Rheinisches Ärzteblatt 01/2025

16 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 1 / 2025 Spezial gnostik. Die Blutprobe wird entnommen und muss „nur noch schnell“ ins rund 13 Kilometer entferne Labor nach Mönchengladbach-Hardt geschickt werden. Die Ärzte entscheiden sich aufgrund der Verkehrslage in diesem dringenden Fall für einen Kurierflug mittels Drohne, welche im Rahmen eines Forschungsprojektes über das Smart City Förderprogramm des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen in der Stadt Mönchengladbach gefördert wird. Das unbemannte Flugsystem, ein weißes Miniaturflugzeug mit schwarzen Rotorblättern, wartet bereits auf dem Dach des Gebäudes und muss nur noch beladen werden, der Stauraum befindet sich im Rumpf der Maschine. Die Rheydter Ärzte bestätigen die Beladung auf einem Tablet, dann hebt sich das Fluggerät surrend in den blauen Himmel. Es folgt dabei einer programmierten Route. Überwacht wird die Drohne von einem PiloBis die Drohne jedoch vom Krankenhausdach starten und dann zum Labor fliegen darf, muss bei der zuständigen Luftfahrtbehörde ein langer Genehmigungsprozess durchlaufen werden. Ein erster Testflug für die Drohne ist im Frühjahr 2025 angesetzt. Sollte das Projekt erfolgreich verlaufen, plant Lange, nicht nur Laborproben über den Luftweg zu verschicken, sondern auch Blutkonserven über große Strecken für Operationen zu transportieren. Der Notfallmediziner hofft, dass die Drohnen bereits in den nächsten fünf Jahren für dringende Kurierflüge regelhaft eingesetzt werden können. In einem weiteren Schritt sei geplant, die Drohnen auch zur Beschaffung von Antiseren bei Vergiftungen einzusetzen. So würden beispielsweise manche Wirkstoffe gegen Knollenblätterpilzvergiftungen nur in spezialisierten Krankenhäusern vorgehalten. Durch die Drohnen sei auch hier ein schneller Transport möglich. Drohnen sind schnell und vielseitig Auch Philipp Müller, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Flugsystemdynamik an der RWTH Aachen, sieht für Drohnen enormes Potenzial im Gesundheitswesen. Im Forschungsprojekt „EULE“ erprobt er den TW Neo, ein von der RWTH Aachen gemeinsam mit der flyXdrive entwickeltes Mini-Flugzeug, weiß mit schwarzen Rotorblättern an den Kippflügeln. Bei einer Flügelspannweite von zwei Metern sowie einer Länge von 1,4 Metern bringe das Fluggerät knapp acht Kilo auf die Waage, so Müller. Konzipiert sei es für den Transport über große Distanzen und fliege, nachdem zuvor ein Zielort festgelegt wurde, weitgehend autonom. Dabei starte der TW Neo senkrecht aus einem Roboterarm. „Tatsächlich birgt die Nutzung eines unbemannten Flugsystems in der Logistik viele Vorteile“, sagt der Drohnen-Spezialist und verweist wie die Kollegen aus Mönchengladbach auf die Unabhängigkeit von der Verkehrslage auf den Straßen. Dringend benötigte Blutkonserven, Hornhauttransplantate oder Medikamente könnten so schnell ans Ziel gebracht werden. Um sehr bald auch größere medizinische Güter wie Organe mit den dazugehörigen kontinuierlich überwachten Behältern sicher transportieren zu können, will die RWTH zukünftig auch Flugsysteme mit deutlich größeren Nutzlastfähigkeiten zum Einsatz bringen. Besonderes Augenmerk legen die Forscher an der RWTH darauf, dass das Flugsystem immer einsatzbereit ist. „Uns ist wichtig, dass wir keine Transportflüge absagen müssen, nur weil der Wind ein wenig zu stark ist oder es gerade regnet“, sagt Müller. „Damit werden unsere unbemannten Flugsysteme zuverlässige und schnelle Transportmittel und haben insbesondere auf dem Land das Potenzial die Versorgung zu verbessern.“ Zum Versand von Medizinprodukten durch Drohnen haben die Aachener Wissenschaftler eine Empfehlung erarbeitet: Diese sieht vor, dass sich Ärztinnen und Ärzte mit einem Auftrag, zum Beispiel dem Transport eines Hornhauttransplantats, an einen zentralen Service wenden können. Dieser programmiert die Flugroute und steuert die Drohne zunächst automatisiert zum KrankenLaborproben, Blutkonserven, Antiserum: Die Projektpartner Paul Philipsen, Achim Brethauer (beide Labor MVZ Dr. Stein), Kira Tillmanns (Stadt Mönchengladbach), Dr. Tim Lange, Thorsten Celary (Städtische Kliniken Mönchengladbach) und David Osten (Flughafen Mönchengladbach) versprechen sich viel vom zukünftigen Einsatz „ihrer“ Drohne (v.l.). Foto: Städtische Kliniken Mönchengladbach GmbH ten am Flughafen Mönchengladbach, der im äußersten Notfall manuell eingreifen kann. Sie überfliegt energieneutral den nachmittäglichen Stau auf den Straßen und landet innerhalb von zwanzig Minuten vor dem Labor. Was wie eine Szene aus einem Science-Fiction-Film wirkt, könnte in absehbarer Zukunft in Mönchengladbach zum Alltag werden, sagt der Intensiv- und Notfallmediziner Dr. Tim Lange. Seit vergangenem Sommer plant der Geschäftsführende Arzt am Elisabeth-Krankenhaus in Kooperation mit dem Flughafen Mönchengladbach den Einsatz von unbemannten Fluggeräten in der Krankenhauslogistik. Bisher müssen dringende Proben mit dem Taxi vom Rheydter Krankenhaus ins Labor nach Hardt gebracht werden. Häufig mühen sich die Fahrzeuge dann durch den Berufsverkehr und stehen im Stau — wertvolle Zeit geht verloren. „Ich habe regelmäßig hochkritische Fälle, bei denen ich eine sehr schnelle mikrobiologische Analyse aus dem Labor benötige, um meine Antibiotikatherapie besser steuern zu können. Die Drohnen könnten hier einen immensen Zeitgewinn verschaffen“, erklärt Lange im Gespräch mit dem Rheinischen Ärzteblatt.

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