Rheinisches Ärzteblatt / Heft 1 / 2026 19 Gesundheits- und Sozialpolitik Sowohl die Politik als auch die Vertreter der Kliniken machten ihre zum Teil konträren Positionen auf dem diesjährigen Deutschen Krankenhaustag deutlich. von Jürgen Brenn „Neustart Krankenhauspolitik – Mut zur Veränderung“ lautete das Motto, das sich der diesjährige Krankenhaustag auf seine Fahnen schrieb. Zum 48. Mal trafen sich Mitte November Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und dem stationären Sektor auf dieser Plattform, die jährlich im Rahmen der Medica in Düsseldorf stattfindet. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken nahm die Gelegenheit wahr, ihre Positionen zu aktuellen Gesetzesvorhaben ihres Hauses zu erläutern und um Unterstützung zu werben. Besonders eindringlich erläuterte sie das Sparpaket zur Stabilisierung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), das in der gleichen Woche im Bundesrat diskutiert und von den Bundesländern in den Vermittlungsausschuss geschickt wurde. Hauptkritikpunkt: 1,8 Milliarden von insgesamt zwei Milliarden Euro, die eingespart werden sollen, würden nach den Plänen der Bundesregierung von den Krankenhäusern zu tragen sein. „Stabile GKV-Beiträge sind das übergeordnete Ziel“, sagte Warken und verwies auf zusätzliche Milliarden, die den Kliniken zur Verfügung gestellt würden. Für kommendes Jahr waren insgesamt zehn Milliarden Euro an Zuschüssen geplant, nun würden den Klinken knapp zwei Milliarden Euro über das Aussetzen der Meistbegünstigungsklausel weniger zufließen. Auch verwies die Ministerin auf vier Milliarden Euro, die den Krankenhäusern vom Bund über die SofortTransformationskosten zukämen. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann bedankte sich bei Warken für die Mittel aus dem Transformationsfond und betonte, dass es richtig sei, dass die Strukturfinanzierung aus Bundesmitteln und nicht mit dem Geld der GKV-Versicherten gestaltet werde. Wichtige regionale Perspektive Mit Blick auf das Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) stellte die Bundesgesundheitsministerin klar, dass die Versorgungsqualität weiterhin die Maxime der Krankenhausreform sein müsse. Es könne nur dort Ausnahmen geben, „wo es für die Versorgung notwendig ist“. Ein weiteres Ziel müsse sein, die Leistungen besser zu bündeln, auch wenn dies für Patientinnen und Patienten längere Wege bedeuten könnte. Warken sagte, dass damit Verbesserungen ganz im Sinne der ursprünglichen Reformziele erreicht wurden. Allerdings räumte die Ministerin ein, dass ohne Akzeptanz bei den Akteuren die Reform der Krankenhauslandschaft nicht gelingen könne. Laumann sagte, dass die Krankenhausplanung nicht von Berlin aus gesteuert werden könne. Die regionale Perspektive sei wichtig. Er verwies auf den in Nordrhein-Westfalen bereits laufenden Umstrukturierungsprozess der Krankenhauslandschaft. „Im KHAG steckt viel NRW drin“, stellte der Landesminister fest und verwies auf die kooperative Erarbeitung der NRWKrankenhausreform mit den Vertreterinnen und Vertretern der Leistungserbringer und Leistungsträger. „Die Definition der Leistungsgruppen hätten wir ohne die Ärztekammern nicht hingekriegt“, so der Minister. Ernüchterung bei den Klinken Zwar betonte auch Warken ihre Bereitschaft, mit den Akteuren im Gesundheitswesen, aber auch mit den Bundesländern im Dialog zu bleiben. „Politik funktioniert nicht ohne Kommunikation, vor allem dann, wenn man nicht einer Meinung ist“, sagte Warken. Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und Kongresspräsident, sprach von Ernüchterung, was das Miteinander zwischen Bundes- und Landespolitik sowie den Kliniken betrifft. Bei der Erarbeitung des KHAG habe kaum ein Dialog stattgefunden und die dort gefundenen Kompromisse seien allein zwischen Bund und Ländern ausgehandelt worden. „Die Krankenhäuser sitzen zwischen den Stühlen.“ Mit Blick auf die Einsparpläne kritisierte Gaß: „Vier Milliarden Euro wurden uns versprochen, jetzt wird uns die Hälfte wieder genommen. Dies ist das Gegenteil von Verlässlichkeit.“ Beim KHAG vermisse er die Korrektur der „zentralen, ideologisch geprägten Fehlsteuerungen des Lauterbach-Gesetzes.“ Wartelisten drohen Beispielsweise werde die neue Logik der Vorhaltefinanzierung, die um ein Jahr nach hinten verschoben und mit Fallzahlen verknüpft werden soll, dazu führen, dass Wartelisten entstehen, Insolvenzen zunehmen und die Patientenversorgung leiden werde, so Gaß. Er forderte zudem, sich bei den bundeseinheitlichen Leistungsgruppen, die grundsätzlich richtig seien, am „NRW-Modell“ zu orientieren, das ohne Mindestvorhaltezahlen und ohne die Verknüpfung mit der Vorhaltefinanzierung auskomme. Auch kritisierte der Krankenhausvertreter eine „überbordende Regulierung und die daraus resultierenden ausufernden Prüfungen des Medizinischen Dienstes.“ Sein Resümee: Das KHAG in seiner jetzigen Form „ist fachlich nicht nachvollziehbar und gesundheitspolitisch fahrlässig.“ Neustart Krankenhauspolitik? Bundesgesundheitsministerin Nina Warken warb auf dem 48. Deutschen Krankenhaustag in Düsseldorf eindringlich für ihr Sparpaket zur Konsolidierung der Kassenfinanzen. Wenige Tage später schickte der Bundesrat den Gesetzentwurf in den Vermittlungsausschuss. Vor allem die Einsparungen bei den Kliniken waren den Ländern ein Dorn im Auge. Foto: Deutsche Krankenhausgesellschaft
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