Rheinisches Ärzteblatt 4/2023

Rheinisches Ärzteblatt / Heft 4 /2023 27 Körperliche oder auch geistige Selbstoptimierung sei nicht neu, aber sie werde immer mehr zum gesellschaftlichen Thema und gewinne an breiterer Akzeptanz und Normalität, gerade in der jüngeren Generation, betonte auch der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke. Er sprach zum Auftakt des Symposiums „Update Ethik: Selbstoptimierung – Ethische und juristische Implikationen“, das die Kammer Anfang Februar online veranstaltete. Die Folge sei eine zunehmende Anzahl an entsprechenden Behandlungen und Operatiodie Ärzteschaft klargestellt, dass nicht jeder Arzt alles machen dürfe. „Das sollten alle Kolleginnen und Kollegen beherzigen, die sich diesen lukrativen Markt erschließen wollen“, erklärte Zimmer. Als Weiterbildungsqualifikationen mit Inhalten, die auch in der „Schönheitschirurgie“ zur Anwendung kommen, zählte er die Gebietsbezeichnungen plastische, rekonstruktive und ästhetische Chirurgie, Chirurgie mit dem Teilgebiet plastische Chirurgie, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde oder Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie mit der Zusatzbezeichnung plastiForum Brustvergrößerung, Faltenbehandlung, Fettabsaugen, Psychopharmaka zur Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit – die Methoden der Selbstoptimierung sind vielfältig und noch nie zuvor hat es so viele Frauen und Männer gegeben, die danach streben, in jeder Lebenslage „das Beste“ aus sich herauszuholen. Entsprechend steigt die Nachfrage bei Schönheitsoperationen und anderen ästhetischen Eingriffen. Für Ärztinnen und Ärzte stellt sich zunehmend die Frage, was medizinethisch und berufsrechtlich noch vertretbar ist. von Heike Korzilius Aussehen wie Barbie und Ken oder wie der Eidechsenmann mit gefeilten Zähnen, gespaltener Zunge und tätowierten grünen Hautschuppen im Gesicht? Das sind sicherlich extreme Beispiele dafür, wie weit Menschen (und deren Ärztinnen und Ärzte) bereit sind zu gehen, um sich individuellen oder gesellschaftlichen Idealbildern anzunähern. Doch auch der Trend, sich weniger drastischen ästhetisch-plastischen Eingriffen zu unterziehen, um Körperkonturen zu verschlanken oder zu straffen und Gesichter zu modellieren und von Falten zu befreien, nimmt bei Frauen und Männern zu. So ist die Gesamtzahl der ästhetischen Eingriffe, die die 121 Mitglieder der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄP) 2021 vorgenommen haben, im Vergleich zum Vorjahr um rund 15 Prozent gestiegen, von 81.516 auf 93.853. Der Verband führt diese Entwicklung unter anderem auf die Lockdowns infolge der Coronapandemie zurück. Inzwischen äußerten viele Patientinnen und Patienten den Wunsch, wieder so auszusehen wie vor Corona, heißt es dort. Spitzenreiter in der aktuellen Behandlungsstatistik der VDÄP sind Behandlungen im Gesicht mit Faltenunterspritzungen mit Botulinumtoxin (27.018 Eingriffe) sowie Behandlungen mit Hyaluron und Fillern (21.574 Eingriffe). An dritter Stelle stehen Fettabsaugungen (6.665 Eingriffe), gefolgt von Lippenkorrekturen (5.188 Eingriffe) und Brustvergrößerungen (4.759). Herausforderungen der Wunschmedizin „Normal ist nicht optimal“: Die Zahl der Schönheitsoperationen ohne medizinische Indikation steigt. Foto: Ivan-balvan/istockphoto.com nen, die ohne medizinische Notwendigkeit vorgenommen würden. „Das kann zu einer gewissen Bagatellisierung führen, wenn etwa Eltern ihren Kindern Konturkorrekturen zum 16. Geburtstag schenken“, warnte Henke und forderte Ärztinnen und Ärzte auf, gerade bei medizinisch nicht indizierten Eingriffen Patienten besonders umfassend über die Risiken aufzuklären. Nicht jeder Arzt darf alles machen An die ärztliche Ethik und die berufsrechtliche Verantwortung der Kolleginnen und Kollegen appellierte Bernd Zimmer, Vizepräsident der Ärztekammer Nordrhein. Es stelle sich die Frage, ob das alles ärztlich sei, was an Schönheitsoperationen und ästhetischen Behandlungen angeboten werde. Mit ihrer Weiterbildungsordnung habe sche und ästhetische Operationen, Haut- und Geschlechtskrankheiten sowie Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Die Weiterbildung biete zusammen mit der entsprechenden Berufserfahrung das Rüstzeug für die ärztliche Tätigkeit, sagte Zimmer. Das gelte auch für die Schönheitschirurgie, die als reine Wunschmedizin abzugrenzen sei von plastisch rekonstruktiven Eingriffen beispielsweise bei Verbrennungen, schweren Verletzungen oder Fehlbildungen, die eine medizinische Indikation hätten. Zimmer kritisierte zudem, dass insbesondere bei gewerblichen ästhetischen Angeboten die psychische Disposition der Patientinnen und Patienten vielfach nicht ausreichend berücksichtigt werde. Auch bei wunschmedizinischen Eingriffen oder Behandlungen müsse an oberster Stelle stehen, das Vertrauen der Patienten nicht zu

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