22 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 7 / 2025 Gesundheits- und Sozialpolitik Die Zahl der Drogentoten in NordrheinWestfalen (NRW) ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Dazu verschiebt sich der Gebrauch von Substanzen. Während der Konsum von Heroin rückläufig ist, gewinnen Crack und synthetische Opioide an Bedeutung. Das Land setzt auf einen Ausbau von Hilfsangeboten. von Marc Strohm Es ist eine alarmierende Entwicklung: Seit Jahren steigt die Zahl der Drogentoten in Nordrhein-Westfalen kontinuierlich an. Waren nach Angaben des Landeskriminalamtes (LKA) NRW im Jahr 2020 noch 401 Menschen an den Folgen ihres Drogenkonsums gestorben, lag die Zahl im Jahr 2024 bereits bei 769 – ein Anstieg um fast 50 Prozent. Bundesweit verzeichnete die Deutsche Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) im Jahr 2023 mit exakt 2.227 Drogentoten einen historischen Höchststand, die meisten von ihnen Männer. Das Durchschnittsalter lag bei 41 Jahren – und ist ebenfalls angestiegen. In 1.479 Fällen sei ein Mischkonsum verschiedener illegaler Substanzen festgestellt worden, so die DBDD. 712 Todesfälle gingen auf den Konsum von Heroin zurück. Der Stoff zähle damit weiterhin zu den gefährlichsten illegalen Drogen in Deutschland, auch wenn die Zahlen rückläufig seien. Ein möglicher Grund dafür ist den Suchtexperten zufolge der starke Rückgang der Opiumproduktion im Hauptexportland Afghanistan seit der Machtübernahme durch die Taliban. Gleichzeitig warnt der Internationale Suchtstoffkontrollrat (INCB) davor, dass diese Angebotslücke zunehmend durch synthetische Opioide gefüllt werden könnte – etwa durch das Schmerzmittel Fentanyl oder sogenannte Nitazene. Nach Angaben der Europäischen Drogenagentur (EUDA) führten Substanzen aus der Gruppe der Nitazene im Jahr 2023 europaweit zu über 150 Todesfällen. Die europäischen Staaten seien auf diese neue Bedrohung nicht ausreichend vorbereitet, kritisierte der INCB. Aus Sicht von Expertinnen und Experten braucht es unter anderem einheitliche Labortestverfahren, ein stärkeres Engagement von Nachrichtendiensten sowie einen besseren Informationsaustausch, um die Entwicklung einzudämmen. Auch in einigen deutschen Bundesländern konnten bereits Spuren synthetischer Opioide in Heroin-Proben nachgewiesen werden – in Nordrhein-Westfalen jedoch bislang nicht, wie das Landeskriminalamt NRW auf Anfrage des Rheinischen Ärzteblattes erklärte. Lachgas im Trend Ein zunehmender Trend, den das LKA beobachtet, ist der Konsum von Lachgas als Partydroge. Im Jahr 2023 wurden dazu 363 Fälle registriert – ein deutlicher Anstieg gegenüber 216 Fällen im Jahr zuvor. Die Polizei NRW kooperiert mit der Ginko Stiftung für Prävention, die Informationsmaterialien für pädagogische Fachkräfte in Schulen sowie für die Jugend- und Sozialarbeit entwickelt. Diese klären unter anderem über die gesundheitlichen Risiken des Lachgaskonsums auf. Auf Bundesebene kündigte Gesundheitsministerin Nina Warken jüngst ein Verkaufsverbot von Lachgas an Minderjährige an. In Nordrhein-Westfalen haben einige Städte entsprechende Regelungen bereits in Eigenregie umgesetzt. Crack auf dem Vormarsch Eine besonders besorgniserregende Entwicklung zeigt sich beim Konsum von Kokain und dem daraus gewonnenen Crack: Während das Landeskriminalamt NRW im Jahr 2015 noch 2.298 Delikte im Zusammenhang mit diesen Substanzen registrierte, ist deren Zahl seither stetig gestiegen – auf 6.433 Fälle im Jahr 2024. Fachleute sehen die Ursachen unter anderem in der verkehrstechnisch günstigen Lage NordrheinWestfalens. Das Bundesland ist durch seine gut ausgebaute Infrastruktur und die Nähe zu den internationalen Containerhäfen in Antwerpen und Rotterdam Teil eines transnationalen Logistik- und Schmuggelnetzwerks für Betäubungsmittel. In Großstädten wie Essen, Köln und Düsseldorf gilt Crack inzwischen als die am häufigsten konsumierte illegale Droge, wie NRW verzeichnet ein wachsendes Drogenproblem Der Heroinkonsum in Deutschland ist zwar rückläufig, doch mit insgesamt 712 Todesfällen im vergangenen Jahr, die auf den Konsum von Heroin zurückgingen, gilt dieser Stoff noch immer als tödlichste illegale Droge in Deutschland. Foto: fusssergei / stock.adobe.com
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=