Gesundheits- und Sozialpolitik Rheinisches Ärzteblatt / Heft 8 / 2025 19 gezielten Förderung von Frauen in Führungspositionen. Im Verein weiß man, dass sich viele junge Ärztinnen bewusst gegen die Chirurgie entscheiden – nicht, weil sie das Fach nicht interessiert, sondern weil die Rahmenbedingungen abschreckend wirken: Die Arbeitszeiten sind wenig planbar, Teilzeitmodelle werden von Vorgesetzten häufig abgelehnt, die Vereinbarkeit von beruflicher Tätigkeit und Care-Arbeit ist unzureichend und es gibt kaum weibliche Vorbilder. Dazu kommt Deyng zufolge oft ein immer noch männlich geprägtes Rollenverständnis, das junge Kolleginnen zweifeln lässt, ob sie in der Chirurgie wirklich willkommen wären. Arztsein neu denken „Wir wollen zeigen, dass die Chirurgie ein erfüllender, machbarer und zukunftsfähiger Beruf ist, auch und insbesondere für Frauen“, bekräftigt die Neurochirurgin. „Dazu braucht es aber echte Unterstützung.“ „Die Chirurginnen“ bieten deshalb Mentoring-Programme an, fördern den fachlichen Austausch und machen weibliche Karrieren in der Chirurgie sichtbar – online, auf Kongressen und direkt vor Ort. „Für die Zukunft wünschen wir uns eine Chirurgie, die moderner denkt, die lebensfreundlicher, flexibler und offener für unterschiedliche Lebensentwürfe ist“, sagt Deyng. Denn operative Exzellenz brauche Vielfalt – und das beginne mit fairen Chancen für den Nachwuchs, unabhängig vom Geschlecht. Ärztinnenbund-Präsidentin Groß sieht das ähnlich. „Es sind ja nicht nur die jungen Frauen, die sich andere Arbeitszeitmodelle wünschen.“ Auch wenn diese immer noch die meiste Care-Arbeit leisteten, zeichne sich eine deutliche Verschiebung der klassischen Familienkonstellation ab, weil auch immer mehr Väter mehr Zeit mit dem Nachwuchs verbringen wollten. „Deshalb profitieren alle von den Veränderungen, die wir anstreben“, sagt Groß. Eine 40-StundenWoche mit zusätzlichen Nacht- und Sonderdiensten sei nicht mehr zeitgemäß. Das belegten auch die Trends, die sich aus der Ärztestatistik der BÄK und der Arztzahlstatistik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ableiten ließen: Immer mehr Ärztinnen und Ärzte arbeiteten in Teilzeit, und in der ambulanten Versorgung seien immer mehr Ärzte als Angestellte tätig. Aktuell sind in Nordrhein von 20.989 ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzten, 8.094 angestellt tätig. Vor zehn Jahren lag deren Zahl noch bei rund der Hälfte (siehe Grafik 2). Um Karrieren von Ärztinnen zu fördern, spricht sich der Ärztinnenbund für das sogenannte Topsharing aus. Dabei werden Führungspositionen von Anfang an als Doppelspitze ausgeschrieben und besetzt, Aufgaben und Kompetenzen sinnvoll aufgeteilt. „Die Bedürfnisse von Frauen und Müttern werden noch immer nicht ausreichend berücksichtigt. Das muss sich ändern“, fordert Groß. Dazu müsse man die Betroffenen mit ins Boot holen. Jungen Ärztinnen rät sie, mutig zu sein und Missstände anzusprechen. BERUFSTÄTIGE ÄRZTINNEN & ÄRZTE BERUFSTÄTIGE ÄRZTINNEN & ÄRZTE 16.000 14.000 12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0 22.000 20.000 18.000 16.000 14.000 12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 0 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2014 2015 2016 2017 2018 20192020 2021 2022 20232024 niedergelassen niedergelassen angestellt angestellt Ambulant 2024 Ambulant 2024 Grafik 2 Quelle: Äztestatistik 2024 Bundesärztekammer / Illustration: Tina Ennen Ärztliche Körperschaften im Internet Ärztekammer Nordrhein www.aekno.de Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein www.kvno.de Ärzteversorgung Nordrhein www.nordrheinische-aerzteversorgung.de
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