Rheinisches Ärzteblatt 02/2025

Rheinisches Ärzteblatt / Heft 2 / 2025 3 Heft 2 • Februar 2025 Gesundheitsversorgung muss Priorität bekommen Ende Februar wird in Deutschland nach dem vorzeitigen Ampel-Aus eine neue Regierung gewählt. Ein Anfang in schwierigen Zeiten, auch weil die Regierungsbildung und die dazu nötigen Kompromisse den zukünftigen Regierungsparteien einiges abverlangen werden. Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag des AOK Bundesverbandes sehen 48 Prozent der Befragten in der Gesundheitsversorgung und bei der Pflege zukünftig den größten politischen Handlungsbedarf in Deutschland, noch vor Themen wie Wirtschaft oder Innere Sicherheit. Gleichzeitig gaben 61 Prozent der Menschen in der Umfrage, die Ende Dezember 2024 durchgeführt wurde, an, dass sie über die gesundheitspolitischen Vorhaben der Parteien im Bundestag „nicht so genau Bescheid“ wissen. Das ist bedenklich und ein gewichtiger Grund, jetzt von den Parteien eine Priorisierung des Themas „Gesundheit“ zu fordern und es auf der politischen Agenda nach oben zu heben. Wir erwarten von einer kommenden Regierung ein klares Bekenntnis zum Erhalt und zur Stärkung der ärztlichen Freiberuflichkeit, die Grundlage für ein vertrauensvolles ArztPatienten-Verhältnis ist. Die Alternativen zur ärztlichen Freiberuflichkeit sind Staatsmedizin oder die uneingeschränkte Kommerzialisierung der Gesundheitsversorgung. Beides ist bislang in Deutschland politisch nicht gewollt. Die berufliche Selbstverwaltung als freiheitliches und demokratisch legitimiertes Organisationsprinzip der Ärztinnen und Ärzte ist untrennbar mit der ärztlichen Freiberuflichkeit verbunden. Ärztekammern sind keine Lobbyorganisationen, sondern dienen dem Gemeinwohl, indem sie im staatlichen Auftrag über die Regeln der Berufsausübung und der Weiterbildung entscheiden und über die Einhaltung ärztlicher und ethischer Standards wachen. Die Ärzteschaft sollte mit ihrem Expertenwissen daher stärker als bisher in politische und gesetzgeberische Prozesse eingebunden werden. Um die gesundheitliche und pflegerische Versorgung auch in Zukunft zu sichern, müssen wir mehr zur Nachwuchsförderung tun. Wenn man den Prognosen glaubt, werden in Deutschland in 20 Jahren 40.000 bis 50.000 Ärztinnen und Ärzte weniger für die Patientenversorgung zur Verfügung stehen. Um hier gegenzusteuern, muss die Zahl der Medizinstudienplätze substanziell erhöht werden. Außerdem muss die längst überfällige Novelle der ärztlichen Approbationsordnung endlich in Kraft gesetzt werden. Die vom Bundestag im Oktober 2024 verabschiedete Krankenhausreform ist noch nicht geeignet, die drängenden finanziellen Probleme der Krankenhäuser in Deutschland zu lösen. Insbesondere die im Krankenhausversorgungsstärkungsgesetz vorgesehenen Regelungen für eine Vorhaltevergütung müssen dringend nachgebessert werden. Eine Reform der Notfallversorgung muss 2025 kommen, denn sie sollte idealerweise Hand in Hand mit der Krankenhausreform gehen. Nach wie vor verstopfen Patienten mit Bagatellerkrankungen Notdienstpraxen und Notaufnahmen. Diese Fehlinanspruchnahme ist nicht nur teuer, sondern auch belastend für Patienten und medizinisches Personal gleichermaßen. Gegensteuern kann man hier mit klaren und vernetzten Behandlungspfaden, darüber herrscht politische Einigkeit. Was für die Notfallversorgung gilt, trifft auch auf die allgemeine Versorgung zu. Um Fehlnutzung und Doppeluntersuchungen zu vermeiden, müssen Behandlungspfade klug koordiniert werden. Patientinnen und Patienten sollten sich freiwillig für ein Primärarztmodell entscheiden können, in dem vorzugsweise Hausärztinnen und Hausärzte die ersten Ansprechpartner bei Gesundheitsbeschwerden sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe an dieser Stelle einige wenige Maßnahmen beispielhaft aufgeführt, die zügig aufgrund bestehender Vorarbeiten umgesetzt werden könnten. Weitere Forderungen der Ärztekammer Nordrhein zur Sicherung der gesundheitlichen Versorgung lesen Sie auf unserer Homepage. Dr. Sven Dreyer, Präsident der Ärztekammer Nordrhein Foto: Jochen Rolfes

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