38 Rheinisches Ärzteblatt / Heft 10 / 2025 Kultur dings ist Homosexualität nur ein Aspekt der Geschichte um die reiche aber kaputte Familie Pollitt, den Williams thematisiert. Der junge Brick war bis zu seiner Verletzung ein berühmter Rugby-Spieler. Der durchtrainierte Nikolaus Benda zeigt in Feinripp-Hemd und Boxershorts die entsprechenden Muskeln. Brick, der Stolz der Familie, hatte eine große Karriere vor sich, aber seine Verletzung beendete seine Hoffnungen jäh. Auch kommt er nicht über den tragischen Tod seines Rugby-Kollegen Skipper hinweg, mit dem ihn wohl mehr als nur reine Freundschaft verband. Mehr recht als schlecht schlägt sich Brick nun als Sportreporter durch und versinkt zunehmend in Selbstmitleid und Depressionen, die er mit Whiskey zu therapieren versucht. Seine Frau Maggie, am Rande der Verzweiflung intensiv gespielt von Lisa-Katrina Mayer, weiß nicht mehr, was sie machen soll. Sie steht mächtig unter Druck, denn sie dringt immer weniger zu ihrem Mann durch. Sie hat sich dem Projekt verschrieben, Brick aus seinem dunklen Loch zu ziehen und damit auch ihre Ehe zu retten. Lautstark beklagt sie sich bei ihm, dass er sie nicht mehr berühre und seine ehelichen Pflichten vernachlässige mit dem Ergebnis, dass die Ehe bislang kinderlos blieb. In den Augen der Schwiegermutter und der Schwägerin liegt der Grund dafür wie selbstverständlich bei ihr als Ehefrau. Die Kinderlosigkeit von Maggie und Brick ist ein mit Häme vorgebrachtes Argument Das Kölner Schauspielhaus zeigt „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ von Tennessee Williams in einer eindringlichen Inszenierung des Regisseurs Bastian Kraft. von Jürgen Brenn Klack, tschock, klack, tschock, klack, tschock. Das sind die rhythmisch monotonen Geräusche, die das Schauspiel Köln an der Schanzenstraße während der Aufführung von „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ erfüllen, bei der Bastian Kraft die Regie führt. Die vom Whiskey getrübten Augen stur geradeaus ins Nichts gerichtet, humpelt Nikolaus Benda mit klobigem Gipsbein auf Krücken gestützt auf einem Laufband, das von der Bühne beinahe bis in den Zuschauerraum reicht. Über ihm kalte Lichtstreifen, die je nach Szene hoch über den Schauspielern schweben oder sie beinahe niederdrücken. Benda läuft und läuft, ohne auch nur einen Meter voranzukommen. Wie Sisyphos humpelt er verbissen immer weiter, trinkt immer weiter, bis es in seinem Kopf endlich Klick macht. Das Laufband bringt sämtliche Schauspieler in Bewegung, ohne dass sie wirklich vom Fleck kommen. Übergroße Videoeinspielungen ihrer Gesichter neben dem Laufband erzeugen eine teils beeindruckend-trostlose Stimmung. Nikolaus Benda spielt Brick, den jüngeren von zwei Söhnen des Selfmademans und Plantagenbesitzers Pollitt, genannt „Big Daddy“. Er hat anlässlich seines 65. Geburtstags zu einer Familienfeier eingeladen. Tennessee Williams, der mit bürgerlichem Namen Thomas Lanier Williams III hieß, wurde 1911 in Mississippi geboren und starb 1983 in New York. Er wurde für seine Theaterstücke „Endstation Sehnsucht“ und „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ jeweils mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet. „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ wurde 1955 am Broadway uraufgeführt. Rasch fand das Stück auch den Weg nach Europa und Deutschland. Ebenfalls 1955 fand die deutsche Erstaufführung am Düsseldorfer Schauspielhaus statt. Williams verarbeitete in dem Stück eigene familiäre Erfahrungen. Er wuchs in einer Familie auf, die sich mit seiner Homosexualität schwertat. AllerBei Brick macht es Klick Nikolaus Benda als Brick und Lisa-Katrina Mayer als seine Frau „Maggie“, genannt die Katze in „Die Katze auf dem heißen Blechdach“. Foto: Krafft Angerer von Bricks älterem Bruder Gooper, den Johannes Benecke spielt. Der Rechtsanwalt hat zusammen mit seiner Frau Mae, gespielt von Katharina Schmalenberg, fünf Kinder und das sechste ist unterwegs. Sie sind der Meinung, dass Big Daddy sein Vermögen an Gooper vererben sollte, da dieser einen anständigen Lebenswandel führe und für den Fortbestand der Familie Pollitt sorge. Genüsslich reiben Mae und Gooper Brick und Maggie ihr Versagen unter die Nase und lassen ihre Kinder vor der versammelten Familie singen, tanzen und nervtötende Gedichte aufsagen, um damit Big Daddy zu beeindrucken, der gute Mine zum bösen Spiel macht. Maggie bezeichnet die Kinderschar als „halslose Monster“, und Brick nimmt noch einen Schluck aus der Whiskey-Flasche. Bricks homophile Neigungen werden in dem Stück nur angedeutet, ebenso wie die Krebsdiagnose des Familienoberhaupts Big Daddy. Der Schein einer glücklichen Familie soll nach dem Willen von Big Mama, gespielt von Birgit Walter, gewahrt werden – koste es, was es wolle. Andreas Leupold spielt das Familienoberhaupt, dem deutlich anzusehen ist, dass ihm der Rummel um seine Person und das verlogene Getue von Gooper und Mae auf die Nerven geht. Vielmehr sucht er die Nähe und das Gespräch mit seinem Lieblingssohn Brick. Hier blitzt so etwas wie Vertrauen, Offenheit und Ehrlichkeit auf. Der Vater spürt instinktiv sein nahes Ende und Brick lässt ihm gegenüber seine Seelenqualen durchblicken. I nformationen unter www.schauspiel.koeln und Tel.: 0221 2212 8400.
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