Thema 12 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 4 / 2024 Die letzte Kammerversammlung dieser Legislaturperiode fand nicht, wie üblich, im Düsseldorfer Haus der Ärzteschaft statt. Wegen Umbauarbeiten waren die 121 Abgeordneten in die Wuppertaler Stadthalle ausgewichen: wilhelminische Pracht statt moderner Funktionalität. Doch während die Bauarbeiten im Haus der Ärzteschaft nach Plan verlaufen, stockt es auf den größten Baustellen im Gesundheitswesen. „Wir kommen mit dem jetzigen System an unsere Grenzen und das bedeutet letztendlich, dass wir unsere Patientinnen und Patienten nicht mehr so versorgen können, wie wir es wünschen und wollen“, lautete die Zustandsbeschreibung des Präsidenten der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke. 20 Jahre DRG-Vergütung in den Kliniken, knapp 30 Jahre Budgetierung in der ambulanten Versorgung hätten den Sektoren schweren Schaden zugefügt und die Arbeitsbedingungen dort nachhaltig verändert. 30 Jahre Misstrauenskultur durch die Krankenkassen, die in einer Kontrollbürokratie münde, die zum größten Zeitfresser im Gesundheitswesen geworden sei, Lieferengpässe sowohl bei Medikamenten als auch bei Heil- und Hilfsmitteln, Fachkräftemangel und der demografische Wandel führten zu einer gewaltigen Unzufriedenheit aller Akteure. „Wo ist der ResetKnopf?“, fragte Henke. Es sei an der Zeit, dass sich Politik und Selbstverwaltung zusammensetzten und ernsthaft überlegten, wie die Finanzierung von Leistungen, ganz gleich ob ambulant oder stationär, fair, auskömmlich, der ärztlichen Verantwortung angemessen und dennoch ohne das Sozialsystem zu gefährden ausgestaltet werden könnten. iMVZ regulieren Henkes Forderung, die Budgetierung ambulanter Leistungen abzuschaffen – und zwar für Haus- und Fachärzte –, schlossen sich die Abgeordneten der Kammerversammlung einstimmig, mit nur einer Enthaltung an (siehe Entschließungen, Seite 16). „Wir müssen die Budgetierung hinter uns lassen, denn sie hat eine verheerende Wirkung auf die Selbstwirksamkeit und Motivation und damit auch auf die Niederlassungsbereitschaft der Ärztinnen und Ärzte“, betonte Henke. Flankierend dazu hält der Kammerpräsident die Zeit für reif, die Niederlassungsbeschränkungen, die seit 1993 für Vertragsärztinnen und -ärzte gelten, abzuschaffen, oder sie wenigstens zu modifizieren. Die Bedarfsplanung stamme aus einer Zeit der „Ärzteschwemme“, während man zurzeit einen Arztzeitmangel beklage. Dieser gehe noch dazu einher mit einem wachsenden Einfluss von privaten Investoren in der ambulanten Versorgung. Diese kauften Arztsitze in großer Zahl auf, die dann für den ärztlichen Nachwuchs für immer verloren seien. Denn Sitze von Investoren würden nicht, wie es beim Ausscheiden von Kolleginnen und Kollegen aus Altersgründen üblich sei, weiterverkauft oder fielen an die Kassenärztlichen Vereinigungen zurück. Es müsse deshalb Foto: Jochen Rolfes Zu viele Baustellen Neun Gesetze hat Bundesgesundheitsminister Professor Dr. Karl Lauterbach allein für dieses Frühjahr angekündigt. Der Stapel an Vorhaben türme sich, bilanzierte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein bei der Kammerversammlung am 2. März. Rudolf Henke kritisierte vor allem, dass es bisher in den meisten Fällen bei Ankündigungen geblieben ist. Das gelte insbesondere für die wirklich großen Gesetze wie die Krankenhausfinanzierungsreform. von Heike Korzilius
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