Rheinisches Ärzteblatt 5/2023

Gesundheits- und Sozialpolitik 22 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 5 / 2023 Kostendeckende Finanzierung der Praxen gefordert Für die Zukunft der Sicherstellung braucht es innovative und progressive Konzepte: Mit großer Mehrheit beschloss die KVNO-Vertreterversammlung die vorliegenden Anträge zur Anpassung der Sicherstellungsrichtlinie. Danach sollen unter anderem künftig zusätzliche Mittel für die Nachwuchsförderung an den nordrheinischen Medizinfakultäten zur Verfügung gestellt und der Aufbau von Praxisnetzen finanziell unterstützt werden. Am 24. März hat die erste Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) im Jahr 2023 stattgefunden. Es war gleichzeitig auch die erste Sitzung der 16. Wahlperiode, was Dr. Frank Bergmann, KVNO-Vorstandsvorsitzender, zum Anlass für einen Ausblick auf die neue Amtszeit nutzte: „Ob bei den Themen Reform der ambulanten Notfallversorgung, Entbudgetierung oder Digitalisierung – die Zeiten werden herausfordernd“, konstatierte der KVNO-Chef. von Christopher Schneider Dringenden Handlungsbedarf sieht der KVNO-Vorstandsvorsitzende Dr. Frank Bergmann mit Blick auf die dauerhafte Unterfinanzierung des ambulanten Versorgungssystems: „Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) hat ausgerechnet, dass jede Praxis zurzeit im Schnitt 76 Euro pro Tag verliert! Ein Grund dafür ist der allgemeine Preisanstieg von derzeit 8,7 Prozent im Land. In unseren Praxen liegt die Höhe der Aufwendungen im Normalfall sogar noch deutlich höher. Durch die vereinbarten Honorarsteigerungen können hiervon aber gerade einmal zwei Prozent abgefedert werden. Das reicht nicht einmal, um die gestiegenen Personalkosten auszugleichen – das kann und darf so auf keinen Fall bleiben“, sagte der KVNO-Chef. Laut Bergmann braucht es auf längere Sicht einen verbindlichen Plan, über den die strukturelle Unterfinanzierung der niedergelassenen Vertragsärzteschaft in Höhe von rund acht Milliarden Euro ausgeglichen wird – nur so könne auch die Versorgung der Patientinnen und Patienten nachhaltig gesichert werden. Das Geld dafür könne unter anderem über die Reserven der Krankenkassen und den Gesundheitsfonds aufgebracht werden. Ressourcengerechte Notdienst-Strukturen Bei den jüngsten Ideen des Gesetzgebers zur Reform der Notfallversorgung sind aus Sicht des KVNO-Vorstands einige Punkte nicht zu Ende gedacht, etwa der Aus- bau des Notdienstes zu einem 24/7-Angebot. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte könnten nicht gleichzeitig in ihren Praxen und im Bereitschaftsdienst arbeiten: „Im künftigen Notdienst brauchen wir einen ressourcengerechten Einsatz von Ärztinnen und Ärzten sowie auch von Medizinischen Fachangestellten“, betonte Bergmann. Für eine tragfähige Reform müsse vorrangig die Finanzierungsfrage, zum Beispiel über entsprechende Vorhaltekosten, geklärt werden. Gleichzeitig dürften bereits existierende und bewährte Konzepte wie die Portalpraxen der KVNO an beziehungsweise in zahlreichen rheinischen Kliniken nicht zerschlagen werden. Weiteres Thema im Vorstandsbericht war die Digitalisierungsstrategie des Bundesgesetzgebers, mit der bis 2025 etwa die elektronische Patientenakte (ePA) und die digitale Medikationsübersicht breiter ausgerollt werden soll. Entscheidend für die Praxen werde es sein, die ePA im Alltag leicht befüllen und störungsfrei ins Praxisverwaltungssystem (PVS) integrieren zu können. Für die Erstbefüllung und Folgebearbeitung sei zudem eine angemessene Vergütung unstrittig. „Bei der ePA sind noch zu viele Fragen ungeklärt, was zum Beispiel den Nutzen und die Risiken angeht. Hier brauchen wir schnell Klarheit, wenn die ePA bis 2025 flächendeckend umgesetzt werden soll“, hielt der KVNO-Chef fest. Neue Fördermaßnahmen beschlossen Keinen zeitlichen Aufschub sieht der KVNO-Vorstand auch beim Thema Sicherstellung. Hier mache es vor allem das bevorstehende sukzessive Ausscheiden der ärztlichen Baby-Boomer-Generation erforderlich, zügig innovative und progressive Konzepte zu entwickeln, um den Versorgungsansprüchen gerecht werden zu können. „Als bewährtes Instrument, um Engpässe frühzeitig zu erkennen und passgenaue Versorgungslösungen zu finden, hat sich unser Strukturfonds bewährt. Diesen von der niedergelassenen Vertragsärzteschaft mitfinanzierten ,Werkzeugkoffer‘ wollen und werden wir weiter ausbauen“, kündigte Dr. Carsten König, stellvertretender KVNO-Vorsitzender, an. So werden künftig zusätzliche finanzielle Mittel für die Nachwuchsförderung an den nordrheinischen Medizinfakultäten zur Verfügung gestellt. Die KVNO beteiligt sich im Rahmen der Initiative Deutschlandstipendium. Außerdem sollen Workshops mit den Fachschaften angeboten werden, Foto: Malinka/KVNO

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