Thema 14 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 4 / 2023 nicht nur Deutschland, sondern er trifft fast ganz Europa und zwar in nahezu allen Branchen“, sagte Henke. Darauf müsse sich die Gesundheitspolitik einstellen und die Arbeitsbedingungen endlich so gestalten, dass es Gesundheitsfachkräften möglich sei, motiviert bis zur Rente und in Vollzeit in ihrem Beruf zu arbeiten. Bessere Personalplanung in Kliniken Einen Lösungsansatz biete hier ein von der Bundesärztekammer neu entwickeltes Kalkulationssystem, das als Grundlage für eine bessere Personalplanung in den Krankenhäusern dienen könne. „Dabei geht es explizit nicht um Mindestvorgaben, sondern um eine valide Berechnung für eine patienten- und aufgabengerechte ärztliche Personalausstattung“, betonte Henke. Nur mit einer angemessenen Personaldecke könnten die Krankenhäuser bei zunehmendem Fachkräftemangel mit den anderen Arbeitsmöglichkeiten für Ärztinnen und Ärzte konkurrieren. Kritisch äußerte sich der Kammerpräsident zur Abwerbung qualifizierten Personals aus dem Ausland, um dem Personalmangel zu begegnen. Das wirke sich oft negativ auf die medizinische Versorgung in den Herkunftsländern aus. „Wir müssen alles dafür tun, unseren Nachwuchs selbst und vor allem gut auszubilden“, sagte Henke. „Wir brauchen daher bundesweit mehr Studienplätze und endlich Finanzierungslösungen dafür, wie wir die Neuregelung der ärztlichen Ausbildung auf den Platz bringen.“ Das Bundesgesundheitsministerium habe für das Frühjahr 2023 eine neue Approbationsordnung angekündigt. Man dürfe gespannt sein, was dann von „Medizinische Entscheidungen sind nicht immun gegen ökonomische Erwägungen. Das sollten wir bei der Krankenhausplanung im Hinterkopf behalten.“ Bernd Zimmer, Vizepräsident der Ärztekammer Nordrhein Foto: Jochen Rolfes dem ursprünglichen Masterplan Medizinstudium 2020 übrigbleiben werde. Angesichts des Fachkräftemangels müssen nach Ansicht von Henke die Gesundheitsberufe neue Kooperationen eingehen und neue Formen der Arbeitsteilung finden. Er sehe hier vor allem Potenzial bei den Medizinischen Fachangestellten und den Physician Assistants, sagte der Kammerpräsident. Richtig eingesetzt könnten auch digitale Technologien einen wesentlichen Beitrag zur Entlastung des Personals leisten und die Versorgungsqualität verbessern. „Bislang mussten wir leider feststellen, dass digitale Technologien ganz überwiegend zur Administration eingesetzt wurden, aber keinen wirklichen Benefit für die Patientenversorgung gebracht haben“, kritisierte Henke. Mit Blick auf die für Ende 2024 angekündigte flächendeckende Einführung der elektronischen Patientenakte mahnte die Kammerversammlung in einem Beschluss an, dass in jedem Fall die Datensicherheit und die informationelle Selbstbestimmung der Patienten gewährleistet sein müssten. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und der geplanten Reformen der Krankenhausplanung und -finanzierung nahm die Kammerversammlung auch die Notfallversorgung in den Blick. Man unterstütze die Regierungskommission für die Krankenhausreform nordrhein-westfälische Landesregierung habe die geplante Krankenhausstrukturreform mit 2,5 Milliarden Euro hinterlegt. „Auch das spricht für eine breite Akzeptanz“, so Laumann. Gemeinsam mit Bayern und Schleswig-Holstein hat das Land zudem angekündigt, die Krankenhaus-Reformpläne des Bundes auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen zu lassen. Mit Blick auf die umstrittene Pressekonferenz von Bundesgesundheitsminister Lauterbach in Düsseldorf sagte er: „Wir haben beide Interesse an einer guten Krankenhausreform. Die wird nicht an persönlichen Eitelkeiten scheitern.“ Lauterbach selbst war beim Krankenhausgipfel um Ausgleich bemüht. Er stelle die Planungshoheit der Länder nicht infrage, betonte er. Die Reformen in Niedersachsen und NRW seien wichtige Bausteine, auf denen man aufbauen wolle. Zukunftsthema Fachkräftemangel Bei der Kammerversammlung war neben der Krankenhausreform der Fachkräftemangel ein weiteres Schwerpunktthema. In seinem Bericht zur Lage zitier- te Kammerpräsident Rudolf Henke eine Studie der Unternehmensberatung PwC, wonach im Jahr 2035 im deutschen Gesundheitswesen fast 1,8 Millionen offene Stellen wegen des Mangels an qualifiziertem Personal voraussichtlich nicht mehr besetzt werden können. Das entspreche einem Stellenengpass von 35 Prozent, so Henke. Zum Vergleich beziffere PwC den aktuellen Engpass mit 6,8 Prozent. Es gehöre nicht viel Fantasie dazu, sich auszumalen, welche Folgen das für die Patientenversorgung in einer Gesellschaft des langen Lebens mit immer mehr älteren und multimorbiden Menschen haben werde. Zumal der demografische Wandel auch an den Angehörigen der Gesundheitsberufe nicht vorbeigehe. Dazu komme der anhaltende Trend zur Teilzeitbeschäftigung – auch im ambulanten Bereich. „Ganz klar ist, dass der Fachkräftemangel das Problem der Zukunft sein wird, denn er trifft
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