Rheinisches Ärzteblatt / Heft 7 / 2025 13 Thema – 129. Deutscher Ärztetag ein Gatekeeping-System gehe, das den Zugang von Patientinnen und Patienten zur medizinischen Versorgung einschränke. Es gehe vielmehr darum, dass die Patienten dort behandelt würden, wo es ihren Beschwerden angemessen sei. System muss bezahlbar bleiben Reinhardt appellierte zudem an die Politik, das Gesundheitswesen nicht allein als Kostenfaktor zu betrachten. Deshalb müssten Sparmaßnahmen immer einer Folgenabschätzung unterzogen werden. Zugleich stellte er aber auch die Rolle der Ärzteschaft im Reformprozess heraus. „Verantwortungsvolle Interessenvertretung ist mehr, als nur nach zusätzlichen finanziellen Mitteln zu rufen“, sagte er. Es bedeute, das Gesundheitssystem so mitzugestalten, dass es qualitativ hochwertig und zugleich für kommende Generationen bezahlbar bleibe und „auch morgen noch trage“, so Reinhardt. Angesichts der aktuell äußerst schwierigen Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung müssten neben notwendigen Strukturreformen die Kassen dringend von versicherungsfremden Leistungen entlastet werden. Je nach Berechnung seien das bis zu 60 Milliarden Euro jährlich. An die Ministerin appellierte er, die Erfahrung und das Wissen der im Gesundheitswesen Tätigen bei allen Reformüberlegungen angemessen einzubeziehen. Wichtig sei insbesondere der Abbau überbordender Bürokratie. Vorschläge aus der Ärzteschaft dazu lägen seit langem auf dem Tisch. Für die Umsetzung fehle es aber offenbar noch an einer Vertrauenskultur, die eine Vielzahl von Kontroll- und Prüfprozeduren überflüssig machen würde, sagte der BÄK-Präsident. Ob Ministerin Warken es ernst meint mit der guten Zusammenarbeit, dürfte die Ärzteschaft auch an ihrem Umgang mit der GOÄ-Novelle messen. Für deren politische Umsetzung hat der Deutsche Ärztetag am 29. Mai den Weg geebnet. Die Abgeordneten beauftragten die Bundesärztekammer, den mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) geeinten Entwurf für eine neue privatärztliche Gebührenordnung an das Bundesgesundheitsministerium zu übergeben. Das Ministerium müsse eine Novellierung der GOÄ auf dieser Grundlage nun unverzüglich einleiten, lautete die Forderung des Ärztetages. Dem Beschluss vorausgegangen waren in den vergangenen Wochen kontroverse Diskussionen innerhalb der Ärzteschaft. Insbesondere Vertreter von eher technischen Fächern wie Radiologen oder Laborärzte befürchteten durch den erzielten Kompromiss mit der PKV Honorareinbußen. Vor diesem Hintergrund fiel das Votum des Deutschen Ärztetages nun überraschend deutlich für die Novelle aus. „Der Beschluss des Deutschen Ärztetages ist ein wichtiges gemeinsames Signal für die Handlungs- und Kompromissfähigkeit der ärztlichen Selbstverwaltung, der Privaten Krankenversicherung und der Beihilfeträger für eine zukunftsfähige Privatmedizin“, kommentierten der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt, und der Direktor des PKV-Verbandes, Dr. Florian Reuther, das Abstimmungsergebnis. Das Ziel leistungsgerechter Honorare für Ärztinnen und Ärzte bei bezahlbaren Beiträgen für privat Ver- sicherte sei zu einem wirksamen Ausgleich gebracht worden. Jetzt sei die Politik in der Verantwortung. „Wenn ein so breit abgestimmter und tragfähiger Entwurf vorliegt, der von allen relevanten Akteuren mitgetragen wird, dann ist auch der Zeitpunkt gekommen, ihn in die politischen Verfahren einzubringen“, betonten Reinhardt und Reuther. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken hatte im Rahmen der Eröffnung des Ärztetages die Notwendigkeit für eine neue Gebührenordnung eingeräumt, deren Umsetzung aber an einen gemeinsamen Entwurf von BÄK und PKV geknüpft. GOÄ-Novelle schafft Transparenz Reinhardt hatte vor dem Ärzteparlament zuvor noch einmal erläutert, was die neue GOÄ leisten kann. Es handele sich dabei um ein differenziertes, ärztlich erarbeitetes Leistungsverzeichnis. Das allein sei schon ein Vorteil. Für die Breite der Ärzteschaft bedeute der Kompromiss mit der PKV bei der Leistungsbewertung ein Honorarplus von 13,2 Prozent in den ersten drei Jahren, was rund 1,9 Milliarden Euro entspreche. „Wir verbessern die Honorierung, ohne die Patientinnen und Patienten durch steigende Beiträge zu überfordern“, sagte Reinhardt. Mit einem an die moderne Medizin angepassten Leistungsverzeichnis schaffe die GOÄ-Novelle Rechtssicherheit und Transparenz. Aufgewertet werde insbesondere die ärztliche Zuwendung. „Das kommt allen Ärzten in der Patientenversorgung und ihren Patienten zugute“, erklärte er und räumte zugleich ein, dass man bei einigen technischen LeisWarb für die Novelle der privatärztlichen Gebührenordnung: der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt. Foto: Jürgen Gebhardt
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