Mein Beruf Rheinisches Ärzteblatt / Heft 2 / 2025 47 Möglichkeit, Diagnostik direkt im Isolationsbereich durchführen zu können. Die tatsächliche Inanspruchnahme dieser Stationen ist in Deutschland zum Glück sehr selten. Das ist in Äthiopien natürlich anders. Was wir als seltene Tropenkrankheit bezeichnen, ist hier Alltag. Die Infektiologie ist hier auch kein spezifisches Fachgebiet, sondern gehört zur Inneren oder Allgemeinmedizin. Im Moment haben wir in Äthiopien sehr hohe Malariazahlen und eine leider konstant sehr hohe Rate an HIV-Patienten. Parasitäre Erkrankungen und verschiedene Formen der Hepatitis kommen auch wesentlich häufiger vor als in Deutschland. : Gibt es einen Fall, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist? Rabl: Vor einiger Zeit wurde in der Notaufnahme des St. Paul's Hospital Millennium Medical College eine dreißigjährige Patientin eingeliefert. Sie hatte zu dem Zeitpunkt bereits eine neurologische Symptomatik und Vigilanzminderung. Sie war zuvor in einem Krankhaus auf dem Land gegen Malaria behandelt worden. Weil ihr Zustand sich jedoch verschlechterte, kam sie zu uns. Sie wäre unmittelbar intubationspflichtig gewesen. Aufgrund von Ressourcen- und Personalmangel verzögerte sich die künstliche Beatmung aber um 24 Stunden. Als sie mit dem Verdacht auf Sepsis mit pulmonalem Fokus zu mir auf die Intensivstation kam, war sie bereits nicht mehr ansprechbar. Wir konnten keine Sepsis nachweisen und diagnostizierten stattdessen eine Zerebrale Malaria. Eine therapeutische Intervention war dann aber leider nicht mehr erfolgreich. Was mir dieser Fall besonders vor Augen geführt hat, ist die Tatsache, dass die Kolleginnen und Kollegen hier vor Ort zwar tropenmedizinisch sehr erfahren sind und in der Praxis viel routinierter als wir. Die Rahmenbedingungen lassen eine adäquate Behandlung allerdings oft nicht zu. : Sehen Sie denn auch Verbesserungspotenzial an Ihrer Arbeit in Deutschland? Rabl: Wir haben es versäumt, unser Gesundheitssystem umfassend zu modernisieren. Insbesondere die negativen Folgen der schleppend verlaufenden Digitalisierung spürt man in den Kliniken. Was mich auch stört, ist, dass sich der Fokus immer mehr weg von den Patienten hin zur Dokumentation verlagert. Dadurch bleibt deutlich weniger Zeit für die direkte Betreuung der Patienten. Das Interview führte Vassiliki Temme Denise Rabl, angehende Tropenmedizinerin „Für uns seltene Tropenkrankheiten sind in Äthiopien Alltag“ Job, Beruf, Berufung? – An dieser Stelle berichten junge Ärztinnen und Ärzte über ihren Weg in den Beruf, darüber, was sie antreibt und warum sie – trotz mancher Widrigkeiten – gerne Ärztinnen und Ärzte sind. : Frau Rabl, wie sind Sie zur Tropenmedizin gekommen? Rabl: Ich hatte bereits während des Studiums großes Interesse an der Tropenmedizin, habe entsprechend auch das Wahlfach belegt. Mein Praktisches Jahr konnte ich in der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie des Universitätsklinikums Düsseldorf machen, in der auch die Tropen- und Reisemedizinische Ambulanz sowie das Tropenmedizinische Labor angesiedelt sind. In der Klinik absolviere ich seit September 2023 auch meine Weiterbildung. Bei der Wahl meiner Weiterbildungsstätte war mir der Standort sehr wichtig. Es gibt in Deutschland nur wenige Kliniken mit tropenmedizinischem Schwerpunkt, wie in Düsseldorf. Hinzu kommt der internationale Flughafen der Stadt, der einem praxisnahe Erfahrungen ermöglicht. : Wo liegen aktuell Ihre Arbeitsschwerpunkte? Rabl: Ich verbringe aktuell das sogenannte Tropenjahr am Hirsch Institut für Tropenmedizin in Asella, Äthiopien. Es wurde 2013 gegründet und ist quasi Außenstelle der Klinik in Düsseldorf. Dort arbeiten Ärztinnen und Ärzte sowie Naturwissenschaftler eng in der medizinischen Forschung und bei der Ausbildung vor Ort zusammen. Zu meinen Aufgaben gehört neben der Koordination des Instituts und der zahlreichen Forschungsprojekte auch die klinische Tätigkeit. Zum einen hier am Asella Teaching Hospital, welches zum Institut gehört, und am St. Paul’s Hospital Millennium Medical College in Addis Abeba. : Was ist anders an der Arbeit in Äthiopien? Rabl: In Düsseldorf sind die meisten Patientinnen und Patienten Reiserückkehrer, die wir ganz überwiegend ambulant versorgen können. An die Tropenmedizinische Ambulanz ist ein spezialisiertes Labor angebunden, um die notwendige Diagnostik Foto: Universitätsklinikum Düsseldorf Denise Rabl wurde 1997 in Wien geboren. Sie studierte Medizin an der HeinrichHeine-Universität in Düsseldorf. Rabl absolvierte ihr Praktisches Jahr zunächst in der Inneren Medizin und der Gynäkologie und wechselte dann an die Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie am Universitätsklinikum Düsseldorf. Aktuell absolviert sie ihr „Tropenjahr“ in Äthiopien. vornehmen zu können. Für die kleine Zahl an Patienten, die hochinfektiös sind und stationär aufgenommen werden müssen, hält die Uniklinik eine Sonderisolierstation vor. Sie bietet ein Setting, dass es uns erlaubt, das Übertragungsrisiko so gering wie möglich zu halten. Dazu gehören ein besonderes Unterdrucksystem, Filteranlagen und die Das Wissen ist da, aber die Rahmenbedingungen in Äthiopien lassen eine adäquate Behandlung oft nicht zu.
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