Thema 12 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 2 / 2025 Die Coronapandemie, die Flutkatastrophe an der Ahr, der Ukraine-Krieg: Für den Sachverständigenrat (SVR) Gesundheit und Pflege waren diese Ereignisse Anlass, die Krisenfestigkeit des Gesundheitssystems näher zu untersuchen. Das ernüchternde Fazit: „Aus den aktuellen Krisen wurden bislang nicht die notwendigen Schlüsse gezogen“, erklärte Ende Januar 2023 der damalige SVR-Vorsitzende Professor Dr. Ferdinand Gerlach bei der Vorstellung des Gutachtens mit dem Titel „Resilienz im Gesundheitswesen. Wege zur Bewältigung künftiger Krisen“. „Die bisherige Selbstwahrnehmung, dass in Deutschland alles gut organisiert ist und wir angesichts eines ausdifferenzierten Rettungs- und Gesundheitssystems bestens auch auf unvorhergesehene Entwicklungen vorbereitet sind, war und ist trügerisch“, warnte Gerlach damals. Das System sei ein „behäbiges Schönwettersystem“, das unter unzulänglicher Digitalisierung leide und zwischen Bund, Ländern und Kommunen unzureichend koordiniert sei. Nicht nur das Gesundheitssystem, das ganze Land müsse dringend krisenresistenter und strukturell widerstandsfähiger, also resilienter werden, so der SVR. An den gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen hat sich seither nichts Grundlegendes geändert. Während jedoch der SVR den Fokus seiner Untersuchung noch auf die Folgen des Klimawandels und die Coronapandemie legte, rücken seit Neuestem in Gutachten, Podiumsdiskussionen und Expertenforen die Auswirkungen von militärischen Konflikten, Cyberattacken oder Terroranschlägen auf die Gesundheitssicherheit (siehe Kasten) in den Mittelpunkt. Die jüngste Veröffentlichung mit dem Titel „Resilienz und Gesundheitssicherheit im Krisen- und Bündnisfall“ stammt vom „Expertenrat Gesundheit und Resilienz“ im Bundeskanzleramt, dem Nachfolgegremium des Corona-Expertenrats. Der Rat geht dabei in seiner Stellungnahme aus dem Dezember 2024 von der Prämisse aus, dass einem robust aufgestellten und resilienten Gesundheitssystem und Gesundheitlichen Bevölkerungsschutz in Krisen und Kriegen eine herausragende und stabilisierende Rolle zukommt. Cyberangriffe auf Kliniken Die Analyse basiert auf der Annahme, dass angesichts der aktuellen sicherheitspolitischen Lage militärische Konflikte für Deutschland und Europa nicht mehr ausgeschlossen werden können. Das hat man so zuletzt in Zeiten des Kalten Krieges gehört. Durch seine NATO-Mitgliedschaft werde Deutschland zum potenziellen Angriffsziel, so der Expertenrat, wobei verschiedene Eskalationsstufen vorstellbar seien. Schon jetzt sei die kritische Infrastruktur des Landes, zu der auch die Krankenhäuser zählen, Ziel von Cyberangriffen. Es bestehe zudem das Risiko von Sabotageakten gegen die Strom-, Wasser- und IT-Infrastruktur sowie Industrieanlagen, die alle das Potenzial haben, die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung zu beeinträchtigen, schreibt der Expertenrat. Foto: gpointstudio / istockphoto.com Nur bedingt krisenfest Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine im Februar 2022 hat eine Zeitenwende in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik eingeläutet. Auch das Gesundheitssystem müsse sich besser rüsten für Katastrophen, Krisen und Krieg. Noch sei es ein „behäbiges Schönwettersystem“, das unter unzulänglicher Digitalisierung und Fragmentierung leide, meint etwa der Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege. von Heike Korzilius
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