18 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 8 / 2025 Gesundheits- und Sozialpolitik Von der Weiterbildung bis hin zu den oberärztlichen Stellenbesetzungen zeigt die diesjährige Ärztestatistik der Bundesärztekammer (BÄK): Die Medizin ist erneut weiblicher geworden. Auf den Spitzenpositionen in Kliniken und Universitäten dominieren hingegen nach wie vor die Männer. Arbeitszeiten und Karrierewege werden offenbar noch immer männlich gedacht. von Vassiliki Temme In Nordrhein überholten die berufstätigen Ärztinnen ihre männlichen Kollegen zahlenmäßig bereits 2023. Aktuell sind an Rhein und Ruhr 27.466 Ärztinnen tätig, ein Zuwachs von 2,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ihnen stehen 26.946 Ärzte gegenüber, 0,7 Prozent mehr als im Jahr zuvor (siehe Grafik 1). Nicht verändert gegenüber 2023 hat sich die Rangliste der Top 5 Gebietsbezeichnungen der Ärztinnen. Hier führen immer noch die Innere Medizin (2.907), die Allgemeinmedizin (2.455), die Gynäkologie (2.105), die Anästhesiologie (1.861) sowie die Pädiatrie (1.506) die Statistik an. Einen Grund für dieses Ranking vermutet die Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes und langjähriges Vorstandsmitglied der Ärztekammer Nordrhein, Dr. Christiane Groß, in einer besseren Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben in diesen Fachgebieten. Nach Ansicht von Groß, selbst Allgemeinärztin mit psychotherapeutischem Schwerpunkt, hat sich die berufliche Situation der Ärztinnen im Laufe der Jahre deutlich verbessert. „Die Frauen haben sich im ärztlichen Beruf etabliert und sind allmählich in die Stellvertreterpositionen vorgedrungen, aber eben noch nicht in die Spitzenpositionen“, meint Groß. Jetzt gehe es darum, auch die Lehrstühle und Klinikdirektionen in angemessener Zahl mit Ärztinnen zu besetzen. Eine der größten Hürden für die Karriere von Frauen in den Institutionen stellten dabei die sehr gut etablierten beruflichen und sozialen Netzwerke der Ärzte dar. „Die Männer vernetzen sich besser und die Strukturen sind von Männern für Männer gemacht“, gibt Groß zu bedenken. Viele Frauen trauten sich dort nicht hinein. „Man muss das auch bewusst abwägen: Tue ich mir diesen Stress und wohlmöglich diesen Frust an oder nicht?“, erläutert Groß. Allein unter Männern? Ein Fachbereich, der lange als Männerdomäne galt, rückt seit einiger Zeit auf der Beliebtheitsskala der Ärztinnen nach oben: die Chirurgie. Im vergangenen Jahr waren in Nordrhein neben 4.220 Chirurgen 1.449 Chirurginnen tätig, ein Plus von 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bundesweit waren 10.196 (plus 2,9 Prozent) Ärztinnen chirurgisch tätig und 31.643 Ärzte. „Immer mehr Frauen entscheiden sich für die Chirurgie und etablieren sich auch im Beruf“, sagt Dr. Janina Deyng, Fachärztin für Neurochirurgie und Beisitzerin im Verein „Die Chirurginnen“. Dessen Motto ist Programm: „Gemeinsam einfach besser“. Die im Verein organisierten Chirurginnen legten sehr viel Wert auf Sichtbarkeit und gegenseitige Unterstützung, gerade weil sie in einem Fach mit traditionell männlich geprägten Strukturen tätig seien, erklärt die Oberärztin und zweifache Mutter gegenüber dem Rheinischen Ärzteblatt. „Verhaltensweisen und Sprache sind oftmals männlich konnotiert und können dazu führen, dass Frauen die Mitarbeit erschwert wird.“ Entscheidend sei es daher, strukturelle Hürden weiter abzubauen – etwa bei der Vereinbarkeit von Familie und Karriere oder der Angestellt und weiblich – die neue Ärztegeneration BERUFSTÄTIGE ÄRZTINNEN & ÄRZTE 30.000 25.000 20.000 Ärztinnen Ärzte 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 24.286 24.329 24.458 24.695 25.240 25.904 26.154 26.374 26.654 26.768 26.946 27.466 26.776 26.027 25.355 25.331 24.533 22.945 22.113 21.553 20.859 20.330 Grafik 1 Quelle: Äztestatistik 2024 Bundesärztekammer / Illustration: Tina Ennen
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