24 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 6 / 2025 Praxis Neue Ärzte für Nordrhein Der demografische Wandel macht auch vor Medizinern nicht halt. Von den Vertragsärztinnen und -ärzten in Nordrhein sind bereits mehr als die Hälfte über 50 Jahre alt. Sie werden schon bald nach Lösungen für ihre Nachfolge suchen, damit ihre Patientinnen und Patienten weiter versorgt sind. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) unterstützt dabei auf vielfältige Weise. von Thomas Lillig Die in der vertragsärztlichen Versorgung tätigen Ärztinnen, Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Nordrhein übernehmen Verantwortung für die Zukunft. Bis zu 0,2 Prozent der morbiditätsbedingten Leistungsvergütung wenden sie für einen Strukturfonds auf, aus dem die KVNO Maßnahmen zur Sicherstellung und Nachwuchsgewinnung in strukturschwachen Gebieten organisiert und finanziert. Die nordrheinischen Krankenkassen beteiligen sich daran mit der gleichen Summe. Insgesamt sind dadurch seit 2018 über 45 Millionen Euro für die langfristige Sicherung der ambulanten Versorgung in Nordrhein eingesetzt worden. Förderung im Strukturfonds Der größte Anteil davon ging direkt in die Förderung von Praxisgründungen oder -übernahmen. Wer eine hausärztliche Praxis in einem Fördergebiet des Strukturfonds gründet oder übernimmt, kann dafür einen Investitionskostenzuschuss von bis zu 70.000 Euro erhalten. Auch möglich: die Eröffnung von Zweigpraxen in diesen Fördergebieten. Die KVNO fördert sie mit bis zu 10.000 Euro. Und wer sich entschließt, eine Ärztin oder einen Arzt in seiner hausärztlichen Praxis in einem Fördergebiet anzustellen, kann eine Förderung von bis zu 50.000 Euro als Anschubfinanzierung erhalten, um die finanziellen Anfangsbelastungen zu reduzieren. Seit Beginn dieses Jahres neu in der Maßnahmenliste des Strukturfonds: die Förderung der Praxisnachfolge durch die Anstellung einer Sicherstellungsassistentin beziehungsweise eines Sicherstellungsassistenten. Das kann der Praxisinhaber sein – wenn er seinen Sitz bereits übertragen hat – oder der spätere Praxisübernehmer, sofern der Inhaber den Sitz noch innehat. Die Praxis erhält dafür eine monatliche Unterstützung von 2.500 Euro bei Vollzeittätigkeit der oder des Angestellten. Das Ziel: die Kontinuität der Versorgung sicherzustellen. Der Weg zu dieser Förderung ist denkbar einfach und unbürokratisch. Es gibt kein umständliches Zulassungsverfahren. Das Ausfüllen eines knappen Genehmigungsantrags genügt. Quereinstieg Allgemeinmedizin Eine weitere Maßnahme des Strukturfonds ist das Qualifikationspaket für Fachärztinnen und -ärzte für Innere Medizin und einige weitere Fachgruppen, die sich eine Tätigkeit in der allgemeinmedizinischen vertragsärztlichen Versorgung grundsätzlich vorstellen können. Die Qualifizierung dauert drei bis sechs Monate. Bei Entscheidung für die Niederlassung oder Anstellung in einer vertragsärztlichen Praxis kann sie um weitere drei Monate verlängert werden. In die gleiche Richtung geht die Förderung des Quereinstiegs in die Allgemeinmedizin. Ärztinnen und Ärzte ausgewählter Fachgebiete können für maximal 24 Monate gefördert werden, wenn sie sich zur Fachärztin beziehungsweise zum Facharzt für Allgemeinmedizin weiterbilden lassen. Beiden Programmen gemeinsam ist: Die KVNO zahlt teilnehmenden Ärztinnen und Ärzten eine monatliche Unterstützung von 5.800 Euro, in Fördergebieten des Strukturfonds oder des NRWHausarztaktionsprogramms sind es insgesamt bis zu 7.500 Euro; beim Qualifizierungspaket erhält die ausbildende Praxis eine monatliche Aufwandsentschädigung von 1.500 Euro für Vollzeit-Qualifikanten zusätzlich, bei Teilzeit entsprechend anteilig. Voraussetzung ist, dass die Maßnahme in einem Fördergebiet des Strukturfonds oder des NRW-Hausarztaktionsprogramms stattfindet. Mit diesen und weiteren Programmen verhindert die KVNO regionale Engpässe in der ambulanten Versorgung in Nordrhein. Seit Start des Strukturfonds haben sich durch die Maßnahmen rund 300 neue Ärztinnen und Ärzte für die Tätigkeit in der Niederlassung entschieden. Medizinerinnen und Mediziner, die sich in Nordrhein niederlassen oder angestellt in einer Praxis arbeiten wollen, profitieren von einem umfassenden kostenfreien individuellen Beratungsangebot der KVNO. „Unsere über 40 Beraterinnen und Berater unterstützen Praxiseinsteigende dabei, das Wissen zu erlangen, das neben medizinischen Inhalten für die Praxisführung erforderlich ist. Zum Beispiel, welche IT-Ausstattung eine Praxis braucht, wie man sicher abrechnet, wirtschaftlich verordnet und Hygieneanforderungen korrekt umsetzt“, beschreibt Claudia Pintaric, Abteilungsleiterin Beratung, die Themenfelder. Erste Adresse für junge Medizinerinnen und Mediziner, die sich niederlassen möchten, ist die Niederlassungsberatung. In persönlichen Gesprächen erhalten sie Antworten auf alle wichtigen Fragen: von den Zulassungsvoraussetzungen über Betriebswirtschaft bis hin zur Wahl der Niederlassungsform – also ob eher die Einzelpraxis oder vielleicht doch die Kooperation in einem Ärzteteam besser zu einem passt. Vom Einstieg bis zur Abgabe Ein besonders intensives Beratungsprogramm ist der KOMPASS PraxisSTART. Ein persönlicher Beratungskoordinator stimmt gemeinsam mit den neu in die Versorgung Einsteigenden einen individuellen Fahrplan ab: Welche Beratungen sollten wann und in welcher Reihenfolge wahrgenommen werden? Welche Veranstaltungen und digitalen Angebote sind unterstützend empfehlenswert für die persönliche Zielsetzung? In Meilensteingesprächen schauen Berater und Einsteiger regelmäßig auf den OnboardingProzess und besprechen die nächsten Schritte. Rund 1.000 Ärzte und Psychotherapeuten haben diesen Service bereits genutzt. Doch nicht nur Einsteigende, sondern auch Ärztinnen und Ärzte, die ihre Praxis übergeben möchten, nimmt das Team der Niederlassungsberatung an die Hand. Rund 700 Beratungen führt es jedes Quartal für Praxisabgebende durch. Ergänzend bietet die Niederlassungsberatung mehrmals jährlich Veranstaltungen an. Ärzten und Psychotherapeuten, die sich niederlassen wollen oder gerade niedergelassen haben, sei insbesondere die zweitägige Veranstaltung Start-Up in die ambulante Versorgung empfohlen. Einmal im Quartal werden mit diesem Beratungsangebot Niederlassungswillige mit allen wichtigen Informationen rund um Honorar, Verordnungen, IT und Hygiene versorgt.
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