Thema 14 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 5 / 2023 die Menschen in der Fläche, griff Reinhardt einen weiteren Kritikpunkt auf. Das gehöre ins Reich der Märchen. Kluge Rahmenbedingungen schaffen Kluge Rahmenbedingungen benötigt man aus Sicht des BÄK-Präsidenten aber nicht nur, um Fehlanreize in der Vergütung zu beseitigen oder eine medizinische Versorgung auch auf dem Land sicherzustellen. Dasselbe gelte für Regeln für den Aufkauf von Arztsitzen. „In Berlin gibt es ein MVZ mit 17 Kardiologen, die alle in etwa zur selben Zeit in den Ruhestand gehen werden. Die müssen erst mal jemanden finden, der bereit und in der Lage ist, eine solche Einheit zu übernehmen“, gab Reinhardt zu bedenken. „Da geht es darum, wer kauft wen zu welchem Preis?“ Man müsse durch faire Wettbewerbsbedingungen dafür sorgen, dass weder die ältere Generation leer ausgehe, noch dass junge Ärztinnen und Ärzte sich in Zukunft nicht mehr selbstständig niederlassen könnten. „Das, was wir vom klassischen Private Equity Kapital kennen – buy and sell – dürfen wir im Gesundheitswesen nicht zulassen“, forderte Reinhard. Investoren, die heute ins Gesundheitswesen und morgen in die Tourismusindustrie investierten, gewährleisteten keine flächendeckende Versorgung im Sinne der Daseinsvorsorge. Das Gewinnstreben des Einzelnen müsse eingebettet sein in Preise für Kassenarztsitze, als das einzelne Ärzte tun könnten. Hier müsse durch kluge Regulierung sichergestellt werden, dass die wohnortnahe, flächendeckende und umfassende Versorgung der Patientinnen und Patienten erhalten bleibe. Reinhardt verwies in diesem Zusammenhang auf das Positionspapier der BÄK zum Regelungsbedarf für investorengetragene MVZ (siehe Kasten „Die ärztliche Position stärken“). Die Bundesärztekammer spricht sich darin unter anderem gegen „Rosinenpickerei“ von Investoren aus, die sich bevorzugt auf lukrative OP-Leistungen fokussierten und die weniger gut vergütete konservative Versorgung anderen überließen. Viele iMVZ konzentrierten sich auf skalierbare, „industriell abarbeitbare“ Leistungen, sagte Reinhardt. Neben der Labormedizin und der Radiologie betreffe das insbesondere die Augenheilkunde oder die Pathologie. „Daran, dass bestimmte technische Leistungen sehr viel besser vergütet werden als zum Beispiel Gesprächsleistungen, sind wir als Ärzteschaft allerdings nicht ganz unschuldig“, gab sich Reinhardt selbstkritisch. Fehlentwicklungen in den Vergütungssystemen müsse man deshalb dringend entgegenwirken. Dabei müsse man sich an der Grundsatzfrage orientieren: „Fördern sie gutes ärztliches Handeln?“, so der BÄK-Präsident. In diesem Zusammenhang müsse man ganz klar feststellen: „Kataraktoperationen werden definitiv zu gut bezahlt und Tonsilektomien zu schlecht.“ iMVZ versorgten auch nicht Moderiert vom Geschäftsführenden Arzt der Ärztekammer Nordrhein, Dr. Christian Köhne, diskutierten beim Forum Gesundheit 2023 Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, Mira Faßbach, Bündnis Junge Ärztinnen und Ärzte, sowie Uwe Brock, Vorsitzender Kreisstelle Mülheim der Ärztekammer Nordrhein (v. l.). Foto: Stella Scheibenzuber
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