Rheinisches Ärzteblatt 01/2025

Gesundheits- und Sozialpolitik Rheinisches Ärzteblatt / Heft 1 / 2025 19 KVNO-Vertreterversammlung erweitert ambulante Förderprogramme Kein Schlingerkurs, sondern klare Linie: Die Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) machte in ihrer Sitzung am 22. November 2024 deutlich, dass sie weiter anpacken und die ambulante Versorgung mit eigenen Ideen und Konzepten zukunftssicher machen will. In ihrer letzten Sitzung für dieses Jahr beschlossen die Delegierten unter anderem ein umfangreiches Förderpaket zum Ausbau der strategischen Sicherstellung. von Christopher Schneider Notdienstreform und versprochene Entbudgetierung — nach dem Scheitern der Ampel-Koalition bleibe beides vorerst aus, ist sich Dr. Frank Bergmann in seiner Auftaktrede zur Vertreterversammlung im Düsseldorfer Haus der Ärzteschaft sicher. Letzteres ist für den KVNO-Vorstandsvorsitzenden ein besonders „fatales Signal“ für die Praxen. Gerade angesichts der aktuell herausfordernden Zeiten komme es mehr denn je auf kreativen Gestaltungswillen an – so wie er immer wieder von der KVNO und ihren VV-Delegierten gelebt werde. Anders als in den vergangenen Jahren müsse eine neue Regierung künftig viel stärker die Lösungskompetenzen der Selbstverwaltung einbeziehen. Viel habe diese bereits auf den Weg gebracht, weitere Impulse würden folgen: Mit ihren eigenen Ideen und Konzepten für eine zukunftsfeste ambulante Versorgung werde sich die KVNO zeitnah vor der Bundestagswahl positionieren, gab der Vorstand bekannt. Neues „Poolarzt-Konzept“ im Fahrdienst Die VV stimmte dem Konzept des Vorstands zu: Im Verbund mit einer zentralen Dienstplanung, angepassten Fahrdienstbezirken sowie einer neuen Sicherstellungspauschale sollen die ärztlichen Hausbesuche in Nordrhein zu den Notdienstzeiten zukünftig weitgehend mit Poolärzten (freiwillige Vertrags- und Nichtvertragsärzte) besetzt werden. „Damit entlasten wir unsere im Praxisalltag extrem eingespannten Mitglieder von Dienststunden und sorgen ebenso für eine einheitliche, verlässliche Fahrdienst-Struktur in allen Regionen des Landesteils“, so Bergmann. Innovation in der Versorgung Angesichts veränderter Anforderungen junger Mediziner an die Vereinbarkeit von Beruf und Familie braucht es laut KVNOVorstand grundsätzlich auch eine Veränderungsbereitschaft und ein Mehr an innovativen Arbeitsmodellen innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung. Hier sei vor allem die Teampraxis mit ihrer kooperativen und multiprofessionellen Arbeitsstruktur, vernetzt mit anderen Heilberufen, das Modell der Zukunft. Wesentliches Potenzial habe dabei auch das Berufsbild des „Physician Assistant“ (PA). Bergmann: „Wir wollen gezielt Praxen und PAs zusammenbringen und auch die fachliche Qualifikation der medizinischen Fachangestellten (MFA) weiter ausbauen mit dem Ziel, mehr Versorgungsverantwortung zu übernehmen und damit die ärztlichen Kolleginnen und Kollegen noch besser im Rahmen der Delegation entlasten zu können.“ Einer entsprechenden finanziellen Förderung von Praxen in Nordrhein, die PA-Studierenden praktische Einblicke in die ambulante Versorgung ermöglicht, stimmte die VV mit großer Mehrheit zu. Dem Einsatzpotenzial von PA in Haus- und Facharztpraxen wird 2025 darüber hinaus ein eigenes KVNO-Modellprojekt nachgehen, wie Bergmann in der VV ankündigte. Unterstützt werden kann künftig die Beschäftigung von Sicherstellungsassistenten in nordrheinischen Fördergebieten – etwa zur temporären Abfederung von Spitzenbelastungen oder zum Heranführen an die Niederlassung. Großes Potenzial für die ambulante Versorgung sehen VV-Delegierte und Vorstand zudem bei Haus- und Fachärzten aus Drittstaaten, die über eine vorläufige Berufserlaubnis in Deutschland verfügen: Um sie bis zur Anerkennung der Approbation zur Unterstützung der Praxen in die ambulante Versorgung zu bringen, stehen nun ebenfalls Fördermittel aus dem Strukturfonds bereit. Wichtige Weichen stellten die VV-Delegierten auch mit Blick auf anerkannte Praxisnetze in Nordrhein. Deren gelebte Innovationen und Versorgungskonzepte sollen künftig noch stärker für die ambulante Versorgung nutzbar gemacht werden. Dafür steht ein Fördermix aus Strukturfinanzierung und Versorgungsprojektförderung mit bis zu 250.000 Euro zur Verfügung. Notdienst-Strukturkosten finanzieren Nicht nur mit Blick auf den erheblich ausgebauten Förderkatalog der KVNO erneuerte der KVNO-Vorstand vehement die Forderung nach einer viel stärkeren Kosten-Beteiligung der Kassen. Dies gelte insbesondere für den Notdienst, insbesondere den Betrieb der 116 117 oder der über 85 Notdienstpraxen in Nordrhein. „Wir fordern die hundertprozentige Finanzierung der Strukturkosten durch die Krankenkassen und werden uns nicht mit einer anteiligen Beteiligung zufriedengeben“, sagte Bergmann. Dies habe die KVNO bereits unmissverständlich an die entsprechenden Stellen in Bund und Land adressiert und werde daran weiter festhalten. Der Notdienst zähle aus Sicht Eine neue Bundesregierung müsse künftig viel stärker die Lösungskompetenzen der Selbstverwaltung einbeziehen, forderte KVNO-Chef Dr. Frank Bergmann. Foto: KVNO

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