Krankenhäuser Nach der Reform ist vor der Reform Kleine Veränderung, große Wirkung Wie Praxen sich auf Menschen mit Behinderung einstellen können Drohnen – schnelle Kuriere der Lüfte Ob Laborproben oder Verletzte: Das Potenzial der Geräte ist groß Cannabis auf Privatrezept Die unerwartete Nebenwirkung der Teillegalisierung Januar 2025 Heft 1 / 20.12.2024 80. Jahrgang Körperschaft des öffentlichen Rechts Körperschaft des öffentlichen Rechts
Kammersymposium Update Ethik Freiverantwortlichkeit In Grenzsituationen nicht allein Wir sind für Sie da: Medizinethische Beratung der Ärztekammer Nordrhein CME-Punkte Die Veranstaltung ist mit 4 Fortbildungspunkten anerkannt. Die Teilnahme ist kostenfrei. Begrüßung und Moderation Einführung Freiverantwortlichkeit aus ethischer Perspektive – Einführende Bemerkungen Freiheit versus Verantwortlichkeit: Freiverantwortlich- keit aus psychiatrischer Perspektive Freiverantwortlichkeit aus ethischer und juristischer Perspektive Pause Selbstbestimmtes Sterben in der politischen Debatte Freiverantwortlichkeit aus politischer Sicht Gemeinsames Verständnis der Freiverantwortlichkeit?! Zusammenfassung, Ausblick und Danksagung Prof. Dr. med. Susanne Schwalen, Geschäftsführende Ärztin der Ärztekammer Nordrhein Dr. med. Sven Christian Dreyer, Präsident der Ärztekammer Nordrhein Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Dr. phil. Dominik Groß, Leiter des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der RWTH Aachen, Vorsitzender des Klinischen Ethik-Komitees des Universitätsklinikums, Mitglied des Gründungsausschusses „Ethikkomitee zu medizin- und berufsethischen Fragestellungen“ der Ärztekammer Nordrhein Prof. Dr. med. Barbara Schneider, M. Sc., MHBA, Chefärztin, Abteilung Abhängigkeitserkrankungen, Psychiatrie und Psychotherapie, LVR-Klinik Köln, Vorsitzende des Nationalen Suizidpräventionsprogramms (NaSPro) Prof. Dr. iur. Helmut Frister, Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht und Strafprozessrecht an der juristischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Mitglied der Ethikkommission der Ärztekammer Nordrhein Katrin Helling-Plahr, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht, ordentliches Mitglied des Rechtsausschusses und Mitglied im Richterwahlausschuss sowie stellvertretendes Mitglied im Gesundheits- und Familienausschuss des Deutschen Bundestages, rechtspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion Prof. Dr. Lars Castellucci, Professor für Nachhaltiges Management, insbesondere Integrations- und Diversity Management an der Hochschule der Wirtschaft für Management (HdWM) in Mannheim, Vorsitzender des Ausschusses für Inneres und Heimat und Beauftragter für Kirchen und Religionsgemeinschaften der SPD- Bundestagsfraktion Prof. Dr. med. Susanne Schwalen mit Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Dr. phil. Dominik Groß, Prof. Dr. med. Barbara Schneider, Prof. Dr. iur. Helmut Frister, Katrin Helling-Plahr, Prof. Dr. Lars Castellucci Prof. Dr. med. Susanne Schwalen Mittwoch, 29. Januar 2025, 16:45 – 20:15 Uhr Anmeldung und Information Die Teilnahme ist kostenfrei. Anmeldungen zur Veranstaltung sind erforderlich bis zum 24.01.2025 und können online durch- geführt werden unter: www.aekno.de/veranstaltungen. Fragen zur Veranstaltung beantwortenIhnen das Team des Veranstaltungsmanagement unter 0211 4302 2216, veranstaltungen@aekno.de oder Stefan Kleinstück, Referent Ressort II, 0211 4302 2208, stefan.kleinstueck@aekno.de. Illustration: stock. adobe.com/© augusta16; tina ennen Online
Rheinisches Ärzteblatt / Heft 1 / 2025 3 Heft 1 • Januar 2025 Dr. Arndt Berson, Vizepräsident der Ärztekammer Nordrhein Foto: Jochen Rolfes Mit Zuversicht ins Jahr 2025 Laut OECD-Studie aus dem November dieses Jahres liegt die Lebenserwartung in Deutschland bei 81,2 Jahren und damit erstmals unter dem EU-Durchschnitt. Gleichzeitig geht aus dem Bericht hervor, dass Deutschland EU-weit das meiste Geld für Gesundheit ausgibt. Im Bundesrat zog Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach diese beiden Studienergebnisse vor Kurzem heran, um damit die Qualität des Gesundheitswesens und vor allem die der Kliniken in Deutschland infrage zu stellen. Doch wer die geringere Lebenserwartung im EU-Durchschnitt populistisch mit der angeblich schlechten Qualität von Kliniken in Deutschland begründet, macht es sich eindeutig zu leicht. Wer glaubt, allein durch Gesetze die Lebenserwartung einer Bevölkerung signifikant erhöhen zu können, verkennt die wissenschaftlich unumstrittenen Einflüsse, die Bildung, Armut, Umwelt und gesunder Lebensstil auf die Lebenserwartung haben. Wer glaubt, wir könnten mit Krankenhausbehandlungen oder Arztkontakten ausgleichen, dass Deutschland mit seiner Adipositasrate über dem EU-Durchschnitt liegt, dass jeder fünfte Erwachsene raucht, dass Deutschland weltweit zu den zehn Ländern mit dem höchsten Alkoholverbrauch zählt und dass die entscheidenden Faktoren für die Bildungschancen von Kindern in Deutschland immer noch die Bildung und das Einkommen der Eltern sind, der überschätzt die Möglichkeiten der Medizin und unterschätzt die Bedeutung der dringend notwendigen Prävention auf allen gesellschaftlichen Ebenen und in allen Politikbereichen. Den Schlüssel kann man im diesjährigen OECD-Bericht finden. So heißt es dort, dass die Förderung einer guten körperlichen und geistigen Gesundheit über den gesamten Lebensverlauf hinweg von entscheidender Bedeutung ist, um den Menschen ein möglichst langes aktives und erfülltes Leben zu ermöglichen und den Bedarf an Gesundheits- und Langzeitpflegesystemen im Zusammenhang mit der Bevölkerungsalterung zu verringern. Vielleicht hätte der Bundesgesundheitsminister der Überarbeitung des Präventionsgesetzes mehr Vorrang einräumen sollen, um etwas zur Steigerung der Lebenserwartung zu tun. Eine jüngst erschienene Studie des Public Health-Experten Zilong Bian et al. im British Medical Journal kommt zu dem Schluss, dass es vor allem vier Faktoren sind, die einen gesunden Lebensstil ausmachen: Nichtrauchen, regelmäßige Bewegung in ausreichender Intensität, genug Schlaf und eine ausgewogene, gesunde Ernährung. Ein so definierter Lebensstil kann ein genetisch bedingtes Risiko für eine kürzere Lebenserwartung beziehungsweise einen vorzeitigen Tod statistisch zu etwa 62 Prozent ausgleichen. Von einem Bundesgesundheitsminister erwarten wir, dass er solche Studien kennt und sie mit in seine Überlegungen einbezieht, bevor er die Lebenserwartung allein an unserem angeblich so schlechten Gesundheitssystem festmacht und damit die im Gesundheitswesen tätigen Berufsgruppen nachhaltig demotiviert. Wir enden zum Schluss des turbulenten Jahres 2024 mit einem weiteren Studienergebnis. US-Forschende haben herausgefunden, dass eine zuversichtliche Einstellung die Gesundheit nachhaltig fördert und die Lebenserwartung um 5,4 Prozent oder 4,4 Jahre erhöhen kann. In diesem Sinne wünschen wir allen Kolleginnen und Kollegen: Bleiben Sie optimistisch und lassen Sie uns 2025 mit viel Elan an einer guten Patientenversorgung und einer Stärkung der Prävention arbeiten. Wir wünschen Ihnen und Ihren Angehörigen eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Dr. Sven Dreyer, Präsident der Ärztekammer Nordrhein Foto: Jochen Rolfes
Institut für Qualität im Gesundheitswesen Nordrhein Tersteegenstraße 9, 40474 Düsseldorf Tel.: +49 211 4302-2751 E-Mail: iqn@aekno.de Die Veranstaltungen sind kostenfrei und mit je 3 Fortbildungspunkten anerkannt! Anmeldung erforderlich: www.iqn.de/Fortbildungen des IQN Internet: www.iqn.de FGM/C – Weibliche Genitalbeschneidung Mittwoch, 05. Februar 2025, 15:30 – 17:45 Uhr, Live Online-Seminar • A uf dem Weg zur Eliminierung von FGM/C (Female Genital Mutilation/Cutting) bis 2030: Eine statistische Analyse zu globalen, nationalen und regionalen Trends • Typisierung von FGM/C, gesundheitliche Folgen und Beispiele aus der gynäkologischen Praxis • Soziokulturelle Hintergründe von FGM/C und Beispiele aus der Beratungsarbeit • Dokumentation und Gutachten von betroffenen Frauen für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge • Die anatomische Rekonstruktion nach weiblicher Genitalbeschneidung Jawahir Cumar, PD Dr. med. Dan mon O’Dey, Christina Pesch, Agata Romanski-Ordas, Dr. med. Christoph Zerm, Dr. med. Sabine Mewes I m Fokus: Rheumatologie Mittwoch, 26. Februar 2025, 15:30 – 17:45 Uhr, Live Online-Seminar • Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen bei rheumatologischen Erkrankungen • Labordiagnostik bei rheumatologischen Erkrankungen • P hysiotherapie bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen – Bewegung erhalten, Leben gestalten • Autoinflammation und Autoimmunität – von der Pathophysiologie zur Klinik • Monogenetische, erworbene Autoinflammationserkrankung (VEXAS) PD Dr. med. Björn Bühring, Dr. med. Andreas Dormann, Dr. med. Christina Düsing, PD Dr. med. Oliver Sander, Regine Astrid Schmidt, Dr. med. Sabine Mewes R auchstopp und Tabakentwöhnung – Beratungsmethoden und motivierende Gesprächsführung Wiederholungsveranstaltung von 08/2024 Mittwoch, 26. März 2025, 15:30 – 17:45 Uhr, Live Online-Seminar • Das ABC der evidenzbasierten Tabakentwöhnung • Tabakentwöhnung in der Hausarztpraxis – wie kann das gelingen? • Patientenkurse zur Tabakentwöhnung/Erfahrungsberichte Univ.-Prof. Dr. Daniel Kotz PhD MSc MPH, Olaf Reddemann, Lisa Welmes, Özden Yerlikaya, Dr. med. Sabine Mewes Hinweis: Die vollständige Teilnahme berechtigt zur Abrechnung der Beratungsleistung über das DMP Asthma/COPD!
Rheinisches Ärzteblatt / Heft 1 / 2025 5 Krankenhäuser Nach der Reform ist vor der Reform Cannabis online bestellen leicht gemacht Die Teillegalisierung der Droge hat den unvorhergesehenen Effekt, dass Cannabis inzwischen auf ärztliches Privatrezept im Internet problemlos eingekauft werden kann. Die Anbieter agieren in einer berufsrechtlichen Grauzone. Der Luftkurier für dringende Fälle Ob für dringend benötigte Laborproben oder bei der Suche nach Verletzten in unwegsamem Gelände: Die Einsatzmöglichkeiten für Drohnen im Gesundheitswesen sind vielfältig. Modellprojekte mit den unbemannten Fluggeräten laufen auch an deutschen Kliniken. Heft 1 • Januar 2025 Meinung Mit Zuversicht ins Jahr 2025 Seite 3 Magazin Seite 6 bis 10 KBV arbeitet NS-Geschichte auf · Vor 50 Jahren · Für eine evidenzbasierte Arzneimitteltherapie · Aktionsplan für ein barrierefreies Gesundheitswesen vorgelegt · Kammer Online · Polioviren im Abwasser in Köln und Bonn nachgewiesen · Behandlungsfehler: Statistik für 2023 liegt vor · Studium und Berufseinstieg Thema Nach der Reform ist vor der Reform Seite 12 Spezial Der Luftkurier für dringende Fälle Seite 14 Gesundheits- und Sozialpolitik Cannabis online bestellen leicht gemacht Seite 18 KVNO-Vertreterversammlung erweitert ambulante Förderprogramme Seite 19 Praxis Barrieren in der Praxis abbauen Seite 21 Forum CIRS-Gipfel NRW: „Wir brauchen eine gut funktionierende Fehlerkultur“ Seite 22 Die Ärztekammer stellte sich vor Seite 23 Zurück zur Zukunft Seite 24 Wissenschaft und Fortbildung Interventionell-radiologische Prostata-Arterien-Embolisation bei benignem Prostatasyndrom – Folge 83 der Reihe „Zertifizierte Kasuistik“ Seite 25 Tagungen und Kurse Seite 28 Fortbildungsveranstaltungen der Ärztlichen Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung in Nordrhein Seite 29 RÄ Regional Seite 32 Bücher Seite 35 An Rhein und Ruhr Seite 36 Kulturspiegel Glaube, Liebe und wenig Hoffnung Seite 37 Amtliche Bekanntmachungen Seite 38 Amtliche Bekanntmachungen der Ärztekammer Nordrhein auf www.aekno.de Amtliche Bekanntmachungen der KV Nordrhein auf www.kvno.de Impressum Seite 38 Mein Beruf „Viele meiner Patienten sind im Leben falsch abgebogen“ Seite 43 Titelgestaltung: Eberhard Wolf Foto: Özcan Sen/adobe.stock.com Der Bundesrat hat die umstrittene Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gebilligt. Sie kann damit zum 1. Januar 2025 in Kraft treten. In NRW setzt man darauf, dass man nach einem möglichen Regierungswechsel nach der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar immer noch nachbessern kann.
Magazin 6 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 1 / 2025 Wanderausstellung KBV arbeitet NS-Geschichte auf Mit der Wanderausstellung „Systemerkrankung. Arzt und Patient im Nationalsozialismus“ will die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) einen Beitrag zur Aufarbeitung ihrer NS-Geschichte leisten. Die Ausstellung bilde den Abschluss eines von der Vertreterversammlung der KBV im Jahr 2018 initiierten Forschungsprojekts zu ihrer Vorgängerorganisation, der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands (KVD), teilte die KBV mit. Mit der Erforschung der KVD-Geschichte hatte sie das Zentrum für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin beauftragt. Auf 20 Roll-up-Bannern mit Texten, Auszügen historischer Dokumente und zahlreichen Fotos sowie zwei Medienstationen liefere die Ausstellung einen Einblick in das Arzt-Patienten-Verhältnis und die Gesundheitsversorgung in der Zeit des Nationalsozialismus. Zu sehen ist sie bis 28. Januar in den Räumen der KBV, Herbert-Lewin-Platz 2, in Berlin. In den Jahren 2025 und 2026 wird sie in den bundesweit 17 KVen gezeigt. „Ärztinnen und Ärzte zeichneten im NSUnrechtsregime für grauenhafteste Taten mitverantwortlich“, sagte der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Gassen anlässlich der Ausstellungseröffnung Ende November in Berlin. So sei auch die KVD an der Entrechtung und Vertreibung jüdischer und oppositioneller Kassenärzte beteiligt gewesen. Mit der Wanderausstellung werfe man einen Blick auf Täter und Opfer. HK Heilberufsgesetz NRW schafft neues Facharztrecht Beinahe verwundert vermeldete das Rheinische Ärzteblatt in seiner Ausgabe vom 10. Januar 1975, dass der nordrhein-westfälische Landtag das neue Facharztgesetz noch Ende 1974 auf den parlamentarischen Weg geschickt hatte: „Nach einer unvermuteten Stockung steht das Facharztgesetz in Nordrhein-Westfalen doch noch vor der Verwirklichung.“ Es könne Anfang des Jahres 1975 in zweiter Lesung also noch vor den im Mai geplanten Landtagswahlen verabschiedet werden, nicht zuletzt da sich alle „drei Landtagsfraktionen zustimmend zu dem Gesetzesvorhaben geäußert“ hätten. Auch die Standesorganisationen hätten grünes Licht gegeben, „nachdem ein wesentlicher Teil ihrer Einwände im Text der Regierungsvorlage berücksichtigt worden war“. Durch die Novellierung sollte das Facharzt- und Weiterbildungswesen etabliert werden, so wie es derzeit bekannt ist. Die Ärztekammern im Land hatten sich vehement dagegen gewehrt, dass die Facharztprüfung zur Staats- oder Berufsabschlussprüfung werden sollte. Sie befürchteten die Zersplitterung der Berufsbezeichnung „Arzt“. Auch konnte verhindert werden, dass die Prüfungsordnung staatlicherseits festgelegt wurde. Diese Aufgabe wurde der Selbstverwaltung übertragen, die eine Prüfungsordnung per Satzungsrecht erlassen konnte. Neben den Regelungen zu fachärztlichen Gebieten, Teilgebieten oder Zusatzbezeichnungen enthielt das Gesetz Bestimmungen zur Ermächtigung von Weiterbildungsstätten über das Landesarbeitsministerium. Auch die Pflicht zur beruflichen Fortbildung eines jeden Arztes sowie die Teilnahme am Notfalldienst wurden in dem Gesetz erstmals verankert. bre Modellregion NRW ePA startet planmäßig Die vierwöchige Pilotphase der elektronischen Patientenakte (ePA) soll in Nordrhein-Westfalen planmäßig ab dem 15. Januar 2025 starten. Dies erklärten die Kassenärztlichen Vereinigungen Westfalen-Lippe und Nordrhein sowie die Krankenhausgesellschaft NordrheinWestfalen. Die Projektpartner initiierten und begleiten den Testbetrieb in NRW in enger Abstimmung mit der gematik. In NRW beteiligen sich vier Krankenhäuser sowie mindestens 50 Praxen je KVBezirk am Praxistest. Neben NRW sind auch Franken und Hamburg Testregionen. Nach den Plänen des Bundesministeriums für Gesundheit soll der flächendeckende Roll-out frühestens ab dem 15. Februar beginnen. MST Kassen Mehr Geld für Prävention Die Ausgaben der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen für Gesundheitsförderung und Prävention haben 2023 nach dem starken Einbruch in der Pandemie wieder den Stand von vor Corona erreicht. Dies geht aus dem Präventionsbericht 2024 des GKV-Spitzenverbandes und des Medizinischen Dienstes Bund hervor. Insgesamt gaben die Kassen 2023 630,6 Millionen Euro für die Gesundheitsförderung in Lebenswelten, Betrieben und für einzelne Versicherte aus. Einen Zuwachs von 25 Prozent verzeichneten die Kassen bei Angeboten zur Bewegungsförderung, Stressbewältigung, Ernährung und Suchtmittelreduktion an einzelne Versicherte. MST Die Wanderausstellung zur Rolle der Ärzteschaft im Dritten Reich wird zunächst in Berlin zu sehen sein. Im Haus der Ärzteschaft in Düsseldorf wird sie voraussichtlich im September 2025 ankommen. Foto: Andrea Katheder
Magazin Rheinisches Ärzteblatt / Heft 1 / 2025 7 Facharztprüfungen Anmeldeschluss und Termine Der nächste zu erreichende Prüfungszeitraum zur Anerkennung von Facharztkompetenzen, Schwerpunktbezeichnungen und ZusatzWeiterbildungen bei der Ärztekammer Nordrhein ist vom 17. bis 21. März 2025. Anmeldeschluss: Freitag, 31. Januar 2025 Ärztinnen und Ärzte, die zur Prüfung zugelassen sind, erhalten eine schriftliche Ladung mit dem genauen Prüfungstermin und der Uhrzeit mindestens 14 Tage vorher. www.aekno.de/Weiter bildung/Pruefungen ÄkNo Cochrane Library Für Mitglieder kostenfrei Die Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo) bietet ihren Mitgliedern auch im Jahr 2025 einen kostenfreien Vollzugriff auf die renommierte Cochrane Library über www. aekno.de/cochrane. Diesen Service stellt die Kammer allen Ärztinnen und Ärzten in Nordrhein seit 2008 zur Verfügung. Jährlich statten diese der Library zur evidenzbasierten Medizin mehr als tausend Besuche ab. Neben dem Vollzugang zu den medizinischen Reviews und Einträgen zu klinischen Versuchen, Methoden, Technologien und Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen stehen auch Beiträge im Portal „Clinical Answers“ zur Verfügung. Um den Zugang zur Cochrane Library nutzen zu können, benötigen die Kammermitglieder ein Benutzerprofil auf www.aekno.de. Dies ist in wenigen Minuten online eingerichtet unter www. aekno.de/registrieren. bre Arzneimittelkommission Für eine evidenzbasierte Arzneimitteltherapie Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) habe es sich zur Aufgabe gemacht, für eine evidenzbasierte, sichere, rationale und damit auch wirtschaftliche Arzneimitteltherapie einzutreten, erklärte der neue Vorsitzende des Fachausschusses der Bundesärztekammer, Professor Dr. Bernd Mühlbauer nach seiner Wahl Ende November in Berlin. Mit diesem Ziel vor Augen sei es ihm ein Anliegen, die evidenzbasierten Positionsbestimmungen der AkdÄ breit in die Ärzteschaft hineinzutragen. Mühlbauer löst Professor Dr. Wolf-Dieter Ludwig im Amt ab, der 18 Jahre lang an der Spitze des Gremiums stand und sich nicht mehr zur Wiederwahl gestellt hatte. Mühlbauer gehört der AkdÄ seit 14 Jahren an, in den letzten beiden Jahren war er deren stellvertretender Vorsitzender. Der Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie am Klinikum Bremen Mitte will einen Schwerpunkt seiner Arbeit auf das Thema Arzneimittelkosten legen, wie das Deutsche Ärzteblatt berichtete. Er sehe es unter anderem als Aufgabe der AkdÄ an, Klarheit darüber zu schaffen, dass die Mittel in der gesetzlichen Krankenversicherung endlich seien und das Geld nur für diejenigen Medikamente ausgegeben werden dürfe, die einen wirklichen Zusatznutzen für die Patienten hätten. HK Im Jahr 2023 gaben die gesetzlichen Krankenkassen gut 50 Milliarden Euro für Medikamente aus. Die Arzneimittelausgaben sind nach der Krankenhausbehandlung der zweitgrößte Kostenblock. Foto: busracavus/istockfoto.com Achtung: Fremdkörper in Ampullen Beim Öffnen von Glasampullen oder beim Aufziehen eines Medikaments aus einer Durchstechampulle besteht die Gefahr, dass Splitter oder Gummipartikel in die Medikamentenlösung gelangen. Werden die Fremdkörper in den Blutkreislauf von Patienten eingeschleust, drohen Thrombosen oder Embolien. In zwei Fallberichten im Lern- und Berichtssystem für kritische Ereignisse (CIRS) NRW wurden die Gefahren rechtzeitig erkannt, so die Betreiber der Plattform. Um Risiken zu minimieren, empfehlen sie die enge Zusammenarbeit mit dem Qualitäts- und Risikomanagement bereits beim Einkauf medizinischer Produkte. HK Kurz gemeldet Rudolf Henke bleibt ABV-Vorsitzender Die Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen (ABV) hat den ehemaligen Präsidenten der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, Mitte November einstimmig als Vorsitzenden wiedergewählt. Henke warnte nach seiner Wahl vor rentenpolitischen Umverteilungskonzepten und betonte zugleich die Wichtigkeit „faktenorientierter Rentenpolitik“. Henke ist zugleich Mitglied des Verwaltungsausschusses der Nordrheinischen Ärzteversorgung. Die ABV ist die Dachorganisation der öffentlich-rechtlichen Pflichtversorgungseinrichtungen der verkammerten Freien Berufe. MST Fachsprachprüfungen auf Rekordhoch Die Zahl der Fachsprachprüfungen in Nordrhein hat im Jahr 2023 ein Rekordhoch erreicht. Wie aus dem aktuellen Jahresbericht der Ärztekammer Nordrhein hervorgeht, traten insgesamt 2.040 Prüfungskandidaten zur Fachsprachprüfung an. Im Vergleich zum Jahr 2022 ist das ein Zuwachs von mehr als 66 Prozent. Damals zählte die Kammer 1.225 Kandidaten für die Fachsprachprüfung. Die Top 3 der Herkunftsländer waren 2023 Syrien (696), die Türkei (377) und der Iran (333). Insgesamt haben 1.309 Ärztinnen und Ärzte die Prüfung bestanden, die Nichtbestehensquote ist mit 35,8 Prozent leicht gestiegen (2022: 33 Prozent). MST
Magazin 8 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 1 / 2025 Medizinische Fachangestellte Informationen zur Fachwirtin für ambulante medizinische Versorgung Versorgung wird vom Prüfungsausschuss der Ärztekammer Nordrhein abgenommen. Auf der Homepage der Ärztekammer Nordrhein www.aekno.de finden sich in der Rubrik „MFA“ (www.aekno.de/mfa) ausführliche Informationen rund um die Fortbildungsinhalte und Prüfungsvoraussetzungen. Daneben werden das Rahmencurriculum sowie die Prüfungsordnung zur Verfügung gestellt. Auch findet sich dort ein Anmeldeformular für die Abschlussprüfung als PDF-Dokument, das bequem am Computer ausgefüllt werden kann. Fragen und Anregungen sowie Kritik und Lob zum Internetangebot der Ärztekammer Nordrhein senden Sie bitte an die E-Mail- Adresse onlineredaktion@aekno.de. bre Die Bundesärztekammer hat ein aktualisiertes Musterfortbildungscurriculum zur beruflichen Fortbildung für Medizinische Fachangestellte (MFA) zur „Fachwirtin für ambulante medizinische Versorgung“ erarbeitet. Es handelt sich um eine thematisch breit angelegte Fortbildung, die es den MFA ermöglicht, mehr Fach- und Führungsverantwortung in der Praxis zu übernehmen. Laut Curriculum gehören beispielsweise Qualitätsmanagement, Kommunikation und Teamführung, Praxisführung, Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie die Ausbildung zukünftiger MFA zu den Aufgaben. Die Abschlussprüfung zur Fachwirtin für ambulante medizinische Transplantation Stäko wird 30 Jahre alt Anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Ständigen Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer (BÄK) würdigte BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt deren Verdienste. Die Ständige Kommission sei der Garant für eine patientenorientierte Regelung des Transplantationswesens. Die Empfehlungen der Kommission bilden die Grundlage für Richtlinien der BÄK zur Organspende und Organtransplantation. In der Jubiläumssitzung der Ständigen Kommission Organtransplantation am 27. November wurde die Bundesratsinitiative zur Einführung der Widerspruchslösung ausdrücklich unterstützt, desgleichen auch die geplante gesetzliche Neuregelung der Lebendorganspende, die eine Ausweitung der Organspendemöglichkeiten vorsieht. tg MRT-Prüfung Gute Qualität Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) setzt die Stichprobenüberprüfung im Leistungsbereich Magnetresonanztomografie (MRT) ab dem Jahr 2025 aus. Grundlage für diesen Beschluss ist der Bericht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu Qualitätsprüfungen in der ambulanten Versorgung. Danach waren die Prüfergebnisse zur Durchführung der MRT wie in den Jahren zuvor sehr gut. Im Jahr 2028 wird der G-BA darüber beraten, ob eine Wiederaufnahme der Prüfung erforderlich ist. Bei den Stichprobenüberprüfungen in den Bereichen konventionelle Röntgendiagnostik und Arthroskopie kam es zu mehr Beanstandungen. tg Mit dem „Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen“, den Bundesgesundheitsminister Professor Dr. Karl Lauterbach Anfang Dezember 2024 öffentlich präsentierte, setzt er einen Auftrag aus dem Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen“ des nun zerbrochenen Regierungsbündnisses um. Der Aktionsplan zielt darauf ab, konkrete, realistische und umsetzbare Maßnahmen zu identifizieren, die einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, Barrieren bei der gesundheitlichen Versorgung und Pflege abzubauen, heißt es darin einleitend. Der Plan ist das Ergebnis eines Dialogprozesses unter Beteiligung von Betroffenenverbänden und Interessenvertretungen und soll Auftakt für eine längerfristige Umsetzungsphase sein. Als eine konkrete Maßnahme ist im Aktionsplan vorgesehen, dass Kassenärztliche Bundesvereinigung und GKV-Spitzenverband künftig im Bundesmantelvertag Mindeststandards für die Barrierefreiheit von Arztpraxen festlegen. Mit einem jährlichen Evaluationsbericht soll über den Stand der Umsetzung informiert werden. Über die bereits bestehenden Strukturfonds, die für Fördermaßnahmen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung vorgesehen sind, sollen auch bauliche Veränderungen zur Umsetzung von Barrierefreiheit finanziert werden. Auch soll das Kriterium der Barrierefreiheit im Rahmen von Auswahlverfahren zur Nachbesetzung einer Arztpraxis stärker als bisher berücksichtigt werden. „Leider ist aktuell nicht absehbar, ob und – wenn ja – wann der Aktionsplan des Ministeriums umgesetzt wird“, sagte dazu Dr. Martin Danner, Bundesgeschäftsführer der BAG Selbsthilfe. Leider fehlten in dem nun veröffentlichten Plan konkrete Vorgaben zur Umsetzung von Maßnahmen (zum Thema siehe auch „Barrieren in der Praxis abbauen“ auf Seite 21). tg Ziel des Aktionsplans des Bundesgesundheitsministeriums ist ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen. Foto: stock.adobe.com Barrierefreies Gesundheitswesen Bundesgesundheitsminister legt Aktionsplan vor
Magazin Rheinisches Ärzteblatt / Heft 1 / 2025 9 Arzneimittel Deutliche Ausgabensteigerung Die Nettoausgaben für Arzneimittel in der GKV lagen im Jahr 2023 bei 54 Milliarden Euro und damit um 74 Prozent höher als zehn Jahre zuvor. Die Ausgabensteigerung ist laut Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) vor allem verursacht durch die Preisentwicklung bei patentgeschützten Arzneimitteln. Darauf entfalle mehr als die Hälfte der Ausgaben, wobei sie aber einen immer geringeren Versorgungsanteil abdeckten. Von 11,4 Prozent im Jahr 2014 sei dieser auf 6,7 Prozent im Jahr 2023 zurückgegangen. Trotz des geringen Versorgungsanteils entfielen laut WIdO-Analyse 53 Prozent der Arzneimittelausgaben auf patentgeschützte Arzneimittel. Deren durchschnittlicher Packungspreis sei von 2014 bis 2023 um das Dreifache auf 587,72 Euro gestiegen. tg Lungenpathologie Referenzzentrum an der RWTH Aachen Die RWTH Aachen hat ein Referenzzentrum für Lungenpathologie gegründet. Zu den Aufgaben des Referenzzentrums gehört nach Angaben der Uniklinik unter anderem eine standardisierte Zweitbefundung bei komplexen thorakalen Erkrankungen sowie Zweitmeinungen bei komplizierten oder schwer einzuordnenden Fällen. Daneben würden regelmäßige virtuelle Sprechstunden sowie Fortbildungsangebote zu thorakalen Erkrankungen angeboten. Informationen unter: https:// www.ukaachen.de/kliniken- institute/referenzzentrum- fuer-lungenpathologie MST Nordrhein-Westfalen Polioviren in Abwasserproben nachgewiesen Das Robert Koch-Institut untersucht im Rahmen eines Forschungsprojekts das Abwasser aus Kläranlagen auf Polioviren. Foto: Matthias Buehner/stock.adobe.com In Köln, Bonn und Düsseldorf sind im Abwasser erstmals Schluckimpfstoff-abgeleitete Polioviren Typ 2 nachgewiesen worden. Auch in anderen deutschen Städten gab es ähnliche Funde, wie das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium am 28. November mitteilte. Die Nachweise erfolgten im Rahmen eines Forschungsprojekts des Robert Koch- Instituts (RKI), bei dem Abwasserproben aus verschiedenen Kläranlagen in Deutschland entnommen und auf Polioviren untersucht wurden. Die Ergebnisse hat das RKI in seinem aktuellen Epidemiologischen Bulletin veröffentlicht (www.rki.de). Das Risiko, sich mit Polio zu infizieren, sei trotz des Nachweises im Abwasser aufgrund der hohen Durchimpfungsrate der Bevölkerung äußerst gering, betonte das NRW-Gesundheitsministerium. Aktuell seien keine Polio-Erkrankungen oder Verdachtsfälle in Deutschland bekannt, der letzte Fall sei im Jahr 1990 registriert worden. Die Durchimpfungsrate bei der Schuleingangsuntersuchung 2023 lag demnach bei 96,1 Prozent. Das Ministerium appellierte angesichts der aktuellen Lage an die Bürgerinnen und Bürger in NRW, zusammen mit ihren HausärztinGutachterkommissionen und Schlichtungsstellen Statistik für das Jahr 2023 liegt vor In rund 28 Prozent der 4.128 Fälle, die im Jahr 2023 von den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern im Hinblick auf eine Arzthaftung bewertet wurden, lag ein Behandlungsfehler vor. Bei 948 Fällen (Vorjahr: 909) wurden Behandlungsfehler festgestellt, die ursächlich für einen Gesundheitsschaden waren; in weiteren 241 (Vorjahr: 164) Fällen lag zwar ein Behandlungsfehler vor, dieser wurde aber nicht als ursächlich für einen Gesundheitsschaden angesehen. Die von der Bundesärztekammer veröffentlichte Auswertung der Sachentscheidungen zeigt, dass es als Folge eines Behandlungsfehlers in 256 Fällen zu einem leichten/mittelschweren, in 103 Fällen zu einem schweren Dauerschaden, in 63 Fällen zum Tod kam. Die weitaus häufigsten Patientenvorwürfe im Jahr 2023 betrafen die operative Durchführung, gefolgt von postoperativen Maßnahmen, bildgebenden Verfahren und Anamnese/Untersuchung. Ziel der statistischen Auswertung ist es unter anderem, im Sinne der Qualitätssicherung Fehlerursachen und -häufigkeiten zu erkennen. Die Auswertung für 2023 ist abrufbar unter www. aerztekammern-schlichten.de/statistik. tg nen und Hausärzten zu überprüfen, ob ihr Impfstatus und der ihrer Kinder nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission vollständig ist. In Deutschland werde in der Regel ein Totimpfstoff injiziert. Der ebenfalls verfügbare Lebendimpfstoff zum Schlucken werde seit 1998 hierzulande nicht mehr verwendet. Nach der Schluckimpfung, die in manchen außereuropäischen Ländern noch eingesetzt werde, könnten abgeschwächte Impfviren mit dem Stuhl ausgeschieden und durch Schmierinfektion auf andere Personen übertragen werden. HK
10 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 1 / 2025 Magazin – Studium und Berufseinstieg Statistik Weniger Studierende Im Wintersemester 2024/2025 sind an den Hochschulen in NordrheinWestfalen rund 702.700 Studentinnen und Studenten eingeschrieben. Das sind 7.300 oder ein Prozent weniger als im vorherigen Wintersemester, wie das Landesamt für Statistik mitteilte. Auch die Zahl der Studienanfängerinnen und -anfänger ging aktuell um 1,2 Prozent zurück. Damit setzt sich ein Trend fort. Die Studierendenzahl nimmt, nach einem Höchststand im Wintersemester 2016/2017, in NRW stetig ab. Dem Landestrend folgte die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen mit leichten Rückgängen sowohl bei den Neuanmeldungen als auch bei der Anzahl der eingeschriebenen Studierenden. Die Universität Bonn verzeichnete dagegen einen leichten Aufwärtstrend bei den Studierenden und bei den Erstsemestern mit einem Zuwachs von rund vier Prozent. An der HeinrichHeine-Universität in Düsseldorf gingen die Studierendenzahlen um drei Prozent zurück. Auch die Zahl der Erstsemester fällt mit minus zehn Prozent deutlich geringer aus. Die Zahl der Studierenden an der Universität Duisburg-Essen sank mit einem Minus von drei Prozent ebenfalls überdurchschnittlich. Die Zahl der Erstsemester ging um acht Prozent zurück. Die Universität Köln mit aktuell 45.627 Studierenden verzeichnete einen Rückgang von lediglich 1,6 Prozent, wohingegen die Zahl der Studienanfänger leicht zunahm, um 3,4 Prozent auf knapp 4.960. bre Landarztquote KV umwirbt angehende Hausärzte Im kommenden Jahr werden die ersten Studierenden nach dem Landarztgesetz in Nordrhein-Westfalen ihr Praktisches Jahr beginnen. Die Landarztquote wurde zum Wintersemester 2019/2020 eingeführt. Damit sind jährlich rund 180 Studienplätze der Humanmedizin über diesen Weg für angehende Hausärztinnen und Hausärzte reserviert. Die Medizinstudierenden verpflichten sich, nach dem Studium eine allgemeinmedizinische Weiterbildung zu absolvieren und in einer NRW-Region mit Hausarztmangel tätig zu werden. Dr. Carsten König, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein, sagte auf der Vertreterversammlung der KV Nordrhein, dass für das kommende Jahr rund 50 Aktionen wie etwa Landpartien oder Praxisbörsentage geplant seien. Ziel sei es, auf Medizinstudierende und Medizinische Fachangestellte zuzugehen und diese mit der KV und den Niedergelassenen zu vernetzen. bre Die Anspannung ist bei allen spürbar. Mit dem ersten Gong lese ich die Aufgabenstellung, mit dem zweiten betrete ich den Raum. Es erwarten mich Stationen wie die Befundung eines Röntgen-Thorax-Bildes, die Untersuchung eines Sprunggelenks oder das Führen eines Anamnesegesprächs. Jede Station muss in fünf Minuten absolviert werden. Nach insgesamt zehn Stationen sehe ich Erleichterung in den Gesichtern meiner Kommilitonen – der praktische Teil der ärztlichen Zwischenprüfung ist geschafft. Im August und September 2024 absolvierte ich die ärztliche Zwischenprüfung in Düsseldorf, die dem Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (Staatsexamen) entspricht. Der schriftliche Teil wird durch die Klausuren der letzten sechs Semester abgedeckt. Praktische Fähigkeiten werden im „OSCE-Verfahren“ geprüft. Das Akronym OSCE steht für „objective structured clinical examination“. Ich empfand den Zeitdruck während dieser Prüfungsform enorm. Jedoch finde ich es sehr gut, dass neben dem theoretischen Wissen auch praktische Fähigkeiten überprüft werden und die OSCE scheint ein gut erprobtes Verfahren dafür zu sein. Der letzte Teil war die mündliche Prüfung in vier Fächern: Anatomie, Biochemie, Physiologie und ein zugelostes Fach. Mir wurde das Fach Pharmakologie zugeteilt, das ich in der Vorbereitungszeit als besonders umfangreich und anspruchsvoll empfand. Doch jetzt im klinischen Teil des Studiums merke ich, wie gut es mich vorbereitet hat. Meine Kommilitonen und ich, wir haben zusammen gelernt, uns Sorgen gemacht und schließlich fast alle bestanden, was uns noch enger zusammenschweißt. Wie erlebt Ihr das Studium der Humanmedizin? Schreibt mir unter medizinstudium@aekno.de. Elisa Kremer Foto: privat Mail aus Düsseldorf Ranking Herausragende Wissenschaftler aus Nordrhein Der Informationsdienstleister Clarivate Analytics erstellt jährlich die internationale Liste „Highly Cited Researchers“. Zu den weltweit meistzitierten Wissenschaftlern zählen auch Mediziner, die an nordrheinischen Universitäten tätig sind, darunter Professor Dr. Thomas Bieber, der bis 2023 Direktor der Klinik für Dermatologie und Allergologie des Universitätsklinikums Bonn (UKB) war. Von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen findet sich Professor Dr. Fabian Kießling auf der Liste. Kießling ist seit 2008 Inhaber des Lehrstuhls für Experimentelle Molekulare Bildgebung. bre
Weitere Informationen sowie die Online-Anmeldung finden Sie unter kvno.de/termine. Bild: ymgerman | AdobeStock UPDATE: BEGUTACHTUNG VON POST-COVID-SYNDROMEN, POST-VAC- UND POST-COVID-FATIGUE: Chair: Dr. med. Frank Bergmann | Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein Co-Chair: Dr. med. Hildegard Schain | Vorstandsmitglied DGNB | Praxis für neurol.-psych. Begutachtung Düren Vorstellung der neuen Leitlinie der DGUV zur Begutachtung von Post-COVID-Syndromen Prof. Dr. med. Martin Tegenthoff | Neurologische Klinik und Poliklinik BG-Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum Neurologische Aspekte Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Frank Erbguth | Deutsche Hirnstiftung Psychiatrische Aspekte Prof. Dr. med. Volker Köllner | Ärztlicher Direktor am Reha-Zentrum Seehof der DRV in Teltow bei Berlin Post-COVID-Fatigue und Beschwerdenvalidierung Prof. Dr. Dr. med. Bernhard Widder | Neurowissenschaftliche Gutachtenstelle am Bezirkskrankenhaus Günzburg 28. JANUAR 2025, 18 UHR BIS 20 UHR Online-Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für neurowissenschaftliche Begutachtung (DGNB e.V.) in Kooperation mit der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) Zertifiziert mit 2 Punkten
Thema 12 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 1 / 2025 Die Sitzung bot eine gewisse Dramatik. Bis zuletzt war nicht sicher, ob eine Mehrheit der Länder im Bundesrat am 22. November das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) billigen würde. Oder ob man das Gesetz, wie unter anderem von Ärzteschaft, Krankenhäusern und den unionsgeführten Ländern gefordert, zwecks Nachbesserung in den Vermittlungsausschuss überweisen würde. Am Ende fehlten fünf Stimmen für eine Überweisung. Kernstück des Prestigeprojekts von Bundesgesundheitsminister Professor Dr. Karl Lauterbach ist eine Reform der Krankenhausfinanzierung, die mit deutlichen Strukturveränderungen einhergehen und ab 2027 greifen soll. Nach dem KHVVG erzielen die Kliniken in Zukunft ihre Erlöse nicht mehr in erster Linie durch die Abrechnung von medizinischen Leistungen in Form von Fallpauschalen. Um den ökonomischen Druck zu verringern, sollen sie 60 Prozent ihrer Betriebskosten durch Pauschalen erwirtschaften, die allein für das Vorhalten bestimmter Leistungsgruppen fließen. Die im KHVVG definierten 65 Leistungsgruppen wie zum Beispiel Kardiologie, Allgemeine Chirurgie oder Knieendoprothetik werden den Krankenhäusern von den Ländern zugewiesen, denn diese sind verfassungsrechtlich für die Krankenhausplanung verantwortlich. Sämtliche Leistungsgruppen sind jedoch mit bundeseinheitlichen Qualitätskriterien hinterlegt. Das heißt, in ganz Deutschland gelten dieselben Anforderungen an erforderliche Fachdisziplinen, die für jede Leistungsgruppe in den Kliniken vorgehalten werden müssen, sowie an die technische und personelle Ausstattung. Das Vorhaltebudget für eine Leistungsgruppe erhalten die Krankenhäuser zudem nur dann, wenn sie die dafür festgelegten Mindestvorhaltezahlen erfüllen, also die vorgegebene Mindestzahl der am Krankenhausstandort erbrachten Behandlungsleistungen in der Leistungsgruppe. Damit orientiert sich die Vorhaltevergütung faktisch an der Zahl der Vorjahresfälle. Es gibt kaum einen Akteur im Gesundheitswesen, der nicht von der Notwendigkeit einer Krankenhausreform überzeugt ist. Ärztekammern, Krankenhausgesellschaften und Krankenkassen stehen deshalb ebenso wie große Teile der Politik ganz grundsätzlich hinter den Zielen der Reform, bei der es darum gehen soll, Doppelstrukturen in Ballungsgebieten abzubauen, Spezialisierung auszubauen, die Grundversorgung auch auf dem Land zu sichern und ökonomische Fehlanreize zu beseitigen. Betroffene und insbesondere die unionsgeführten Länder bezweifeln jedoch, dass die Regelungen des KHVVG die Lage der Krankenhäuser entscheidend verbessern werden. Auch der Bundesrat flankierte die Billigung des Gesetzes mit einer Entschließung, der ein gemeinsamer Antrag der SPD-geführten Länder Niedersachsen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern zugrunde lag. Darin werden an entscheidenden Punkten der Reform Nachbesserungen gefordert. So hält die Länderkammer die Anforderungen an den Facharztstandard bei manchen Leistungsgruppen auch angesichts des Fachkräftemangels für zu hoch. Außerdem monieren die LänderFoto: Jochen Rolfes Nach der Reform ist vor der Reform Der Bundesrat hat die umstrittene Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gebilligt. Sie kann damit zum 1. Januar 2025 in Kraft treten. Die Befürworter wollten ein Aus der Reform im Vermittlungsausschuss verhindern. Die schärfsten Kritiker, darunter NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, befürchten, dass die starren Vorgaben aus Berlin die Versorgung in den Ländern in Zukunft verschlechtern könnten. Einigkeit besteht indes länder- und parteiübergreifend darüber, dass es ein „Weiter so“ nicht geben darf. von Heike Korzilius Foto: electriceye/stock.adobe.com
Thema Rheinisches Ärzteblatt / Heft 1 / 2025 13 vertreter, dass die Vorhaltevergütung nicht hält, was sie verspricht, weil sie immer noch abhängig ist von der Leistungsmenge. Kritisiert wird zudem, dass das Bundesministerium für Gesundheit die finanziellen Auswirkungen der Reform nicht ausreichend dargelegt habe. Für die Übergangszeit, bis die neuen Finanzierungsmechanismen greifen, fordern die Länder eine Überbrückungsfinanzierung, die die aktuellen Kostensteigerungen und die Inflation ausgleicht. Kalten Strukturwandel verhindern Der Bundesrat greift damit einige zentrale Punkte der Kritiker der Lauterbachschen Reform auf. Einer der prominentesten ist NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, der sich im Vorfeld der Bundesratssitzung vehement für eine Überweisung des KHVVG in den Vermittlungsausschuss stark gemacht hatte. Der Bundesrat habe mit seiner Billigung eine große Chance vertan, das Gesetz für die Patientinnen und Patienten besser zu machen, erklärte Laumann im Anschluss an die Abstimmung. Auch er hält die Vorgaben für die Facharztstandards für zu eng gefasst. Nicht nur, aber gerade in ländlichen Regionen werde es oftmals schwer werden, die geforderten Facharztzahlen zu erreichen. Die Folge: Krankenhäuser könnten bestimmte Leistungen, beispielsweise zur Behandlung von Notfällen oder von Kindern und Jugendlichen, nicht mehr erbringen und müssten aus der Versorgung ausscheiden. Nach Ansicht des Ministers reichen zudem die Regelungen des KHVVG nicht aus, um den Krankenhäusern finanziell wirklich zu helfen. Die neue Vorhaltekostenfinanzierung wirke erst ab dem Jahr 2027. „Ob das zu einer wirklichen Entlastung der Krankenhäuser von ökonomischen Zwängen führen wird, ist völlig ungewiss“, sagte Laumann. Zumal es nach wie vor einen starken Fallbezug gebe. Wie zuvor schon die Mehrheit im Bundesrat ist auch der Minister überzeugt, dass ein kalter Strukturwandel nur durch eine Überbrückungsfinanzierung verhindert werden kann. Die mit dem KHVVG vorgesehenen Verbesserungen unter anderem bei der Refinanzierung von Tarifkosten für Löhne und Gehälter rückwirkend ab 2024 reichten nicht aus, um ein unkontrolliertes Krankenhaussterben zu verhindern. Laumann betonte zugleich, er habe das KHVVG mit einer Überweisung in den Vermittlungsausschuss nicht stoppen, sondern besser machen wollen. „Wir brauchen eine Reform der Krankenhausversorgung in Deutschland“, so der Minister. „Dass mir das ernst ist, zeigt alleine, dass wir die Krankenhausplanung in NordrheinWestfalen von Grund auf umgestalten.“ Diese diente dem Bund als Blaupause; nach Ansicht der Kritiker hat der Bund jedoch mit allzu strengen und starren Vorgaben den Handlungsspielraum der Länder in der Krankenhausplanung über Gebühr eingeengt und damit verhindert, dass regionale Besonderheiten berücksichtigt werden können. Bundesgesundheitsminister Lauterbach hatte dagegen im Bundesrat vor einer „Verwässerung“ der Reform gewarnt, sollte diese in den Vermittlungsausschuss überwiesen werden. Würden die Qualitätsvorgaben für die Leistungsgruppen angetastet, bleibe letztlich alles beim Alten. „Kommt es zu Verwässerungen, hat der Bund kein Interesse mehr an einer Reform“, sagte Lauterbach, räumte aber zugleich ein, dass jedes Gesetz über die Jahre weiterentwickelt werden könne. „Man kann immer noch gegensteuern“, sagt, ganz pragmatisch, auch NRW-Gesundheitsminister Laumann. Wesentliche Teile des Gesetzes träten erst in gut zwei Jahren in Kraft. Bis dahin werde sich zeigen, dass das Gesetz in den Flächenländern die Versorgung gefährde, weil sich der Fachärztemangel nicht auflösen werde. Die Ärztekammer Nordrhein, die von Anfang an in die Krankenhausplanungsreform in NRW einbezogen war und diese nach wie vor mitträgt, hatte sich im Vorfeld der Bundesratsentscheidung entschieden für Nachbesserungen am KHVVG im Vermittlungsausschuss ausgesprochen. Die Kammerversammlung fasste am 16. November einen entsprechenden Beschluss. Jetzt sagt Kammerpräsident Dr. Sven Dreyer: „Wir wünschen uns, dass eine Nachfolgeregierung dieses Gesetz noch einmal gründlich nachjustiert.“ Glaubt man den Umfragen zur Bundestagswahl, dürfte die Union die nächste Bundesregierung anführen. Deren gesundheitspolitischer Sprecher, Tino Sorge, hatte Ende November, nach der Abstimmung im Bundesrat, gegenüber der Augsburger Allgemeinen das KHVVG als ein „unfertiges Gesetz mit völlig ungewissen Auswirkungen“ bezeichnet. Es brauche Ausnahmeregelungen und ein vernünftiges Maß an Beinfreiheit für die Länder. Allerdings will auch Sorge keinen kompletten Neustart der Reform. Er halte es für sinnvoller, auf der Grundlage des KHVVG aufzubauen. Zugleich kündigte er in der Augsburger Allgemeinen an, die Union wolle im Falle eines Wahlsieges Bundesgesundheitsminister Lauterbach durch einen Minister aus ihren Reihen ablösen. „In der Gesundheitspolitik brauchen wir einen Stil- und Politikwechsel“, so Sorge. In Nordrhein-Westfalen hat die Krankenhausplanungsreform die Phase der Umsetzung erreicht. Dort erhalten die Krankenhäuser bis Ende dieses Jahres die Feststellungsbescheide mit ihrem zukünftigen Leistungsportfolio nach der neuen Planungssystematik. Wirksam werden die Bescheide aber erst am 1. April 2025, wie das NRW-Gesundheitsministerium mitteilte. Für bestimmte Leistungsgruppen solle es eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2025 geben, damit die Krankenhäuser genügend Zeit hätten, notwendige organisatorische, personelle oder bauliche Veränderungen umzusetzen. Wie sich die gewünschte Spezialisierung und die Leistungsverlagerungen in der Krankenhauslandschaft auf die ärztliche Weiterbildung auswirken werden, werde die Ärztekammer Nordrhein kritisch begleiten, kündigte deren Präsident Dr. Sven Dreyer an. Die Krankenhausplanung in NRW
14 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 1 / 2025
Rheinisches Ärzteblatt / Heft 1 / 2025 15 Spezial Der Luftkurier für dringende Fälle Ob als schneller Kurier für dringend benötigte Laborproben oder bei der Suche nach verletzten Personen in unwegsamem Gelände: Das Gesundheitswesen bietet für Drohnen vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Auch in Deutschland haben sich erste Kliniken auf den Weg gemacht, um ihre Logistik mit den unbemannten Fluggeräten zu ergänzen. von Marc Strohm Wir schreiben das Jahr 2028: Ein Patient wird mit hohem Fieber und Schüttelfrost in die Notaufnahme des Elisabeth-Krankenhauses in Mönchengladbach-Rheydt gebracht. Er klagt über Verwirrtheit und Schmerzen. Die Ärztinnen und Ärzte diagnostizieren eine Sepsis. Um diese Erkrankung optimal antibiotisch zu behandeln, benötigen die Mediziner eine rasche mikrobiologische ErregerdiaKeine Science-Fiction mehr Die Drohne „Grille“ (großes Bild) wird derzeit vom Sanitätsdienst der Bundeswehr erprobt. Im Kampfeinsatz soll sie verwundete Soldaten evakuieren und während des Fluges die Vitalzeichen des Patienten messen und ihn gegebenenfalls per Videoschalte psychologisch betreuen. Im zivilen Bereich haben Drohnen das Potenzial, insbesondere die Krankenhauslogistik zu verbessern: Die Drohne TW Neo wurde unter anderem von der RWTH Aachen entwickelt und war schon beim Transport von Hornhauttransplantaten und Antiseren im Einsatz (kleines Bild). Foto groß: AVILUS GmbH Foto klein: FH Aachen | Arnd Gottschalk
16 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 1 / 2025 Spezial gnostik. Die Blutprobe wird entnommen und muss „nur noch schnell“ ins rund 13 Kilometer entferne Labor nach Mönchengladbach-Hardt geschickt werden. Die Ärzte entscheiden sich aufgrund der Verkehrslage in diesem dringenden Fall für einen Kurierflug mittels Drohne, welche im Rahmen eines Forschungsprojektes über das Smart City Förderprogramm des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen in der Stadt Mönchengladbach gefördert wird. Das unbemannte Flugsystem, ein weißes Miniaturflugzeug mit schwarzen Rotorblättern, wartet bereits auf dem Dach des Gebäudes und muss nur noch beladen werden, der Stauraum befindet sich im Rumpf der Maschine. Die Rheydter Ärzte bestätigen die Beladung auf einem Tablet, dann hebt sich das Fluggerät surrend in den blauen Himmel. Es folgt dabei einer programmierten Route. Überwacht wird die Drohne von einem PiloBis die Drohne jedoch vom Krankenhausdach starten und dann zum Labor fliegen darf, muss bei der zuständigen Luftfahrtbehörde ein langer Genehmigungsprozess durchlaufen werden. Ein erster Testflug für die Drohne ist im Frühjahr 2025 angesetzt. Sollte das Projekt erfolgreich verlaufen, plant Lange, nicht nur Laborproben über den Luftweg zu verschicken, sondern auch Blutkonserven über große Strecken für Operationen zu transportieren. Der Notfallmediziner hofft, dass die Drohnen bereits in den nächsten fünf Jahren für dringende Kurierflüge regelhaft eingesetzt werden können. In einem weiteren Schritt sei geplant, die Drohnen auch zur Beschaffung von Antiseren bei Vergiftungen einzusetzen. So würden beispielsweise manche Wirkstoffe gegen Knollenblätterpilzvergiftungen nur in spezialisierten Krankenhäusern vorgehalten. Durch die Drohnen sei auch hier ein schneller Transport möglich. Drohnen sind schnell und vielseitig Auch Philipp Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Flugsystemdynamik an der RWTH Aachen, sieht für Drohnen enormes Potenzial im Gesundheitswesen. Im Forschungsprojekt „EULE“ erprobt er den TW Neo, ein von der RWTH Aachen gemeinsam mit der flyXdrive entwickeltes Mini-Flugzeug, weiß mit schwarzen Rotorblättern an den Kippflügeln. Bei einer Flügelspannweite von zwei Metern sowie einer Länge von 1,4 Metern bringe das Fluggerät knapp acht Kilo auf die Waage, so Müller. Konzipiert sei es für den Transport über große Distanzen und fliege, nachdem zuvor ein Zielort festgelegt wurde, weitgehend autonom. Dabei starte der TW Neo senkrecht aus einem Roboterarm. „Tatsächlich birgt die Nutzung eines unbemannten Flugsystems in der Logistik viele Vorteile“, sagt der Drohnen-Spezialist und verweist wie die Kollegen aus Mönchengladbach auf die Unabhängigkeit von der Verkehrslage auf den Straßen. Dringend benötigte Blutkonserven, Hornhauttransplantate oder Medikamente könnten so schnell ans Ziel gebracht werden. Um sehr bald auch größere medizinische Güter wie Organe mit den dazugehörigen kontinuierlich überwachten Behältern sicher transportieren zu können, will die RWTH zukünftig auch Flugsysteme mit deutlich größeren Nutzlastfähigkeiten zum Einsatz bringen. Besonderes Augenmerk legen die Forscher an der RWTH darauf, dass das Flugsystem immer einsatzbereit ist. „Uns ist wichtig, dass wir keine Transportflüge absagen müssen, nur weil der Wind ein wenig zu stark ist oder es gerade regnet“, sagt Müller. „Damit werden unsere unbemannten Flugsysteme zuverlässige und schnelle Transportmittel und haben insbesondere auf dem Land das Potenzial die Versorgung zu verbessern.“ Zum Versand von Medizinprodukten durch Drohnen haben die Aachener Wissenschaftler eine Empfehlung erarbeitet: Diese sieht vor, dass sich Ärztinnen und Ärzte mit einem Auftrag, zum Beispiel dem Transport eines Hornhauttransplantats, an einen zentralen Service wenden können. Dieser programmiert die Flugroute und steuert die Drohne zunächst automatisiert zum KrankenLaborproben, Blutkonserven, Antiserum: Die Projektpartner Paul Philipsen, Achim Brethauer (beide Labor MVZ Dr. Stein), Kira Tillmanns (Stadt Mönchengladbach), Dr. Tim Lange, Thorsten Celary (Städtische Kliniken Mönchengladbach) und David Osten (Flughafen Mönchengladbach) versprechen sich viel vom zukünftigen Einsatz „ihrer“ Drohne (v.l.). Foto: Städtische Kliniken Mönchengladbach GmbH ten am Flughafen Mönchengladbach, der im äußersten Notfall manuell eingreifen kann. Sie überfliegt energieneutral den nachmittäglichen Stau auf den Straßen und landet innerhalb von zwanzig Minuten vor dem Labor. Was wie eine Szene aus einem Science-Fiction-Film wirkt, könnte in absehbarer Zukunft in Mönchengladbach zum Alltag werden, sagt der Intensiv- und Notfallmediziner Dr. Tim Lange. Seit vergangenem Sommer plant der Geschäftsführende Arzt am Elisabeth-Krankenhaus in Kooperation mit dem Flughafen Mönchengladbach den Einsatz von unbemannten Fluggeräten in der Krankenhauslogistik. Bisher müssen dringende Proben mit dem Taxi vom Rheydter Krankenhaus ins Labor nach Hardt gebracht werden. Häufig mühen sich die Fahrzeuge dann durch den Berufsverkehr und stehen im Stau — wertvolle Zeit geht verloren. „Ich habe regelmäßig hochkritische Fälle, bei denen ich eine sehr schnelle mikrobiologische Analyse aus dem Labor benötige, um meine Antibiotikatherapie besser steuern zu können. Die Drohnen könnten hier einen immensen Zeitgewinn verschaffen“, erklärt Lange im Gespräch mit dem Rheinischen Ärzteblatt.
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