Rheinisches Ärzteblatt / Heft 3 / 2025 3 Heft 3 • März 2025 Gesundheit braucht Zusammenhalt Wenn Sie dieses Editorial lesen, dann hat Deutschland bereits gewählt. Da der Wahltag weit hinter unserem Redaktionsschluss liegt, können wir hier zu einer künftigen Regierungskoalition keine Stellung nehmen. Rückblickend haben wir einen Wahlkampf erlebt, in dem es leider sehr wenig um eine nachhaltige Gesundheitsversorgung, aber sehr viel um illegale Migration ging. Schlagworte, wie Remigration oder Massenabschiebungen wurden populistisch in die Debatte zu dem Thema eingebracht und haben in Folge zu einer Verunsicherung unserer ausländischen Kolleginnen und Kollegen geführt. Es sind Kolleginnen und Kollegen, die wir in unser Land geholt haben, um unsere Patientenversorgung zu sichern. Es sind Kolleginnen und Kollegen, Pflegekräfte und Medizinische Fachangestellte, die ihre Aufgabe – ganz unabhängig von ihrer Herkunft – darin sehen, anderen Menschen in Not zu helfen, sie zu heilen und für sie zu sorgen. Dafür verdienen sie Dankbarkeit und Respekt. Doch stattdessen erleben sie zunehmend rassistische Übergriffe und Anfeindungen in ihrem Alltag, sie fühlen sich ausgegrenzt und, schlimmer noch, sie haben Angst. Nicht wenige von ihnen denken darüber nach, in einem anderen europäischen Land tätig zu werden. Wir finden diese Entwicklung besorgniserregend und wollen solchen Bedrohungen mit Null-Toleranz begegnen. Die Ärztekammer Nordrhein beteiligt sich daher an der gemeinsamen Kampagne des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales in NRW mit einer Vielzahl von Akteuren aus dem Gesundheitswesen, unter dem Motto: „RassismusHilftKeinBisschen – Wir schon!“. Gleichzeitig haben wir uns gemeinsam mit der Ärztekammer-Westfalen-Lippe und der Pflegekammer NRW im Vorfeld der Wahl gegen Ausgrenzung und Diskriminierung im Gesundheitswesen positioniert. Wir sind überzeugt: Gesundheit braucht Zusammenhalt. Für uns Ärztinnen und Ärzte ist die Gleichbehandlung aller Patienten – unabhängig von Aussehen, Herkunft und dem individuellen Lebensentwurf – fest im ärztlichen Berufsethos verankert. Unsere Patientenversorgung lebt von Respekt, interkultureller Kompetenz und Teamwork. Wir Akteure im Gesundheitswesen sind Teil eines sozialen Gefüges. Sozialer Zusammenhalt gilt als Wert an sich und als wichtige Voraussetzung für die Gesundheit und die Lebensqualität jedes Einzelnen in unserer Gesellschaft. Wir wissen, dass Ausgrenzung, Isolation und Einsamkeit direkte Gesundheitsrisiken darstellen. Deshalb wehren wir uns gemeinsam gegen politische Strömungen jeder Art, die unser gesellschaftliches Miteinander und die Solidarität gegenüber den Schwächsten untergraben. Der Wahlkampf ist nun vorüber und die demokratischen Parteien können damit starten, eine Politik für Alle zu machen. Wir brauchen den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen. Schon im Wahlkampf ist deutlich geworden, dass die Überwindung der Investitions- und Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft für die kommende Regierungsarbeit einen Schwerpunkt bilden wird. Dennoch erwarten wir, dass nötige Reformen in unserem Gesundheitswesen nicht aus dem Fokus verschwinden. Denn ein starkes Gesundheitssystem ist wichtig für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung einer Gesellschaft und für deren Gesundheitssicherheit. Kernaufgaben werden dabei die Stabilisierung der GKV-Finanzen und der Pflegeversicherung ohne Qualitätseinbußen bei der Versorgung und die Entwicklung eines neuen Konzepts für die Gesundheit mit einem besonderen Schwerpunkt auf der Erhaltung von Gesundheit und Lebensqualität sein. Mutige Reformen sind dafür nötig, bei deren Ausgestaltung wir unsere Expertise gerne einbringen. Dr. Sven Dreyer, Präsident der Ärztekammer Nordrhein Foto: Jochen Rolfes
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