Thema 12 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 10 / 2025 Foto: FreshSplash / istockphoto.com Neun Zeilen widmen Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag der Prävention. „Krankheitsvermeidung, Gesundheitsförderung und Prävention spielen für uns eine wichtige Rolle“, heißt es dort. Den Schwerpunkt legen die Koalitionäre auf die Erweiterung der U-Untersuchungen für Kinder, freiwillige kommunale Angebote für vulnerable Gruppen sowie die gesundheitlichen Folgen von Einsamkeit. Geprüft werden soll zudem, wie der Öffentliche Gesundheitsdienst nachhaltig gestärkt werden kann. Das ist kein ambitioniertes Programm angesichts einer alternden Gesellschaft, eines sich verschärfenden Fachkräftemangels in den Gesundheitsberufen und explodierender Krankenkassenbeiträge. Die Bundesärztekammer (BÄK) hatte diese Gemengelage Ende 2024 zu der Forderung motiviert, die Themen Prävention, Gesundheitskompetenz und Gesundheit in allen Politikfeldern (Health in All Policies) ganz oben auf die Agenda einer neuen Bundesregierung zu setzen. Ziel müsse es sein, den Menschen eine gesunde Lebensführung nahezubringen und dadurch die Zahl der „Volkskrankheiten“ zu senken. Es fehlt eine Gesamtstrategie Auch die Gesundheitsministerkonferenz der Länder sprach sich bei ihrer jüngsten Sitzung im Juni dafür aus, Prävention und Gesundheitsförderung als zentrale Säulen des Gesundheitssystems auszubauen und das Präventionsgesetz von 2015 weiterzuentwickeln. Damals hatte der Gesetzgeber das Ziel formuliert, gesunde Lebenswelten zu stärken. Prävention und Gesundheitsförderung sollten in jedem Lebensalter und in allen Lebensbereichen als gemeinsame Aufgabe von Sozialversicherungsträgern, Ländern und Kommunen gestaltet, die Früherkennungsuntersuchungen fortentwickelt und das Impfwesen gefördert werden. Seither hat es in einigen dieser Bereiche Verbesserungen gegeben, und die Ausgaben für Präventionsmaßnahmen haben sich fast verdoppelt. Dennoch beklagen Experten auch zehn Jahre nach Inkrafttreten des Präventionsgesetzes eine fehlende Gesamtstrategie. Anlässlich des Jahrestages forderte der Verband der Privaten Krankenversicherung einen „Neustart“, während die BÄK die fehlende strukturelle Vernetzung der medizinischen Präventionsangebote mit Maßnahmen in den Lebenswelten kritisierte und beklagte, dass insbesondere die Gesundheitskompetenz von Kindern und Jugendlichen in Kita und Schule nicht ausreichend gestärkt werde. Ähnlich beurteilen das die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die von deutscher Seite an der jüngsten Kinder- und Jugendgesundheitsstudie „Health Behaviour in School-aged Children“ der Weltgesundheitsorganisation beteiligt waren, die seit mehr als 40 Jahren Daten zur Kindergesundheit erhebt. „Im Kindes- und Jugendalter wird der Grundstein für die Gesundheit im Erwachsenenalter gelegt“, schreiben die Autoren im Journal of Health Monitoring anlässlich der Veröffentlichung ihrer Studienergebnisse im März 2024. Demnach haben sich die Belastungen der Kinder und Gesünder aufwachsen Knapp 631 Millionen Euro jährlich haben die gesetzlichen Krankenkassen zuletzt für Prävention und Gesundheitsförderung ausgegeben – angesichts der GKV-Gesamtausgaben von rund 320 Milliarden Euro ein bescheidener Betrag. Dabei fordern Ärzteschaft und Gesundheitswissenschaft seit Jahren, Verhaltens- und Verhältnisprävention auszubauen. Aktuell im Fokus: der problematische Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen und dessen negative Folgen für die Gesundheit von Heike Korzilius
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