte für Patientinnen und Patienten signieren und speichern können. Gleichzeitig verfügen aktuell bundesweit nur rund 0,6 Prozent aller GKV-Versicherten über eine elektronische Patientenakte. Gesundheitspolitik Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung legt ein Hauptaugenmerkt auf digitale Versorgungsdefizite bei Patientinnen und Patienten. Regularien für telemedizinische Leistungen sollen für alle Beteiligten verbessert werden. Die elektronische Patien- tenakte (ePA) soll durch ein „Opt-Out-Verfahren“ mehr Verbreitung bei den gesetzlichen Krankenversicherten finden. Der Betreiber der Telematikinfrastruktur gematik soll zu einer nationalen Gesundheitsagentur ausgebaut werden. Die Regierung will ein Registergesetz sowie ein Gesundheitsdaten- nutzungsgesetz auf den Weg bringen, um eine Forschungsdateninfrastruktur in Deutschland datenschutzkonform aufzubauen. Ein Bürokratieabbaupaket ist für Patientinnen und Patienten sowie Gesundheitsfachberufe vorgesehen. Am 3. Mai 2022 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Entwurf für eine Verordnung des Europäischen Parlamentes und des Rates über den europäischen Raum für Gesundheitsdaten. Ziel der Verordnung ist die Stärkung der Handlungskompetenzen von Patientinnen und Patienten. So soll beispielsweise EU-Bürgern ermöglicht werden, ihre Gesundheitsdaten über die Landesgrenzen hinweg abrufen zu können und bei Bedarf Ärztinnen und Ärzten im EU-Ausland zur Verfügung stellen zu können. Des Weiteren soll sekundär das Potenzial von anonymisierten Gesundheitsdaten von EU-Bürgern unter Einhaltung strenger Vorschriften für die Nutzung in der Forschung, Innovationsentwicklung, Politikgestaltung und Regulierungstätigkeiten ermöglicht werden. Bereits im Februar 2022 veranstaltete die Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo) einen Online-Workshop in Kooperation mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG), der Bundesärztekammer (BÄK), der gematik sowie der Universität Heidelberg zu diesem Thema. Ziel war es, die BÄK sowie das BMG bei einer Positionierung aus Perspektive der deutschen Ärzteschaft zu unterstützen. Anfang Juli 2022 erarbeitete die Ampel-Koalition einen Entwurf für eine Digitalisierungsstrategie für alle Politikbereiche. ImGesundheitssektor plant die Bundesregierung, die ePA zum „Herzstück“ digi- tal vernetzter Gesundheitsversorgung zu machen. Die Nutzung von Patientendaten für die Forschung und digitale Versorgung soll vorangetrieben werden. Die Strategie sieht einen Dialog mit allen „relevanten Akteuren“ im Gesundheitswesen und der Pf lege vor. Die Digitalisierung zu einem vorsorgen-
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