April 2024 Heft 4 / 28.3.2024 79. Jahrgang Körperschaft des öffentlichen Rechts Körperschaft des öffentlichen Rechts Kammerversammlung Zu viele Baustellen im Gesundheitswesen Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik Ärzteschaft warnt vor den Folgen der Cannabislegalisierung Gesetzentwurf zur Medizinforschung Mit Bundes-Ethik-Kommission droht zu viel Staatsnähe 8.400 Patienten warten auf ein Spenderorgan Online-Register soll Spendenbereitschaft befördern
KAMMERWAHLEN 2024 Einmischen Mitmachen Zeichen setzen www.aekno.de/aerztekammer/wahlen2024 Kammerwahlen@aekno.de 0211 4302-2110, -2140 Briefwahl: 24. Mai bis 28. Juni Ihre Stimme zählt.
Rheinisches Ärzteblatt / Heft 4 / 2024 3 Heft 4 • April 2024 Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein Foto: Jochen Rolfes Die Not der Notaufnahmen Aktuellen Berichten zufolge hat die Zahl der gewalttätigen Übergriffe durch Patienten oder deren Angehörige gegenüber Ärzten und Pflegepersonal an deutschen Krankenhäusern und in Notfallpraxen in den letzten Jahren deutlich zugenommen. In einer Studie des Deutschen Krankenhausinstituts gaben 75 Prozent der befragten Krankenhäuser an, dass es in ihren Notfallambulanzen in den letzten Jahren zu Gewaltanwendung kam. Die Kliniken rüsten mit Sicherheitspersonal auf und für die Belegschaften werden Deeskalationskurse angeboten. Doch das allein kann nicht die Lösung sein. Seit nunmehr sieben Jahren diskutieren wir in Deutschland über eine Reform der Notfallversorgung. Nach wie vor klagen die Krankenhäuser über eine Fehlinanspruchnahme der Notaufnahmen zum Beispiel durch Menschen, die mit dem deutschen Gesundheitssystem nicht vertraut oder denen die Wartezeiten auf einen Termin in der Arztpraxis zu lang sind. Jetzt hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach Eckpunkte für eine Reform vorgelegt. Das Ziel: Der ärztliche Notdienst, die Notaufnahmen der Krankenhäuser und der Rettungsdienst sollen besser miteinander verzahnt werden, damit die Patienten dort behandelt werden, wo es ihre Erkrankung erfordert. Zentrale Punkte der Reform sind eine digitale Vernetzung der Terminservicestellen mit den Rettungsleitstellen, abgestimmte Ersteinschätzungssysteme, sowie Integrierte Notallzentren an ausgewählten Krankenhäusern, die ebenfalls der Ersteinschätzung dienen. Damit nimmt der Bundesgesundheitsminister nicht nur eine lange überfällige Reform in Angriff, er greift auch langjährige Forderungen aus der Ärzteschaft auf. Nur durch eine verlässliche Unterstützung der Patientinnen und Patienten auf dem Weg zur Hilfe können Notaufnahmen und Rettungsdienste entlastet und kann allen Hilfesuchenden eine qualitativ hochwertige Versorgung angeboten werden. Geradezu kontraproduktiv ist es aber, wenn – wie in den Eckpunkten aus dem BMG vorgesehen – durch eine rund um die Uhr Versorgung mit telemedizinischen Leistungen und Hausbesuchen Parallelangebote zur Regel- und Notfallversorgung geschaffen werden. Solche Angebote sind weder medizinisch notwendig, noch können sie angesichts des sich verschärfenden Fachkräftemangels umgesetzt werden. Und sie senden auch das falsche Signal an die Patientinnen und Patienten: Denn nicht jedes Gesundheitsanliegen muss und kann sofort versorgt werden. Es gehört zur Ehrlichkeit zu sagen, dass uns das Personal dafür fehlt, sich um jede Bagatellerkrankung umgehend zu kümmern. Aus solchen Versprechungen droht eine Anspruchshaltung zu erwachsen, die sich, wenn sie enttäuscht wird, gegen das ohnehin schon stark belastete Personal in den Notaufnahmen und Notdienstpraxen richtet. Statt also eine unmögliche Rundumversorgung im Gesundheitswesen zu versprechen, sollte die Politik mehr Anstrengungen unternehmen, grundlegend die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung im Krankheitsfall zu stärken, inklusive einer Aufklärung über die sachgerechte Inanspruchnahme der Strukturen der Akut- und Notfallversorgung. Mehr Informationen bei gleichzeitiger Nulltoleranz gegenüber jeder Form von Gewalt gegen medizinisches Personal müsste die Strategie sein. Im April 2021 wurde eine Strafrechtsverschärfung umgesetzt: Hilfeleistende eines ärztlichen Notdienstes oder einer Notaufnahme wurden in den Paragrafenteil des Strafgesetzbuches integriert. Das ist gut, reicht aber nicht aus. Unabhängig vom Tätigkeitsort und Einsatzgebiet müssen alle Ärztinnen und Ärzte stets dem Schutz dieses Gesetzes unterliegen. Dafür wollen wir uns als Kammer gegenüber der Politik einsetzen.
Gewalt gegen Kinder und Jugendliche erkennen und richtig handeln, Teil 11 Kinderschutz im Kontext chronisch kranker Kinder/palliative Situation Mittwoch, 17. April 2024, 15:30 – 17:45 Uhr, Live Online-Seminar • Vorstellung Leitfaden DGKiM: Kinderschutz bei chronischen Erkrankungen und Behinderungen • Vernachlässigung chronisch kranker Kinder • Die Kinder im Schatten – Geschwisterkinder chronisch kranker Kinder • Kinderschutz in palliativer Situation Prof. Dr. med. Sibylle Banaschak, Dr. med. Stephanie Boßerhoff, Dr. med. Jo N. Ewert, Dr. med. Gisela Janßen, Dr. med. Grażyna Teichert Aktuelle Lipidtherapie Mittwoch, 24. April 2024, 15:30 – 17:45 Uhr, Live Online-Seminar • Klassifizierung von Fett-Stoffwechselstörungen und ihre Risikostratifizierung • Update Lipidtherapie – Ziel Risikoreduktion • Langzeittherapie, nicht medikamentöse Therapiemöglichkeiten und Patientenführung in der Praxis Prof. Dr. med. Birgit Hailer, Dr. med. Martin Klutmann, Prof. Dr. med. Dirk Müller-Wieland A ußerklinische Beatmung und Intensivpflege – Herausforderungen in der ambulanten Versorgung Mittwoch, 15. Mai 2024, 15:30 – 17:45 Uhr, Live Online-Seminar • Die G-BA-Richtlinie zur Verordnung von außerklinischer Intensivpflege • Potentialerhebung und Verordnung – Anforderungen an die Ärztinnen und Ärzte nach der AKI-Richtlinie • Beatmungsentwöhnung in Weaning-Zentren • E rfahrungen aus der Verordnung außerklinischer Intensivpflege und aus der Potentialerhebung zur Beatmungsentwöhnung oder Dekanülierung Dr. med. A. Hakim Bayarassou, Dr. med. Karlheinz Großgarten M.san., Pamela Oertmann, Dr. jur. Jennifer Pfingsten, Prof. Dr. med. Winfried J. Randerath Im Fokus: Therapie chronischer Schmerzen Mittwoch, 05. Juni 2024, 15:30 – 17:45 Uhr, Live Online-Seminar • Schmerzentstehung und Chronifizierung; Therapieansätze bei chronischen Schmerzen • Therapie des chronischen Kopfschmerzes • Schmerztherapie bei Arthrose • Schmerztherapie in der Palliativmedizin Prof. Dr. med. Dagny Holle‐Lee, Dr. med. Peter Kaup, Dr. med. Anke Mielke, Prof. Dr. med. Roman Rolke, Dr. med. Wolfgang Wille Anmeldung erforderlich: www.iqn.de/Fortbildungen des IQN Institut für Qualität im Gesundheitswesen Nordrhein Tersteegenstraße 9, 40474 Düsseldorf Tel.: +49 211 4302-2751 E-Mail: iqn@aekno.de Die Veranstaltungen sind kostenfrei und mit je 3 Fortbildungspunkten anerkannt! Internet: www.iqn.de
Rheinisches Ärzteblatt / Heft 4 / 2024 5 Cannabis legalisiert Obwohl Experten, darunter die Ärzteschaft, eindringlich vor einer Teil- Legalisierung von Cannabis gewarnt haben, hat die Ampelregierung den von ihr angestrebten „Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik“ durchgesetzt. Weniger Hürden für die Forschung Die im Entwurf eines Medizinforschungsgesetzes vorgesehene Bundes-Ethik- Kommission gefährdet die Unabhängigkeit ethischer Stellungnahmen, befürchten die Ärztekammern. Die Krankenkassen kritisieren Preisvorteile für die Pharmaindustrie. Heft 4 • April 2024 Meinung Die Not der Notaufnahmen Seite 3 Magazin Seiten 6 bis 10 Sanitätsdienst droht Verlust der Eigenständigkeit · Vor 50 Jahren · Kammerwahlen 2024: Versendung von Wahlwerbung · Investoren: Patientenwohl geht vor Profit · Tarifeinigung: Medizinische Fachangestellte erhalten mehr Gehalt · Kammer Online · Weiterbildung: Ärztekammer beantwortet Fragen – auch Online · Trauer um Dr. Jan Leidel · Studium und Berufseinstieg Thema Zu viele Baustellen Seite 12 Spezial Cannabis legalisiert Seite 18 Gesundheits- und Sozialpolitik Medizinforschungsgesetz: Geschenk für die Pharmaindustrie? Seite 22 Online-Register soll Organspende befördern Seite 23 Start der ePA muss im Sinne der Praxen erfolgen Seite 24 Praxis Cannabis-Vertrieb über Ärzte unzulässig – Folge 140 der Reihe „Arzt und Recht“ Seite 25 Wissenschaft und Fortbildung Fehler bei der Zirkumzision – Folge 142 der Reihe „Aus der Arbeit der Gutachterkommission“ Seite 27 76-jähiger Patient mit permanentem Vorhofflimmern und Hb-relevanten Hämoptysen unter oraler Antikoagulation – Folge 80 der Reihe „Zertifizierte Kasuistik“ Seite 29 Tagungen und Kurse Seite 32 Fortbildungsveranstaltungen der Ärztlichen Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung in Nordrhein Seite 33 RÄ Regional Seite 36 Bücher Seite 39 An Rhein und Ruhr Seite 40 Kulturspiegel Immer und immer wieder Seite 41 Amtliche Bekanntmachungen Seite 42 Amtliche Bekanntmachungen der Ärztekammer Nordrhein auf www.aekno.de Amtliche Bekanntmachungen der KV Nordrhein auf www.kvno.de Impressum Seite 42 Mein Beruf „Für den Rettungsdienst vor Ort bin ich der Telefonjoker“ Seite 51 Titelgestaltung: Eberhard Wolf Foto: Jochen Rolfes Kammerversammlung Zu viele Baustellen im Gesundheitswesen Der Stapel an Gesetzesvorhaben aus dem Bundesgesundheitsministerium türmt sich. In den meisten Fällen sei es bisher bei Ankündigungen geblieben,kritisiert der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke. Das gelte insbesondere für die wirklich großen Gesetze wie die Krankenhausfinanzierungsreform.
Magazin 6 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 4 / 2024 Bundeswehr Sanitätsdienst droht Verlust der Eigenständigkeit Medienberichten zufolge sollen im Rahmen einer geplanten Neustrukturierung der Bundeswehr der Sanitätsdienst, der für die medizinische Versorgung der Soldaten verantwortlich ist, und die Streitkräftebasis, die die gesamte Logistik der Truppe umfasst, in einem Unterstützungsbereich zusammengeführt werden. Damit sei nicht mehr gewährleistet, dass der Sanitätsdienst auch in Zukunft noch ärztlich geleitet werde, kritisierte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, bei der Kammerversammlung am 2. März in Wuppertal. Für die Beibehaltung der derzeitigen eigenständigen Strukturen sprachen sich in einem breiten Bündnis auf Bundesebene auch die Ärzte- und Zahnärzteschaft sowie der Gemeinsame Bundesausschuss, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Marburger Bund aus. Ein auf fachlich höchstem Niveau in eigenständigen Strukturen unter sanitätsfachlicher Leitung arbeitender Sanitätsdienst sei nicht nur von hohem Wert für die Aufgabenerfüllung der Bundeswehr, sondern auch von elementarer Bedeutung für die zivil-militärische Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich. Das gelte sowohl für die Bewältigung von Krisensituationen wie auch für die ärztliche Aus- und Weiterbildung, heißt es in einem gemeinsamen Brief an Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius. Der Sanitätsdienst der Bundeswehr habe in seiner derzeitigen Form „absoluten Vorbildcharakter“ in der NATO. HK Notfalldienst Das „Wuppertaler Modell“ „In Wuppertal gibt es zwei Besonderheiten: Die Schwebebahn und den ärztlichen Notfalldienst.“ So leitete der Autor, Dieter Pohl, in der Ausgabe vom 6. April 1974 des Rheinischen Ärzteblattes eine ausführliche Beschreibung des „Wuppertaler Modells“ zum ärztlichen Notfalldienst ein. „Durch dieses Modell kann der Auftrag zur Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung außerhalb der sprechstundenfreien Zeiten und rund um die Uhr nahtlos gewährleistet werden“, schrieb Pohl. Dazu gehörte auch eine Arztrufzentrale. Schon vor 50 Jahren bemühten sich die Ärzte darum, eine bundesweit einheitliche Notrufnummer für „ärztliche Hilfeleistungen“ zu bekommen. „Wie kürzlich aus Bonn verlautet, soll die Möglichkeit der Einführung einer einheitlichen Rufnummer für den Notfalldienst im Jahr 1976 Wirklichkeit werden.“ Verhandlungen mit dem Bundespostminister für eine einheitliche Rufnummer in der Bundesrepublik liefen bereits seit sechs Jahren. Die Wuppertaler Arztrufzentrale war ständig besetzt und vermittelte den Kontakt zwischen Patienten und dem „notfalldiensttuenden Arzt“. Die Ärztinnen und Ärzte im Notdienst wurden damals von einem Fahrdienst unterstützt. Per Funk beorderte die Arztrufzentrale einen Mietwagen zum Standort des Arztes, der in der Zwischenzeit per Telefon über den Notfallpatienten informiert wurde. Die Fahrbereitschaft entlastete die Ärzte bei ihren Einsätzen und verringerte die Wartezeit der Patientinnen und Patienten. „Kein Notfallpatient in Wuppertal braucht länger als zehn Minuten auf den Arztbesuch zu warten. Eine phantastische Zeit“, so der Autor. Im Bundesdurchschnitt betrug die Wartezeit damals rund 45 Minuten. bre MFA-Ausbildung Abschied vom Papier Vor dem Hintergrund des Onlinezugangsgesetzes hat die Ärztekammer Nordrhein ihr Verwaltungsprogramm für das Ausbildungswesen zur Medizinischen Fachangestellten (MFA) auf ein digitales Format umgestellt. Seit Mitte Februar können über das Portal „mfa.meineaekno. de“ nahezu alle Leistungen, online abgerufen werden. Anlässlich der Einführung des Serviceportals wurden alle Ausbildungsbetriebe und Auszubildenden per Post mit einem Passwort versorgt, mit dem sie sich in das Portal https://mfa. meineaekno.de einloggen können. Eine einmalige Registrierung dort ist notwendig. Angeschlossen an das Portal ist das kammerinterne Auszubildendenverwaltungsprogramm „TibrosBB“, mit dem die digitale Antragsbearbeitung kammerseitig erfolgt. Weitere Informationen unter www.aekno. de/mfa/mfa-portal ÄkNo Heilberufe in NRW Zeichen gegen Rechtsextremismus Die Heilberufekammern in Nordrhein-Westfalen haben sich klar gegen jede Form von Extremismus, Antisemitismus sowie Rassismus ausgesprochen. Die heilberuflich tätigen Kolleginnen und Kollegen versorgten mit ihren Teams täglich Hundertausende Menschen, unabhängig irgendwelcher ethischer oder sonstiger Zugehörigkeiten. Und ohne die Kolleginnen und Kollegen mit Migrationshintergrund würde in Apotheken, Kliniken und Praxen Notstand herrschen, heißt es in einer Erklärung. HK Der Sanitätsdienst der Bundeswehr sollte auch in Zukunft unter ärztlicher Leitung stehen. Dafür setzt sich die Ärzteschaft auf Bundes- und Landesebene ein. Foto: Huettenhoelscher/istockphoto.com
Magazin Rheinisches Ärzteblatt / Heft 4 / 2024 7 Facharztprüfungen Anmeldeschluss und Termine Der nächste zu erreichende Prüfungszeitraum zur Anerkennung von Facharztkompetenzen, Schwerpunktbezeichnungen und ZusatzWeiterbildungen bei der Ärztekammer Nordrhein ist vom 1. Juli bis 5. Juli 2024. Anmeldeschluss: Mittwoch, 8. Mai 2024 Ärztinnen und Ärzte, die zur Prüfung zugelassen sind, erhalten eine schriftliche Ladung mit dem genauen Prüfungstermin und der Uhrzeit mindestens 14 Tage vorher. www.aekno.de/Weiter bildung/Pruefungen ÄkNo Investoren Patientenwohl geht vor Profit Die Bundesärztekammer (BÄK) hat erneut an den Gesetzgeber appelliert, Patientinnen und Patienten vor Fehlentwicklungen durch den zunehmenden Einfluss privater Investoren in der ambulanten Versorgung zu schützen. Bereits vor mehr als einem Jahr habe Bundesgesundheitsminister Professor Dr. Karl Lauterbach Regulierungen für investorengetragene Medizinische Versorgungszentren (iMVZ) angekündigt. Geschehen sei seither nichts, kritisierte die BÄK. Oft verfolgten iMVZ über ein Angebot lukrativer Leistungen und hohe Leistungsmengen das Ziel, hohe Renditen für die Investoren zu erwirtschaften. Der Gesetzgeber müsse gewährleisten, dass das Patientenwohl immer Vorrang habe vor kommerziellen Interessen, forderte die BÄK. Einen Antrag mit gleicher Zielrichtung hätten auch einige Länder in den Bundesrat eingebracht. HK Kammerwahlen 2024 Versendung von Wahlwerbung Wahlwerbung gehört zu jeder demokratischen Wahl dazu. Sie ermöglicht es den Kandidatinnen und Kandidaten, die sich zur Wahl stellen, den Wählerinnen und Wählern ihre Positionen und Ziele bekannt zu machen. Das gilt auch für die Wahl zur Kammerversammlung und zu den Vorständen der Kreisstellen der Ärztekammer Nordrhein, die vom 24. Mai bis 28. Juni per Brief stattfindet. Die Wahlwerbung unterliegt dabei festen Regeln, die einen fairen Wahlkampf ermöglichen sollen. Anzeigen mit Wahlwerbung können in der Juni-Ausgabe des Rheinischen Ärzteblatts geschaltet werden, die früher als gewöhnlich bereits am 24. Mai erscheint. Die verbindliche Buchung der Anzeigen (unter Angabe der gewünschten Größe) muss bis spätestens 5. April 2024, 18:00 Uhr beim WWF-Verlag schriftlich vorliegen. Näheres dazu findet sich unter https:// www.aekno.de/aerztekammer/wahlen2024. Wahlwerbung können die Wahllisten auch direkt per Post an die wahlberechtigten Ärztinnen und Ärzte in Nordrhein senden. Nach § 16 Abs. 2 Heilberufsgesetz NRW ist die Ärztekammer Nordrhein verpflichtet, den jeweiligen Listenführern Name, Vorname und Anschrift der Kammerangehörigen auszuhändigen. Die Adressen dürfen ausschließlich für den gesetzlich erlaubten Zweck der Wahlwerbung verwendet werden und sind danach datenschutzkonform zu vernichten. Die Kammermitglieder können veranlassen, dass statt ihrer Privatanschrift die berufliche Anschrift weitergegeben wird. Das ist am einfachsten über das Kammer-Portal www.meineaekno.de möglich, aber auch per E-Mail an kammerwahlen@ aekno.de. Die Wahllisten mit den ersten zehn Kandidatinnen und Kandidaten, die zur Wahl antreten, werden ebenfalls in der Juni-Ausgabe des Rheinischen Ärzteblatts veröffentlicht. Die vollständigen Listen mit allen Kandidaten finden sich im Internet unter www.aekno.de/ bekanntmachungen. Bei Fragen stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kammer per E-Mail an kammerwahlen@aekno.de oder telefonisch unter 0211 4302-2110, -2140 zur Verfügung. cs Gesünder essen im Krankenhaus Für eine nachhaltige und hauptsächlich pflanzenbasierte Ernährung in Krankenhäusern setzt sich ein neues Bündnis aus Deutscher Allianz Klimawandel und Gesundheit, Physicians‘ Association for Nutrition und Health for Future ein. Die Ernährung nach der sogenannten Planetary Health Diet reduziere nicht nur das Risiko häufiger Krankheiten wie Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes Typ II, sondern schütze auch die Ressourcen des Planeten, so das Bündnis. Notwendig sei aber eine angemessene Finanzierung der neuen Standards. MST Kurz gemeldet Gesundheitsämter ärztlich leiten Gesundheitsämter sollten grundsätzlich von Fachärztinnen und -ärzten für Öffentliches Gesundheitswesen geleitet werden. Dies forderte der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes mit Blick auf Bestrebungen, nicht-ärztlich qualifiziertes Personal mit der Leitung der Einrichtungen zu betrauen. Das Tätigkeitsfeld des Öffentlichen Gesundheitsdienstes decke eine Vielzahl ärztlicher Aufgaben ab, die eine Leitung der Einrichtung durch einen entsprechend weitergebildeten Facharzt erfordere, betonte der Verband. MST Seminare für Ärzte in Weiterbildung Für Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung in den Fächern Allgemeinmedizin und Pädiatrie bietet das Kompetenzzentrum Weiterbildung Allgemeinmedizin Nordrhein (KWNO) regelmäßig kostenfreie Seminare zu verschiedenen Themen an, die auf die Facharztprüfung sowie eine hausärztliche oder pädiatrische Tätigkeit vorbereiten. Unter anderem stehen Fortbildungen zu Reisemedizin, Geriatrie sowie pädiatrischen Infektionserkrankungen auf dem Seminarplan. Weitere Informationen und Anmeldung unter: www.kompetenz zentrum-nordrhein.de/ MST 24. Mai bis 28. Juni 2024
Magazin 8 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 4 / 2024 Die Gehälter der in der ambulanten Versorgung tätigen Medizinischen Fachangestellten (MFA) stiegen über alle Tarifgruppen ab 1. März 2024 durchschnittlich um 7,4 Prozent. Darauf haben sich der Verband medizinischer Fachberufe e.V. und die Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Arzthelferinnen/ Medizinischen Fachangestellten (AAA) geeinigt. Zielsetzung der Erhöhung der Tarifgehälter ist es den Verhandlungspartnern zufolge, den MFA-Beruf in der Einkommens-Rangliste mit anderen vergleichbaren Berufen deutlich aufzuwerten. Ferner solle ein Anreiz für gut qualifizierte MFA gesetzt werden, in der ambulanten Versorgung zu bleiben. Im Fokus lag den Verhandlern zufolge insbesondere der Stundenlohn in der Tarifgruppe I/1. Berufsjahrstufe. Dieser erhöhte sich von 13,22 Euro auf 16,17 Euro. Der Spielraum für die deutliche Erhöhung der unteren Einkommensgruppen sei auch dadurch gewonnen worden, dass die Zuschläge der Tarifgruppen II bis VI bezogen auf die Tätigkeitsgruppe I geringfügig abgesenkt wurden. Die Ausbildungsvergütung erhöhte sich nach dem neuen Gehaltstarifvertrag im ersten Ausbildungsjahr von 920 Euro auf 965 Euro, im zweiten Jahr von 995 Euro auf 1.045 Euro und im dritten Jahr von 1.075 Euro auf 1.130 Euro. Zusätzlich vereinbarten die Tarifpartner für Auszubildende und vollzeitbeschäftigte MFA eine einmalige Inflationsausgleichprämie in Höhe von 500 Euro. MST Service Online-Fortbildungen auf der Homepage Ärzte nicht nur aus Nordrhein teil. Die Besonderheit der Reihe ist, dass die ÄkNo den interessierten Ärztinnen und Ärzten die Wahl lässt, ob sie an der Fortbildung papiergestützt oder via Internet teilnehmen möchten. Zu finden ist die aktuelle Kasuistik unter www.aekno.de/ cme. Zur Teilnahme ist lediglich ein Benutzerkonto auf der Homepage nötig. Neben der jeweils aktuellen Kasuistik bietet die ÄkNo für Weiterbilder die Online-Fortbildung „Verantwortung als Weiterbilder“ über die Homepage an. Dieser Kurs informiert per Video über wichtige Aufgaben der weiterbildenden Ärztinnen und Ärzte. Diese mit einem Punkt anerkannte Online-Fortbildung findet sich ebenfalls unter www.aekno.de/cme und ist bis 31. Dezember 2024 aktiv. Fragen und Anregungen sowie Kritik und Lob zum Internetangebot der Ärztekammer Nordrhein senden Sie bitte an die E-Mail- Adresse onlineredaktion@aekno.de. bre Während der Coronapandemie waren OnlineFortbildungen über Monate die einzige Möglichkeit, sich ärztlich fortzubilden. Die Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo) hatte allerdings schon im Juli 2004 in der Reihe „Zertifizierte Kasuistik“ damit begonnen, jedes Quartal eine Fortbildung sowohl über die Homepage www.aekno.de als auch über das Rheinische Ärzteblatt anzubieten. In dieser Ausgabe des Rheinischen Ärzteblatts findet sich die 80. Folge dieser Reihe, die vor allem vom ehemaligen Stellvertretenden Vorsitzenden des Fortbildungsausschusses der Nordrheinischen Akademie, Professor Dr. Malte Ludwig, getragen wird. Seit 20 Jahren begleitet und koordiniert Ludwig diese Reihe inhaltlich. Jedes Quartal nehmen an der gebührenfreien Fortbildung, die mit zwei Punkten anerkannt ist, rund 600 Ärztinnen und Long-COVID Weniger Patienten krankgeschrieben Die Zahl der Menschen, die nach einer akuten CoronaInfektion wegen Post- oder Long-COVID oder eines chronischen Erschöpfungssyndroms krankgeschrieben wurden, lag 2023 deutlich niedriger als im Vorjahr. Während im Dezember 2023 von 100.000 erwerbstätigen AOK-Versicherten 110 betroffen waren, lag dieser Wert im März 2022 noch bei 416. Das geht aus einer Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK hervor. Insgesamt wurden zwischen März 2020 und Dezember 2023 demnach gut 2,5 Millionen (36,5 Prozent) erwerbstätige AOK-Versicherte mindestens einmal aufgrund einer Corona-Erkrankung arbeitsunfähig geschrieben. 1,8 Prozent erhielten eine Krankschreibung wegen eines chronischen FatigueSyndroms, Long- oder PostCOVID. HK Mutwald-Festival Angebot für kranke Kinder Am 27. April findet in Düsseldorf/Erkrath das Mutwald-Festival des Vereins It’s for Kids statt. Lebensbedrohlich erkrankte Kinder pflanzen dort ihren eigenen Baum, der sich mit denen der anderen Kinder zu einem Mutwald verbinden soll. Jedes Jahr erkrankten in Deutschland 2.000 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahre allein an Krebs, schreibt der Verein auf seiner Webseite https://www. its-for-kids.de/aktionen/ mutwald. Ihnen und anderen schwer kranken Kindern wolle man ein wenig Lebensmut und Zuversicht schenken. HK Tarifergebnis MFA erhalten im Schnitt 7,4 Prozent mehr Gehalt Der jüngste Tarifabschluss zielte auch darauf, die Attraktivität einer Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten zu steigern. Foto: Melanie Fielenbach/BÄK/KBV
Magazin Rheinisches Ärzteblatt / Heft 4 / 2024 9 Strukturfonds Ausweitung auf Stadtteile Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein hat ihr Förderprogramm zur Sicherung der hausärztlichen Versorgung ausgeweitet. Ab sofort können auch Hausärztinnen und Hausärzte die sich in strukturschwachen Stadtteilen nordrheinischer Großstädte neu in einer Praxis niederlassen, mit bis zu 70.000 Euro gefördert werden. Die hausärztliche Versorgung auf dem Land wird bereits seit 2019 auch kleinräumig gefördert. Hiervon profitieren der KV zufolge derzeit die Gemeinden Nörvenich, Vettweiß, Alpen, Dahlem und Much. Darüber hinaus werden auch einzelne Facharztgruppen über den Strukturfonds gefördert. Informationen unter www. arzt-sein-in-nordrhein.de HK Ukraine NRW nimmt 300 Patienten auf Nordrhein-Westfalen hat seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor zwei Jahren rund 300 Patienten aus der Ukraine zur weiteren medizinischen Versorgung und Rehabilitation aufgenommen. Bundesweit waren es circa 1.000, wie das NRWGesundheitsministerium mitteilte. Die Aufnahme und Verteilung der Patienten sei über das „Kleeblatt-System“ erfolgt, das Bund und Länder während der Coronapandemie etabliert hätten. Unter den ukrainischen Patienten seien auch rund 100, die an Krebs erkrankt seien. Denn der Krieg in der Ukraine führe oft zu Verzögerungen bei Krebstherapien oder mache sie sogar unmöglich. HK Weiterbildung Ärztekammer beantwortet Fragen – auch Online Die aktuelle Weiterbildungsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte (WBO) beschreibt auf circa 470 Seiten, welche Inhalte für die 52 verschiedenen Facharztbezeichnungen oder die 56 verschiedenen Schwerpunkte und Zusatzbezeichnungen zu erlernen sind und wie der Lernerfolg nachzuweisen ist. Die WBO regelt auch, wer eine Befugnis zur Weiterbildung erhalten kann, ob und wie eine Weiterbildung in Teilzeit absolviert werden kann und wie die Facharztprüfung zu organisieren ist. Ebenso definiert die Weiterbildungsordnung, ob und unter welchen Bedingungen Facharztqualifikationen, die im Ausland erworben wurden, von der Ärztekammer Nordrhein anerkannt werden können. Noch bis zum 30. Juni 2027 können Ärztinnen und Ärzte Facharztbezeichnungen nach der „alten“ Weiterbildungsordnung erwerben. Auch deren Inhalte sind auf über 400 Textseiten beschrieben und unter https://www.aekno.de/aerzte/ weiterbildung abrufbar. Dass diese Themen nicht immer sofort selbsterklärend sind und viele Fragen dazu entstehen, erleben die Mitarbeitenden der Ärztekammer Nordrhein jeden Tag. Die häufigsten Fragen sind auf den Webseiten der Weiterbildungsabteilung aufgeführt und nach 14 Themenbereichen gegliedert: https://www. aekno.de/aerzte/weiterbildung/fragen-undantworten. Individuelle Fragen beantworten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Weiterbildungsabteilung montags bis donnerstags von 8 bis 16:30 Uhr und freitags von 8 bis 14 Uhr telefonisch unter 0211 4302-2899. ÄkNo Weiterbildung in Teilzeit oder im Ausland? Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung finden Antworten auf Fragen wie diese auch auf der Homepage der Ärztekammer Nordrhein. Nachruf Trauer um Dr. Jan Leidel Vorreiter im Öffentlichen Gesundheitsdienst: Dr. Jan Leidel Foto: privat Dr. Jan Leidel ist am 10. Februar 2024 im Alter von 79 Jahren verstorben. „Mit ihm verlieren wir einen Arzt und Kollegen, der sich im Rahmen seiner langjährigen Tätigkeit als Leiter des Gesundheitsamtes Köln sowie seiner ehrenamtlichen Aktivitäten landes- wie bundesweit jahrzehntelang in besonderer Weise um den Öffentlichen Gesundheitsdienst und die Gesundheitsprävention verdient gemacht hat“, erklärte Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein. Unter Leidels Leitung (1985–2009) erweiterte das Kölner Gesundheitsamt mit der Versorgung Wohnungsloser und chronisch psychisch kranker Menschen sein Aufgabenspektrum um eine soziale Komponente. Neue Wege ging Leidel auch bei der Prävention von HIV und Aids. Sein als „Kölner Linie“ bekanntes Modell setzte bewusst auf Kooperation mit den betroffenen Gruppen. Der Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen und Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie war von 2011 bis 2017 Vorsitzender der Ständigen Impfkommission. Daneben engagierte sich Leidel auch in der ärztlichen Berufspolitik, unter anderem als Mitglied der Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein und Vorsitzender des Kammerausschusses „Öffentliches Gesundheitswesen“. In dieser Funktion rief er 2011 das Kammerkolloquium „Kindergesundheit“ ins Leben. Für sein langjähriges ehrenamtliches Wirken in der ärztlichen Selbstverwaltung und für seine besonderen Verdienste um die öffentliche Gesundheit verliehen ihm die Ärztekammer und die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein im Jahr 2009 die Johannes-Weyer-Medaille der nord- rheinischen Ärzteschaft. MST Foto: Westend61/Fotolia
10 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 4 / 2024 Magazin – Studium und Berufseinstieg Ärztemangel Sinkender Versorgungsgrad Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI) hat berechnet, dass in Deutschland jährlich im ambulanten Sektor knapp 2.500 ärztliche Nachbesetzungen fehlen, um das derzeitige Versorgungniveau bis 2040 zu halten. Ohne zusätzliche Ärztinnen und Ärzte würde der vertragsärztliche Versorgungsgrad auf 74 Prozent des heutigen Niveaus ab- sinken, warnt das ZI. Die erwarteten Engpässe in der medizinischen Versorgung seien durch ein erhöhtes Studienangebot nicht mehr aufzuhalten. Selbst wenn die Studienplatzkapazitäten kurzfristig deutlich erhöht würden, kämen die Auswirkungen wegen der Ausbildungslänge erst nach etwa 15 Jahren in der ambulanten haus- und fachärztlichen Versorgung an, so das ZI. bre Bonn Hilfe für Eltern bei Studienorientierung Die Universität Bonn bietet eine Veranstaltung für Eltern an, deren Kinder vor der Entscheidung stehen, welches Studium aufgenommen werden soll. „Studienorientierung informiert begleiten“ ist der Titel des Seminars der Zentralen Studienberatung. Eltern bekommen einen Überblick über grundlegende studienbezogene Begriffe und einen Einblick in das Studienangebot der Bonner Universität. Auch werden Möglichkeiten der Studienorientierung vorgestellt. Die Veranstaltung findet am Dienstag, 23. April 2024 von 18.30 bis 20 Uhr statt. Die Anmeldung erfolgt über www.uni-bonn.de/informiertbegleiten. bre Diese Semesterferien bin ich gemeinsam mit zwei Freundinnen in eine etwas andere Famulatur gestartet. Nach einer aufregenden Anreise, die insgesamt vier Tage gedauert hat, sind wir im Litembo Hospital in Tansania angekommen. Die Stadt Litembo liegt im südlichen Hochland des ostafrikanischen Staates. Die Gründung des Krankenhauses geht auf Brüder des Benediktinerordens zurück, die 1914 eine Missionsstation in Litembo aufgebaut hatten. 1961 kam die deutsche Ärztin Dr. Irmel Weyer mit einigen Krankenschwestern nach Litembo und übernahm die Leitung. Bis 1996 ließ sie das Krankenhaus ausbauen und vergrößern. Mittlerweile gibt es hier Stationen für Pädiatrie, Gynäkologie, Chirurgie, Innere Medizin, HIV-Patientnen, einige Ambulanzräume (auch für Augenheilkunde, Mental Health und Zahnmedizin), einen großen Operationssaal, ein EKG-Gerät, ein Röntgengerät, ein Ultraschallgerät sowie ein Labor. Bei einer Bettenanzahl von rund 320 arbeiten hier elf Ärztinnen und Ärzte sowie sieben „Interns“, die mit unseren Studierenden im Praktischen Jahr vergleichbar sind. Die Eindrücke und Erlebnisse hier sind bereits nach zwei Wochen zahlreich. Es ist beeindruckend zu sehen wie mit den im Vergleich zu Deutschland sehr begrenzten Mitteln nach bestem Wissen und Gewissen behandelt wird. Gleichzeitig ist es sehr bedrückend, manche Umstände und Geschichten zu hören und die Grenzen des hier Möglichen so direkt zu erfahren. So ist das System von staatlich finanzierten Krankenkassen noch lange nicht flächen- deckend verbreitet, sodass manche Behandlungen schlichtweg an mangelnden finanziellen Mitteln scheitern. Das fachliche und praktische Lernen ist auf jeden Fall ein Teil der Famulatur hier, aber vielmehr sind es für uns auch die Menschen vor Ort, die ihre Erfahrungen und Geschichten mit uns teilen und uns einen ganz anderen Einblick in Land, Kultur und Leute gewähren. Wir empfinden es als großes Privileg, daran teilhaben zu dürfen und beschäftigen uns viel mit der Frage, welche Rolle wir als weiße Europäerinnen, vor allem unter Berücksichtigung des geschichtlichen Kontextes, hier einnehmen. Es sind viele ethische Fragen, die wir gemeinsam mit den anderen Famulantinnen und Famulanten, aber auch mit den tansanischen Ärzten diskutieren. Der Austausch mit ihnen ist schon jetzt eine große Bereicherung für uns. Wie erlebt Ihr das Studium der Humanmedizin? Schreibt mir an medizinstudium@ aekno.de. Witten/Herdecke Das Leben als Landarzt testen Im Rahmen des Projekts „Localhero“ bekommen Medizinstudentinnen und -studenten der Universität Witten/Herdecke regelmäßig einen Einblick in das berufliche Leben von Hausärztinnen und Hausärzten in ländlichen Regionen. Das fünftägige Praktikum soll dazu beitragen, langfristig die Versorgungssituation im ländlichen Raum zu verbessern, so die Privatuniversität. Die Studenten lernen den Arbeitsalltag in Hausarztpraxen auf dem Land kennen. „Die Studierenden sind jedes Mal von der Woche begeistert und berichten aus der Praxis sowie von den Kreisen nur Gutes“, sagte Dr. Lucas Bisplinghoff, der das Projekt seitens des Instituts für Allgemeinmedizin der Universität betreut. An „Localhero“ sind auch die nordrheinischen Universitäten Duisburg-Essen, die Heinrich- Heine-Universität Düsseldorf und die Universität Bochum beteiligt. bre Drei Famulantinnen vor dem Eingang des Litembo Hospitals: (v.l.n.r.): Lotta Klaßen, Anna Sailer und die Kolumnistin Hannah Stamm Foto: privat Litembo Mail aus Litembo
Gesundheitskongress des Westens 17. und 18. April 2024 | KÖLN BEREIT ZUR VERÄNDERUNG – NUTZEN WIR DIE CHANCE! Theresa Hüer Universität Duisburg-Essen Günter Wältermann AOK Rheinland/Hamburg Dr. Michaela Evans-Borchers Westfälische Hochschule Prof. Eyal Zimlichman Sheba Medical Center Prof. Dr. Wolfgang Greiner Universität Bielefeld Nadja Pecquet Virtuelles Krankenhaus NRW gGmbH Karl-Josef Laumann Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW Dr. Lena Dorin Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) Prof. Dr. Holger Holthusen Knappschaft Kliniken GmbH Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wolfgang Holzgreve Universitätsklinikum Bonn Sibylle Stauch-Eckmann Bundesverband medizinischer Versorgungszentren Prof. Dr. Christian Karagiannidis Kliniken der Stadt Köln Prof. Heyo K. Kroemer Charité – Universitätsmedizin Berlin Paola Tettenborn Medizinstudierende in Deutschland e. V. Constanze Liebe Ärztenetz Lippe GmbH Herbert Reul Minister des Innern des Landes NRW Lotte Nawothnig Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH Dr. Dorothea Dreizehnter Gesundheit Nord gGmbH Dr. Frank Bergmann Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein Dr. Alexia Zurkuhlen Gesundheitsregion KölnBonn e. V. Dr. Dirk Spelmeyer Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe Prof. Josef Hecken Gemeinsamer Bundesausschuss Prof. Dr. Jochen A. Werner Universitätsklinikum Essen Dr. Gerald Gaß Deutsche Krankenhaus- gesellschaft e.V. Dr. Anke Diehl Universitätsmedizin Essen Dr. Peter Indra, MPH Gesundheitsdirektion Kanton Zürich, Schweiz Prof. Dr. Tom Bschor Bundesministerium für Gesundheit Anmeldung und aktuelle Informationen im Internet! www.gesundheitskongress-des-westens.de Kongressbüro +49(0)2234-95322-51 · info@gesundheitskongress-des-westens.de Veranstalterin WISO S. E. Consulting GmbH SONDERTARIF FÜR NIEDERGELASSENE Informationen erhalten Sie im Kongressbüro oder online WICHTIGE INFORMATION FÜR ÄRZTINNEN UND ÄRZTE Die Zertifizierung als ärztliche Fortbildung wird bei der Ärztekammer Nordrhein beantragt.
Thema 12 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 4 / 2024 Die letzte Kammerversammlung dieser Legislaturperiode fand nicht, wie üblich, im Düsseldorfer Haus der Ärzteschaft statt. Wegen Umbauarbeiten waren die 121 Abgeordneten in die Wuppertaler Stadthalle ausgewichen: wilhelminische Pracht statt moderner Funktionalität. Doch während die Bauarbeiten im Haus der Ärzteschaft nach Plan verlaufen, stockt es auf den größten Baustellen im Gesundheitswesen. „Wir kommen mit dem jetzigen System an unsere Grenzen und das bedeutet letztendlich, dass wir unsere Patientinnen und Patienten nicht mehr so versorgen können, wie wir es wünschen und wollen“, lautete die Zustandsbeschreibung des Präsidenten der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke. 20 Jahre DRG-Vergütung in den Kliniken, knapp 30 Jahre Budgetierung in der ambulanten Versorgung hätten den Sektoren schweren Schaden zugefügt und die Arbeitsbedingungen dort nachhaltig verändert. 30 Jahre Misstrauenskultur durch die Krankenkassen, die in einer Kontrollbürokratie münde, die zum größten Zeitfresser im Gesundheitswesen geworden sei, Lieferengpässe sowohl bei Medikamenten als auch bei Heil- und Hilfsmitteln, Fachkräftemangel und der demografische Wandel führten zu einer gewaltigen Unzufriedenheit aller Akteure. „Wo ist der ResetKnopf?“, fragte Henke. Es sei an der Zeit, dass sich Politik und Selbstverwaltung zusammensetzten und ernsthaft überlegten, wie die Finanzierung von Leistungen, ganz gleich ob ambulant oder stationär, fair, auskömmlich, der ärztlichen Verantwortung angemessen und dennoch ohne das Sozialsystem zu gefährden ausgestaltet werden könnten. iMVZ regulieren Henkes Forderung, die Budgetierung ambulanter Leistungen abzuschaffen – und zwar für Haus- und Fachärzte –, schlossen sich die Abgeordneten der Kammerversammlung einstimmig, mit nur einer Enthaltung an (siehe Entschließungen, Seite 16). „Wir müssen die Budgetierung hinter uns lassen, denn sie hat eine verheerende Wirkung auf die Selbstwirksamkeit und Motivation und damit auch auf die Niederlassungsbereitschaft der Ärztinnen und Ärzte“, betonte Henke. Flankierend dazu hält der Kammerpräsident die Zeit für reif, die Niederlassungsbeschränkungen, die seit 1993 für Vertragsärztinnen und -ärzte gelten, abzuschaffen, oder sie wenigstens zu modifizieren. Die Bedarfsplanung stamme aus einer Zeit der „Ärzteschwemme“, während man zurzeit einen Arztzeitmangel beklage. Dieser gehe noch dazu einher mit einem wachsenden Einfluss von privaten Investoren in der ambulanten Versorgung. Diese kauften Arztsitze in großer Zahl auf, die dann für den ärztlichen Nachwuchs für immer verloren seien. Denn Sitze von Investoren würden nicht, wie es beim Ausscheiden von Kolleginnen und Kollegen aus Altersgründen üblich sei, weiterverkauft oder fielen an die Kassenärztlichen Vereinigungen zurück. Es müsse deshalb Foto: Jochen Rolfes Zu viele Baustellen Neun Gesetze hat Bundesgesundheitsminister Professor Dr. Karl Lauterbach allein für dieses Frühjahr angekündigt. Der Stapel an Vorhaben türme sich, bilanzierte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein bei der Kammerversammlung am 2. März. Rudolf Henke kritisierte vor allem, dass es bisher in den meisten Fällen bei Ankündigungen geblieben ist. Das gelte insbesondere für die wirklich großen Gesetze wie die Krankenhausfinanzierungsreform. von Heike Korzilius
Thema Rheinisches Ärzteblatt / Heft 4 / 2024 13 dringend eine Befristung der Kassenzulassung in investorengeführten Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ) eingeführt werden, falls es mittelfristig nicht zu einer Aufhebung der Niederlassungssperren komme. „Für junge Ärztinnen und Ärzte muss es einen Weg geben, abseits von einer Anstellung selbst- ständig tätig zu werden“, forderte Henke unter großem Applaus der Abgeordneten. Der Kammerpräsident räumte jedoch ein, dass die Diskussion über den Wegfall der Bedarfsplanung nicht abschließend auf einer Kammerversammlung geführt werden könne. „Eine Neuordnung ist aber notwendig. Die Ärztekammer Nordrhein sollte das als besondere Aufgabe begreifen“, so Henke. Mit Blick auf die iMVZ verwies er auf Forderungen des Bundesrates und der Bundesärztekammer, diese stärker zu regulieren. Auch Bundesgesundheitsminister Professor Dr. Karl Lauterbach habe sich kritisch zu den iMVZ geäußert. Im inzwischen vorliegenden Referentenentwurf des Versorgungsgesetzes I suche man substanzielle Regelungen dazu allerdings vergebens. Nicht einmal im Stadium des Referentenentwurfs befinde sich die dringend notwendige Reform der Krankenhausfinanzierung. Damit fehle auch eine Grundlage für ernsthafte Diskussionen zwischen Bund und Ländern, kritisierte Henke. Denn eine Neuordnung könne nur gemeinsam gestaltet werden. Eile sei geboten, weil die Kliniken angesichts von Inflation und Tariflohnsteigerungen ansonsten weiterhin in der Luft hingen. „Wir müssen einen kalten Strukturwandel, der direkt zulasten der Patienten und Klinikangestellten geht, vermeiden“, forderte Henke. Verstoß gegen Länderinteressen Statt aber dieses wichtige Vorhaben voranzutreiben, liege jetzt mit dem Krankenhaustransparenzgesetz ein Gesetz vor, dass gar nicht vor der damit verknüpften Krankenhausreform hätte verabschiedet werden dürfen, monierte Henke. Dabei sei es von Beginn an nicht darum gegangen, für Patientinnen und Patienten mehr Transparenz über die Qualität der Kranken- hausversorgung zu schaffen – diese Daten seien schon jetzt über Portale wie das Deutsche Krankenhausverzeichnis abrufbar. „Hier geht es vornehmlich darum, dass das von der Regierungskommission vorgeschlagene Level-System gegen den Länder- willen durchgedrückt wird, um damit deren Entscheidungsspielraum bei der Krankenhausplanung an entscheidender Stelle einzuschränken“, erklärte Henke. „Indem es den Krankenhäusern die Leistungsgruppen, die der Krankenhausplanungsreform der Länder zugrunde liegen sollen, als Qualitätspara- meter zuordnet, nimmt das Gesetz die Kranken- hausreform in einem zentralen Punkt vorweg“, warnte er. Damit habe der Bundesgesundheitsminister zugleich sein Versprechen gebrochen, eine Reform nur gemeinsam mit den Ländern auf den Weg zu bringen. Ungelöst: die Notfallreform Die Kritik am Krankenhaustransparenzgesetz teilten auch viele Abgeordnete der Kammerversammlung. So erklärte Dr. Jonathan Sorge, Aachen: „Das Krankenhaustransparenzgesetz wird vieles verschlimmbessern.“ Es schaffe nicht nur zusätzliche Bürokratie, sondern berge zusätzlich die Gefahr, dass komplizierte und risikobehaftete Eingriffe an andere Häuser verschoben würden. Derweil gerieten Krankenhäuser der Grundversorgung in existenzielle Finanznöte, weil das Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht umgesetzt werde. Legitimation für eine starke Berufsvertretung: Rudolf Henke warb für eine hohe Beteiligung an den anstehenden Kammerwahlen. Foto: Jochen Rolfes Routinierter Moderator: Bernd Zimmer, Vizepräsident der Ärztekammer Nordrhein, führte durch die Aussprache zur Gesundheits- und Sozialpolitik. Foto: Jochen Rolfes
Thema 14 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 4 / 2024 nicht vertraut oder denen die Wartezeiten auf einen regulären Termin in der Arztpraxis zu lang seien, erklärte Henke. Zwar habe der Bundesgesundheitsminister inzwischen Eckpunkte für eine Reform vorgelegt, die langjährige Forderungen der Ärzteschaft aufgreifen, wie zum Beispiel eine verbindliche Steuerung der Patienten in die für ihre Erkrankung angemessene Versorgungsebene. „Geradezu kontraproduktiv wäre es aber, wenn – wie in den Eckpunkten aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) vorgesehen – durch eine rund um die Uhr Versorgung mit telemedizinischen Leistungen und Hausbesuchen Parallelangebote zur Regel- und Notfallversorgung geschaffen werden“, sagte Henke. Solche Angebote seien weder medizinisch notwendig, noch könnten sie angesichts des sich verschärfenden Fachkräftemangels umgesetzt werden. Die Kammerversammlung unterstrich diese Einschätzung mit einem Beschluss, in dem sie zugleich eine angemessene Beteiligung der Ärztekammer an der Notfallreform einforderte. Die Abgeordneten sprachen sich zudem für eine separate Finanzierung der Vorhaltekosten des ärztlichen Notdienstes aus. Dessen Strukturen hätten sich mit der Einrichtung von Portalpraxen und Fahrdiensten sowie der Beschäftigung von Ärztinnen und Ärzten im Notdienst derart verändert, dass eine Umlagefinanzierung aus den Honoraren der Vertragsärzte nicht mehr angemessen sei. Die Kammerversammlung forderte den Gesetzgeber darüber hinaus auf, im Notdienst beschäftigte Ärzte von der Sozialversicherungspflicht auszunehmen. Bei den großen Gesetzen stockt es Notfallversorgung und Krankenhausfinanzierung, vertragsärztliche Honorare, Investoren in der ambulanten Versorgung, Digitalisierung, Bürokratieabbau: Der Stapel an Gesetzesvorhaben aus dem BMG türme sich, bilanzierte Kammerpräsident Henke in Wuppertal. „Tatsächlich reden wir aber immer nur über Referentenentwürfe in unterschiedlichsten Stadien und im Gesetzgebungsverfahren der wirklich großen Gesetze kommen wir nicht voran.“ Bei den Gesetzen, die tatsächlich verabschiedet würden, zeige sich eine Praxisferne, die auch daher rühre, dass mit Expertenkommissionen gesprochen werde statt mit Praktikern. Als Beispiel führte Henke das Cannabisgesetz an, das der Bundestag am 23. Februar mit der Mehrheit der Ampelregierung und der Linken verabschiedete, obwohl Ärztinnen und Ärzte, Lehrer- und Apothekerverbände, Kinder- und Jugendpsychologen, Polizeigewerkschaft und Deutscher Richterbund vor einer Legalisierung gewarnt hatten (siehe „Cannabis legalisiert“, Seite 18). Dagegen lasse die für Ende Januar von einer Mehrheit des Deutschen Bundestages geforderte Strategie zum Ausbau der Suizidprävention weiter auf sich warten, sagte der Kammerpräsident. Dabei untermauerten Nach wie vor ungelöst sind auch die Probleme in der Notfallversorgung. Die Notaufnahmen der Krankenhäuser klagten weiterhin über eine Fehlinanspruchnahme durch Menschen, die keine echten Notfälle seien, sondern mit dem Gesundheitssystem Die im Referentenentwurf eines Medizinforschungsgesetzes vorgesehene Bundes-Ethik-Kommission wurde von der Kammerversammlung abgelehnt. Die Delegierten forderten den Bundesgesundheitsminister auf, die Planungen zu deren Errichtung zu beenden. Kritisiert wurde insbesondere, dass die hinreichende Unabhängigkeit der Bundes-Ethik-Kommission im Sinne der Deklaration von Helsinki zum Patientenschutz nicht gewährleistet sei; denn die Kommission soll dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte unterstellt werden und die Mitglieder sollen durch das Ministerium für Gesundheit berufen werden. Die Abgeordneten wandten sich gegen den Aufbau einer überflüssigen Parallelstruktur zu den bei den Ärztekammern bestehenden EthikKommissionen, „die in den letzten Jahren zeitnahe und gewissenhafte sowie wissenschaftlich fundierte Entscheidungen getroffen haben“. Auch Kammerpräsident Rudolf Henke wies in seiner Rede auf den eindeutigen Bruch im Gesetzentwurf mit der geforderten institutionellen Unabhängigkeit von EthikKommissionen hin. Die Medizinforschung in Deutschland werde nicht durch das bewährte System der nach Landesrecht eingerichteten Ethik-Kommissionen behindert, sondern vielmehr durch erhebliche Funktionsmängel und Anwendungsprobleme des Clinical Trials Information Systems auf EU-Ebene. Hier sei eine Nachbesserung dringend erforderlich. Bereits mit Schreiben vom 21. Februar hatten die Präsidenten der Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe die Landesregierung NRW gebeten, sich „im Sinne einer Stärkung der in den Ländern vorhandenen Strukturen in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen und … auf eine Änderung des Gesetzentwurfs hinzuwirken“ (siehe „Medizinforschungsgesetz: Geschenk für die Pharmaindustrie?“, Seite 22). tg Ablehnung einer Bundes-Ethik-Kommission Mit 720 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist die erste Fortbildungswoche der Ärztlichen Akademie für medizinische Fort- und Weiterbildung in Nordrhein im vergangenen Oktober in Bonn erfolgreich gestartet. Der Kongress ä23 habe damit mehr Ärzte und Medizinische Fachangestellte erreicht als das traditionelle Format auf der Nordseeinsel Norderney, erklärte der Vorsitzende des Fortbildungsausschusses, Professor Dr. Gisbert Knichwitz, bei der Kammerversammlung in Wuppertal. Der ä24 (www.kongress-ae24.de) findet vom 7. bis 12. Oktober erneut im ehemaligen Bundestag in BonnBad Godesberg statt. Unter dem Motto „Gesundheit der Zukunft“ sind Knichwitz zufolge die thematischen Schwerpunkte Klima und Gesundheit, Telemedizin, Künstliche Intelligenz und Digitalisierung. Erfolgreicher Start des Kongresses ä23
Thema Rheinisches Ärzteblatt / Heft 4 / 2024 15 uns unser Berufsstand nicht egal ist, dass es sich im Interesse unserer Patientinnen und Patienten lohnt, Kammerarbeit zu betreiben und dass wir das Privileg unserer Freiberuflichkeit und Selbstbestimmung auch durch eine hohe Wahlbeteiligung untermauern können.“ die aktuellen Suizidzahlen für Deutschland den Bedarf. Im Jahr 2022 nahmen sich bundesweit 10.119 Menschen das Leben, ein Anstieg um 9,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zudem zeigten die Daten des Statistischen Bundesamts, dass fast drei Viertel aller Suizide auf Menschen entfallen, die über 50 Jahre alt sind. „Suizidprävention, gerade im Alter, ist nicht über Hotlines oder Internetkampagnen aufzufangen“, gab Henke zu bedenken. „Suizidprävention im Alter hat sehr viel mit unserem Altersbild, mit Konzepten gegen Einsamkeit und einer gut zugänglichen allgemein- ärztlichen, psychiatrisch-psychotherapeutischen und pflegerischen Versorgung vor Ort zu tun.“ Eine solche Prioritätensetzung bei der Gesetzgebung schüre den Verdacht, dass hier weniger sachorientiert und eher ideologisch vorgegangen werde, kritisierte Henke. Ende einer Ära Die Kammerversammlung in Wuppertal brach nicht nur mit der Tradition der Versammlungsorte. Sie markierte auch das Ende einer Ära. Rudolf Henke kündigte an, nach 13 Jahren bei den anstehenden Kammerwahlen nicht mehr für das Präsidentenamt zu kandidieren. Er werde im Juni 70 Jahre alt und wolle sich in Zukunft mehr um die Familie kümmern und bei den Enkeln nachholen, was er bei den eigenen Kindern vielfach verpasst habe, sagte er: „Man soll aufhören, wenn es am Schönsten ist.“ Die Reaktionen auf seinen Rückzug fielen quer durch die Fraktionen herzlich aus. Henke sei seit seinem Amtsantritt 2011 Präsident aller Ärztinnen und Ärzte in Nordrhein gewesen, betonte Dr. Sven Dreyer, Düsseldorf. „Er hat uns verlässlich durch eine Zeit harter Bewährungsproben geführt. Es ist nun an uns, ein neues Kapitel aufzuschlagen.“ Henke habe als Kammerpräsident die Ärzteschaft geeint, sagte Dr. Arndt Berson, Viersen. In der vergangenen Legislaturperiode hätten alle Fraktionen in der Kammerversammlung gut zusammengearbeitet: „Das müssen wir fortführen und innerärztliche Solidarität zeigen.“ Dem schloss sich auch Professor Dr. Bernd Bertram, Aachen, an, der zugleich mahnte, dass die Ärzteschaft nicht nachlassen dürfe, sich auch weiterhin für die Freiberuflichkeit und die Niederlassung in eigener Praxis einzusetzen. Kammerarbeit lohnt sich Henke selbst warb für eine hohe Wahlbeteiligung bei den anstehenden Kammerwahlen, die vom 24. Mai bis 28. Juni als Briefwahl stattfinden. In vielen Landesärztekammern, die bereits im vergangenen Jahr gewählt hätten, hätten nur um die 30 Prozent der Ärztinnen und Ärzte von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. „Dieser Trend ist nicht gut“, sagte der Kammerpräsident. „Ich wünschte mir das für unsere Kammer anders. Ich wünschte, dass wir zeigen könnten, dass Der Klimaschutz ist eine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen, der aktuell noch unzureichend begegnet wird. Die Sustainable Development Goals, mit denen die Vereinten Nationen für den Zeitraum von 2016-2030 die Ziele für die weltweite Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung definiert hatten, sind bisher nur unzureichend umgesetzt. Professor Dr.-Ing. Manfred Fischedick, Präsident und wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie, zeigte als Gastredner den Delegierten der Kammerversammlung deutlich die Folgen eines lange Zeit ungebremsten Ressourcenverbrauchs. Wenn man das Ziel einer Begrenzung der Klimaerwärmung erreichen wolle, müsste weltweit insbesondere eine drastische Reduzierung der Treibhausgas (THG)-Emissionen umgesetzt werden. Zwar habe es hierbei in Deutschland bereits Fortschritte gegeben, doch klaffe auch hierzulande zwischen der für das Erreichen der Ziele notwendigen Dynamik und der realen Entwicklung noch eine große Lücke, sagte Fischedick. Vorsichtig optimistisch wies er aber auch darauf hin, dass weltweit vermutlich im Jahr 2023 bei den THG bereits der Emissionspeak erreicht worden sei. Die Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energien nehme zudem kontinuierlich zu. Der Klimawandel ist für das Gesundheitswesen in doppelter Weise relevant. Darauf wies Constanze Schmidt vom Wuppertal Institut in ihrem Koreferat hin. So führe die Hitzebelastung in den Sommermonaten zu einer gesundheitlichen Gefährdung vulnerabler Personengruppen, auf die sich Ärztinnen und Ärzte im Versorgungsalltag einstellen müssten. Die zunehmende UV-Strahlung habe beispielsweise zu einem starken Anstieg bei Hautkrebserkrankungen geführt. Auf der anderen Seite müsse sich das Gesundheitswesen als Verursacher des Klimawandels in die Pflicht genommen sehen, betonte Schmidt. Sie wies auf Berechnungen der Nichtregierungsorganisation „Health Care Without Harm“ hin, wonach die nationalen THGEmissionen des gesamten Gesundheitssektors ungefähr denen der Stahlindustrie entsprechen. Das Ziel, den ökologischen Fußabdruck des Gesundheitswesens zu reduzieren, sollte in den verschiedensten Bereichen verfolgt werden – so beispielsweise durch den Ersatz besonders schädlicher Narkosegase oder durch die energetische Sanierung bestehender Einrichtungen. Hierfür bedürfe es sowohl des individuellen Engagements der Ärztinnen und Ärzte als auch struktureller Anpassungen in Bezug auf die Regeln im Gesundheitswesen. Im November 2021 hatte die Kammerversammlung in Selbstverpflichtung beschlossen, dass die Ärztekammer Nordrhein bis zum Jahr 2030 klimaneutral werden soll. tg Schwerpunktthema „Klimawandel und Gesundheit“
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