Rheinisches Ärzteblatt 07/2025

20 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 7 / 2025 Spezial zentrum auf, um vor allem die Prävention, Diagnostik und insgesamt die medizinischen Behandlungsmethoden in Deutschland zu verbessern“, umriss der Leiter des Forschungsdatenzentrums beim BfArM, Dr. rer. nat. Steffen Heß, die Zielsetzung seiner Einrichtung. Auf Grundlage der pseudonymisierten GKV-Daten, die jährlich vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen an das FDZ übermittelt werden, sollen die Voraussetzungen für eine Forschung geschaffen werden, die zu Fortschritten bei der medizinischen Versorgung führt. Das Interesse der Versorgungsforschenden am neuen Datenpool ist groß. Das ist zumindest der Eindruck von Ingo Meyer, Leiter der PMV forschungsgruppe an der Uniklinik Köln. „Wir stehen definitiv Schlange. Das kann ein echter Game-Changer werden mit dem, was dann an Daten zur Verfügung steht.“ An zwei Webinaren, bei denen das BfArM kürzlich Prozesse und Zeitplanung am FDZ vorgestellt hat, hätten sehr viele Interessenten teilgenommen. „Die meisten von denen haben wahrscheinlich schon eine Antragsidee im Kopf“, vermutet Meyer. Auch beim BfArM geht man davon aus, dass viele Forschende bereits auf den Start des Forschungsdatenzentrums warten. Im Austausch mit potenziellen Nutzergruppen sei großes Interesse bekundet worden. Mit aktuell 20 Personalstellen glaubt man beim BfArM, auf die erste Antragswelle vorbereitet zu sein. Mit dem kontinuierlichen Aufbauprozess des FDZ werde das Team noch weiter wachsen. Besserer Zugriff auf GKV-Routinedaten Das FDZ Gesundheit ist als eigenständige und unabhängige Einrichtung organisatorisch beim BfArM angesiedelt. Das Zentrum ist eine Weiterentwicklung der Datenaufbereitungsstelle beim ehemaligen Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), wo seit dem Jahr 2014 Krankenkassen-Routinedaten aus dem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich, die das Bundesversicherungsamt (BVA) bereitstellte, aufbereitet wurden und für wissenschaftliche Analysen genutzt werden konnten. Die zeitliche Verzögerung von rund vier Jahren bis zur Bereitstellung dieser Daten im DIMDI und komplizierte Antragswege sorgten aber für eine eingeschränkte Nutzbarkeit für die Versorgungsforschung. Zudem standen für die Forschung die bei den Krankenkassen anfallenden Routinedaten nur eingeschränkt zur Verfügung. Mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz, das im März 2024 in Kraft trat, und der Verordnung zur Verfahrensregelung vom Januar 2025 wird nun ein besserer Zugriff auf die GKV-Routinedaten beim neuen Forschungsdatenzentrum ermöglicht. Auch Versorgungsforscher Ingo Meyer geht von besseren Forschungsvoraussetzungen aus: „Ein großes Problem des ersten Forschungsdatenzentrums beim DIMDI war, dass die praktische Umsetzung schwierig und das Antragsverfahren sehr langwierig war. Beim neuen FDZ besteht jetzt die Hoffnung, dass man schneller und zuverlässiger an bessere Daten zum Versorgungsgeschehen herankommt.“ Meyer wartet gespannt auf die Freischaltung der FDZAntragsseiten beim BfArM; denn auch seine PMV forschungsgruppe steht bereits in den Startlöchern, um den neuen Datenpool für zwei vom Bundesgesundheitsministerium geförderte Projekte zu Post- und Long-COVID bei Erwachsenen sowie bei Kindern und Jugendlichen nutzen zu können. Bisher hätten sich die Forscher für Projekte wie diese an verschiedene Krankenkassen wenden müssen, die Daten zusammenziehen und verknüpfen müssen. „Die Harmonisierung über verschiedene Kassen hinweg ist aber ein sehr aufwendiger Zwischenschritt; das ist im Forschungsdatenzentrum am BfArM quasi schon vollzogen“, betont der Leiter der PMV forschungsgruppe. Auch beim BfArM weist man auf die Vorteile hin, die sich mit der neuen Forschungsstelle bieten würden. Forschende könnten nicht nur den größeren Datenumfang nutzen, sondern auch anders als bisher ortsungebunden von ihrem eigenen Rechner auf einen gesicherten Arbeitsbereich zugreifen. Die forschenden Arzneimittelhersteller blicken skeptischer auf die Nutzungsmöglichkeiten, die das Forschungsdatenzentrum künftig bieten soll. Grundsätzlich sei mit dem FDZ Gesundheit ein institutionelles Fundament für eine moderne Gesundheitsdateninfrastruktur geschaffen worden, heißt es vom Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), und man sehe darin „eine echte Chance für die datenbasierte Forschung und für medizinische Innovationen zum Nutzen von Patientinnen und Patienten“. Erste praktische Vorbereitungen zu Forschungsanträgen zeigten allerdings einen hohen Komplexitätsgrad im Vergleich zu anderen Forschungsplattformen, was aufseiten der Antragsteller zu sehr hohem Ressourcenaufwand führe. Zudem befürchtet der VFA, dass das FDZ Gesundheit derzeit personell und ressourcentechnisch deutlich zu sparsam ausgestattet ist, sodass bei der zu erwartenden Vielzahl von Nutzungsanträgen Engpässe im Antrags- und Bewertungsprozess zu erwarten seien. Der VFA verweist in diesem Zusammenhang auf das Nachbarland Frankreich, wo mit dem im Dezember 2019 gestarteten „Health Data Hub“ eine vergleichbare Gesundheitsdatenbank mit deutlich größeren Kapazitäten an den Start gegangen ist. Um die Daten des FDZ nutzen zu können, müssen sich Interessierte über dessen Antragsportal mit einer ausführlichen Beschreibung ihres Forschungsprojekts Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin- produkte in Bonn Foto: BfArM/Frank Rümmele

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