Rheinisches Ärzteblatt / Heft 7 / 2025 27 Forum hier zu einem besseren Behandlungsergebnis beitragen, sagte Hellmann. Ziel sei es, das Tool auch auf andere Patientenkollektive und Risikofaktoren auszuweiten. Bessere Risikoeinschätzung Die vom Schweizer Unternehmen Tiplu entwickelte Software MAIA gibt Ärztinnen und Ärzten Hinweise auf Verdachtsdiagnosen oder drohende medizinische Komplikationen bei ihren Patienten. Mithilfe des Tools, so Tiplu-Geschäftsführer Lennart Janzen, könnten individuelle Risiken genauer eingeschätzt und entsprechende Vorsorgemaßnahmen getroffen werden. Damit Ärztinnen und Ärzte die Plausibilität der KI-Vorschläge überprüfen könnten, liefere MAIA die Begründung mit. Als erstes Krankenhaus in Deutschland hatte nach eigenen Angaben das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein im Januar dieses Jahres die Software in die Versorgung eingeführt. Erleichterte Dokumentation KI-Anwendungen wie ARGO (Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf) und Noa Notes (Jameda) sollen die medizinische Dokumentation erleichtern. Sie zeichnen das Patientengespräch auf und überführen es in das jeweils gewünschte Textformat wie zum Beispiel Arztbriefe. Noa Notes benötigt dafür Jameda-Geschäftsführerin Constanze Stypula zufolge gerade einmal knapp über drei Sekunden. Ärztinnen und Ärzte verwendeten 20 Prozent ihrer täglichen Arbeitszeit für die medizinische Dokumentation, sagte Stypula. „Das ist zu viel.“ Anwendungen wie Noa Notes ermöglichten es, sich wieder mehr Zeit für die Patienten zu nehmen. Wie das Dialogforum für junge Ärztinnen und Ärzte beschäftigte sich auch der 129. Deutsche Ärztetag in einem Schwerpunkt mit dem Thema „KI in der Medizin“ (siehe Kasten). Für eine verantwortungsvolle Einführung von Anwendungen Künstlicher Intelligenz (KI) hat sich Ende Mai in Leipzig der 129. Deutsche Ärztetag ausgesprochen. Zugleich forderten die Delegierten, die Ärzteschaft müsse die Rahmenbedingungen für den Einsatz von KI mitbestimmen und mitgestalten. Nur so könne gewährleistet werden, dass sich die neuen Anwendungen vorrangig am Patientenwohl ausrichteten. In einem mit großer Mehrheit angenommenen Beschluss heißt es, die Anwendung von KI in der Medizin biete das Potenzial, Diagnose- und Behandlungsprozesse grundlegend umzugestalten, die medizinische Dokumentation zu erleichtern, Verwaltungsabläufe effizienter zu gestalten und das Gesundheitssystem zu transformieren. Inwieweit KI in Zukunft auch ärztliche Entscheidungen übernehmen könne, die die Beziehung zwischen Arzt und Patient berührten, sei aktuell nicht absehbar. Der Einsatz von KI-Anwendungen in der Patientenversorgung werde jedoch in zunehmendem Maße Bestandteil der ärztlichen Tätigkeit werden. Entscheidend ist nach Ansicht des Ärztetages, dass die empathische Kommunikation und eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Arzt und Patient einen wesentlichen Anteil am Behandlungserfolg haben. Beides dürfe durch den Einsatz von KI nicht in den Hintergrund geraten, warnte das Ärzteparlament. Darüber hinaus müsse die abschließende Verantwortung für Diagnostik, Indikationsstellung und Therapie bei den Ärztinnen und Ärzten verbleiben und dürfe nicht an ein KI-System übertragen werden. Voraussetzung für einen Einsatz von KI-Anwendungen ist dem Ärztetag zufolge die Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht und des Datenschutzes. Auch die Datenqualität spiele für den Einsatz eine entscheidende Rolle. KI-Algorithmen müssten mit qualitativ hochwertigen, relevanten und repräsentativen Daten trainiert werden, die die gesellschaftliche Vielfalt widerspiegelten, um Fehldiagnosen, Diskriminierungen und Verzerrungen zu vermeiden. Der Ärztetag sprach sich zudem dafür aus, die KI-Kompetenzen der Ärztinnen und Ärzte zu stärken. Sie müssten in Aus-, Fort- und Weiterbildung befähigt werden, die Funktionsweisen und Risiken von KI-gestützten Systemen zu verstehen. Zugleich gelte es, klassische ärztliche Kompetenzen weiterzuentwickeln, um Ergebnisse der KI auf Plausibilität prüfen zu können. Der Abstimmung vorausgegangen war eine konstruktive Debatte. Die Delegierten zeigten eine große Offenheit gegenüber der neuen Technologie, ohne die Risiken in ihren Redebeiträgen zu vernachlässigen. Ob die KI Spielerei oder disruptive Veränderung in der medizinischen Versorgung bedeute, lasse sich noch nicht sagen, erklärte PD Dr. Peter Bobbert, CoVorsitzender des Ausschusses „Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung“ der Bundesärztekammer. Die neue Technologie werde in jedem Fall die Digitalisierung in der Medizin beschleunigen und dazu beitragen, Prozesse deutlich effizienter zu gestalten. „Wir können dann wieder mehr Zeit für unsere Patienten haben“, so Bobbert. Die KI werde ohne Frage kommen. Deshalb sei es umso wichtiger, dass die Ärztinnen und Ärzte die Standards mitbestimmten. HK Die Stellungnahme der Bundesärztekammer zur Künstlichen Intelligenz findet sich unter https://www.bundesaerzte kammer.de/fileadmin/user_ upload/BAEK/Politik/ Programme-Positionen/ Von_aerztlicher_Kunst_mit_ Kuenstlicher_Intelligenz_ 27.05.2025.pdf Leitplanken für KI in der Medizin Von ärztlicher Kunst mit Künstlicher Intelligenz
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