26 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 6 / 2025 Praxis Palliativversorgung in Nordrhein: Lebensqualität bis zum Ende In der letzten Lebensphase stehen die Wünsche und das Befinden schwerstkranker Menschen im Mittelpunkt. Die Palliativversorgung schafft dafür die Voraussetzungen – und ein Netzwerk für Patienten und ihre Angehörigen. von Simona Meier Ihre letzten Lebenstage möchten die meisten Menschen zu Hause verbringen. Im Falle schwerster Erkrankungen ist das nicht immer einfach. Zudem brauchen erkrankte Menschen und Angehörige in dieser Zeit Unterstützung, die über die rein medizinische Versorgung hinausgeht. Ein sehr gut abgestimmtes Miteinander von Ärztinnen und Ärzten und besonders qualifizierten Pflegediensten sowie ambulanten Hospizdiensten ist nötig: Sie bilden ein Netzwerk, das dem sterbenden Menschen, seinen Angehörigen, Partnern und Freunden Hilfen bietet, um solch schwere Situationen zu Hause zu meistern. Immer mehr Menschen palliativ versorgt Bereits Ende 2005 begannen die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) und die nordrheinischen Krankenkassen, die Voraussetzungen für die Strukturen einer allgemeinen ambulanten Palliativversorgung (AAPV) zu schaffen. 2009 wurde der bundesweit erste flächendeckende Vertrag zur spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) geschlossen. Heute verfügt Nordrhein über eine nahezu flächendeckende AAPV und SAPV. In allen Versorgungsregionen arbeiten palliativmedizinisch qualifizierte Haus und Fachärztinnen und ärzte, ambulante Palliativpflege und Hospizdienste eng zusammen. Die Nachfrage steigt mit dem demografischen Wandel: 2016 wurden rund 59.500 Menschen versorgt. Im Jahr 2024 werden voraussichtlich über 75.000 Menschen palliativmedizinisch betreut worden sein. Hohe medizinische Versorgungsstandards Die allgemeine ambulante Palliativversorgung ist in den nordrheinischen Verträgen mit den Primär und Ersatzkassen geregelt. Auf der Grundlage bundesweit einmaliger Sonderverträge zwischen der KVNO und den gesetzlichen Krankenkassen sichern niedergelassene Haus und Fachärztinnen und ärzte gemeinsam mit Pflegeteams eine zuverlässige allgemeine und spezialisierte ambulante Palliativversorgung für Menschen mit einem komplexen Symptomgeschehen. „Unsere Palliativverträge garantieren hohe medizinische Versorgungsstandards – von der Basisbetreuung über die AAPV bis hin zur höchsten Stufe, der SAPV. Sie umfassen eine 24/7Rufbereitschaft der Verantwortlichen und strenge Qualifikationsanforderungen, bei denen wir die bundesweiten Vorgaben mehr als erfüllen“, sagt Dr. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV. Für die Betroffenen geht es nicht um die Verlängerung der Überlebenszeit um jeden Preis, sondern vor allem um Aspekte der Lebensqualität. Wünsche, Ziele und das Befinden der Patienten in der letzten Lebensphase stehen im Vordergrund. Viele Schwerstkranke und Sterbende haben damit die Möglichkeit, die letzte Lebensphase in ihrer häuslichen Umgebung zu verbringen und umfassend palliativmedizinisch und pflegerisch versorgt zu werden. Starke Netzwerke sichern die Versorgung Ob das auch künftig so sein wird, ist offen. „Wir setzen uns für den Erhalt und Ausbau der bestehenden ambulanten Strukturen ein“, erklärt Bergmann. Seit 2019 seien die sogenannten OpenHouseVerträge zwischen Krankenkassen und einzelnen Pflegediensten möglich. Sollte sich die SAPV von der ambulanten Versorgung ablösen, könnte das bewährte Netzwerke schwächen. „Die SAPV als höchste Versorgungsstufe muss dringend unter ärztlicher und pflegerischer Leitung bleiben. Finanzgeleitete Entscheidungen haben hier nichts zu suchen“, so Bergmann. In enger Zusammenarbeit haben Ärzteschaft und KV Nordrhein ein umfassendes Konzept erarbeitet, das alle Versorgungsstufen integriert und die Koordination der Palliativnetze stärkt. Denn eine klare Struktur und ein starkes Netzwerk sichern nicht nur die hohe Qualität der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, sondern auch den effizienten Einsatz ärztlicher und pflegerischer Ressourcen. Dazu wünscht sich KVNO Chef Bergmann die Krankenkassen in Nordrhein weiterhin als Partner, um ein gutes und zukunftsfähiges Modell für die Palliativversorgung zu erhalten. Simona Meier ist Redakteurin im Auftrag der KV Nordrhein. Mit klaren Strukturen und einem starken Netzwerk bieten Ärzteschaft und KVNO ein umfassendes Konzept in der Palliativversorgung, das es schwerstkranken Menschen ermöglicht, ihre letzten Lebenstage zu Hause zu verbringen. Foto: Photographee.eu | Adobe Stock Die SAPV als höchste Versorgungsstufe muss dringend unter ärztlicher und pflegerischer Leitung bleiben. Finanzgeleitete Entscheidungen haben hier nichts zu suchen. Dr. Frank Bergmann, KVNO-Vorstandsvorsitzender
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