Rheinisches Ärzteblatt 07/2025

12 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 7 / 2025 Thema – 129. Deutscher Ärztetag Konzentriert, konstruktiv und mit einigen überraschend klaren Entscheidungen verlief in der letzten Maiwoche in Leipzig der 129. Deutsche Ärztetag. Zugleich wurden wichtige Weichen gestellt. Für einen Neuanfang im Verhältnis zur Politik stand dabei sicherlich der Auftritt der neuen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken bei der Eröffnungsveranstaltung in der Leipziger Nikolai-Kirche. Sie warb dort für eine gute Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit der Ärzteschaft. Von ihrem Vorgänger im Amt, Professor Dr. Karl Lauterbach, hatten sich die Ärztinnen und Ärzte oft übergangen gefühlt. Sie wolle angesichts der gewaltigen Herausforderungen in der Gesundheitspolitik mit allen Beteiligten in Dialog treten, versprach Warken. „Damit ist es mir ernst.“ Bei den anstehenden Reformen im Gesundheitswesen gehe es darum, auch angesichts einer alternden Gesellschaft, von Fachkräftemangel und knappen Finanzmitteln in der gesetzlichen Krankenversicherung eine hochwertige Gesundheitsversorgung in Stadt und Land sicherzustellen. Dazu müsse man auch in der ambulanten Versorgung neue Wege gehen und mithilfe einer besseren Steuerung der Patienten durch Hausärztinnen und Hausärzte eine zielgerichtetere Versorgung gewährleisten. Das reduziere Wartezeiten und sorge für einen achtsameren Umgang mit der ärztlichen Arbeitszeit. „Für ein so komplexes Reformvorhaben brauchen wir einen breiten Grundkonsens“, appellierte Warken an die Ärztinnen und Ärzte. Insbesondere müsse sichergestellt sein, dass es durch die Versorgungssteuerung nicht zu Engpässen in der Primärversorgung komme. In der stationären Versorgung gelte es, die Krankenhausreform zusammen mit den Ländern und den betroffenen Akteuren weiterzuentwickeln. „Wir wollen die Reform verbessern, nicht verwässern“, kündigte Warken an. Darüber hinaus versprach sie, das Gesundheitssystem von unnötigen bürokratischen Lasten zu befreien. „An gemeinsamen Themen und Herausforderungen herrscht kein Mangel“, erklärte die Ministerin. „Lassen Sie uns diese Aufgaben gemeinsam angehen.“ Zuvor hatte der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) Dr. Klaus Reinhardt bereits grundlegende Reformen angemahnt. Bei einem „Weiter so“ drohe der Kollaps des Gesundheitssystems. Mit Blick auf strukturelle Reformen sprach sich der BÄK-Präsident ebenso wie die Ministerin für eine bessere Patientensteuerung und die Einführung eines Primärarztsystems aus. Er verwies auf ein entsprechendes Positionspapier der Bundesärztekammer, das dafür plädiert, die primärärztliche Versorgung durch Haus- und Kinderärzte zum Normalfall zu machen. Nach dem BÄK-Konzept wählen die Patienten ihren „ersten Anlaufpunkt“ frei, aber für mindestens ein Jahr. Die Primärarztpraxis übernimmt die allgemeinmedizinische Versorgung sowie die Koordination notwendiger Weiterbehandlungen. Bei chronisch Kranken könne auch der behandelnde Facharzt diese Koordinationsfunktion übernehmen. Reinhardt betonte, dass es dabei ausdrücklich nicht um Foto: Jürgen Gebhardt Signal für Dialog und Zusammenarbeit Der diesjährige 129. Deutsche Ärztetag in Leipzig hat Zeichen gesetzt: Nach jahrelangen Vorarbeiten billigten die Abgeordneten eine neue privatärztliche Gebührenordnung (GOÄ). Außerdem verabschiedete man eine gemeinsame Position zur Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs – beides mit überwältigender Mehrheit. Gleich zur Eröffnung hatte die mit Spannung erwartete neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken der Ärzteschaft eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe angeboten. von Heike Korzilius

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