24 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 8 / 2025 Forum In sozialen Netzwerken werden Jugendliche zunehmend mit unrealistischen Schönheitsidealen konfrontiert. Die allgegenwärtige Darstellung vermeintlich perfekter Körper fördert die Unzufriedenheit mit dem eigenen Erscheinungsbild – mit teils gravierenden Folgen für die psychische Gesundheit. In der Politik mehren sich Forderungen nach Regulierung. von Marc Strohm Wer noch vor wenigen Monaten auf der Plattform TikTok nach dem Hashtag #SkinnyTok suchte, stieß auf eine Community, die das Hungern als Lifestyle glorifizierte. Influencerinnen, die oftmals bis auf ein gesundheitlich bedenkliches Maß abgemagert waren, teilten dort kalorienarme Rezeptideen, gaben Tipps, wie sich durch gezielte Übungen schneller Gewicht reduzieren lässt oder betonten, wie „schön das Leben mit 45 Kilo“ sei. Nach deutlicher Kritik – unter anderem durch die französische Regierung – reagierte TikTok: Die Plattform zensierte das Hashtag. Suchende werden nun auf Unterstützungsangebote für Menschen mit Essstörungen weitergeleitet. Wie sich die in sozialen Medien vermittelten Körperbilder auf die psychische Gesundheit junger Menschen auswirken, war auch Thema des Kammerkolloquiums Kindergesundheit der Ärztekammer Nordrhein, das am 28. Juni im Haus der Ärzteschaft in Düsseldorf stattfand. „Die durch soziale Netzwerke verbreiteten Schönheitsideale können eine erhebliche psychische Belastung darstellen – insbesondere bei uneingeschränkter und nicht altersgerechter Nutzung“, erklärte deren Präsident Dr. Sven Dreyer vor rund 350 Teilnehmenden. Um präventiv gegenzusteuern, plädierte Dreyer für eine verbindliche Verankerung von Medienkompetenzförderung in den Lehrplänen allgemein- und berufsbildender Schulen. Zudem verwies er auf einen aktuellen Beschluss des diesjährigen 129. Deutschen Ärztetages, der Bund und Länder auffordert, Maßnahmen für eine eingeschränkte Nutzung sozialer Medien durch Kinder und Jugendliche zu erarbeiten. Auch der neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Professor Dr. Hendrik Streeck, kündigte bei seinem Amtsantritt Anfang Juni an, besonderes Augenmerk auf den Schutz von Minderjährigen zu legen. Das, so Streeck, schließe den Umgang mit digitalen Medien ein. Der Einfluss sozialer Medien auf den Wunsch nach körperlicher Veränderung hat nach einer Erhebung der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) in den letzten Jahren signifikant zugenommen: Während im Jahr 2020 noch 2,3 Prozent der Befragten angaben, dass soziale Netzwerke diesen Wunsch verstärken, waren es 2022 bereits 10,6 Prozent. Erstmals gaben auch männliche Befragte (0,7 Prozent) an, sich durch Social Media beeinflusst zu fühlen. Mit Instagram-Vorlage in die Sprechstunde „Jugendliche und junge Erwachsene sind in sozialen Medien massiv realitätsfremden Schönheitsidealen ausgesetzt“, erklärt Dr. Helge Jens, Präsident der DGÄPC, gegenüber dem Rheinischen Ärzteblatt. Besonders prägend seien Inhalte von Influencerinnen und Influencern, die den Eindruck vermittelten, kosmetisch-ästhetische Eingriffe seien normal oder gar alltäglich. Gezeigt würden sogenannte Russian Lips, Po-Vergrößerungen wie das Brazilian Butt Lift, überdimensionierte Brüste oder chirurgisch modellierte Bauchmuskeln. Zusätzlich ermöglichten Filter, KI- gestützte Bearbeitungssoftware und Apps, mit wenigen Klicks die vermeintlich „beste Version“ des eigenen Körpers zu erzeugen, so Jens. Die Wirkung bleibe nicht aus: Immer häufiger suchten junge Patientinnen und Patienten ästhetisch-plastische Chirurgen mit konkreten Eingriffswünschen auf – von Lippenvergrößerungen bis hin zu makelloser „Glass Skin“. Oft legten sie stark bearbeitete Bilder oder Instagram-Profile als Wunschvorlage in der Sprechstunde vor. Gefährliche Vorbilder auf Social Media In den sozialen Medien sind Jugendliche zunehmend mit unrealistischen Schönheitsidealen konfrontiert. Insbesondere bei Frauen mit Essstörungen steigern Fitspiration-Beiträge, die schlanke und gleichzeitig trainierte Körper zeigen, die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper. Foto: PeopleImages/istockphoto.com
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