Rheinisches Ärzteblatt 11/2025

Rheinisches Ärzteblatt / Heft 11 / 2025 23 synthesematerials zu kontrollieren. Als Ergebnis einer solchen Kontrolle hätte eine sehr zeitnahe Korrektur der fehlplatzierten Schraube im Grundglied der Großzehe indiziert und durchgeführt werden können, um eine Schädigung der Gelenkstrukturen zu vermeiden. Es wurde im Operationsbericht darauf hingewiesen, dass die im Rahmen der Umstellungsoperation des Grundglieds vorgenommene Akin-Osteotomie mit Entnahme eines medial basierten Knochenkeils visuell vorgenommen und anschließend von medial proximal nach lateral distal schräg verlaufend eine Schraube über einen Kirschnerdraht durch die Weichteilstrukturen der Gelenkkapsel und des medialen Seitenbands platziert worden sei. Eine ausreichende visuelle Kontrolle könne nicht erfolgt sein, da die nachfolgend eingebrachte Schraube nachweislich der ersten Röntgenkontrolle postoperativ mit dem Schraubenkopf und deren Gewindegängen Kontakt zum ersten Mittelfußknochenkopf hatte. Da die Schraubengänge in der Gegenkortikalis der lateralen Diaphyse des Grundglieds im Vergleich mit den nachfolgenden Röntgenkontrollen unverändert gelegen hätten, sei die Annahme, dass sich die Schraube bei der Belastung postoperativ verschoben habe, nicht zu belegen. Der Operateur habe in seinem Operationsbericht unter der Rubrik „weiteres Procedere“ außerdem angeführt, dass eine unmittelbare Vollbelastung ausschließlich im Stuttgarter Verbandschuh für sechs Wochen postoperativ mit erst dann anstehender Röntgenkontrolluntersuchung vorzunehmen sei. Die Behandlungsunterlagen aus dem belasteten Krankenhaus ließen auch insoweit nicht erkennen, dass im Rahmen des stationären Aufenthalts, in dem bereits die Vollbelastung durchgeführt wurde, eine Röntgenkontrolluntersuchung erfolgte. Zusammenfassend wurde festgestellt, dass ein Behandlungsfehler vorliegt. Dr. med. Ulrich Leyer und Dr. med. Daniel Frank sind Stellvertretende Geschäftsführende Kommissionsmitglieder, Margarete Gräfin von Schwerin ist ehem. Stellvertretende Vorsitzende und Dr. med. Tina Wiesener ist Leiterin der Geschäftsstelle der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein. Verletzung der medizinischen Sorgfaltspflicht anzusehen. Durch die fehlerhafte Schraubenlage sei es zu vermehrten Schmerzen und einer Bewegungseinschränkung gekommen. Außerdem habe sich eine knöcherne Lysezone im Bereich des MFK-1-Köpfchens entwickelt. Es seien Behandlungsfehler beim operativen Eingriff und bei der Nachbehandlung festzustellen. Einwendungen gegen das Gutachten Den Feststellungen des Gutachters wurde vonseiten des Operateurs widersprochen. Er beantragte ein abschließendes Gutachten durch die Gutachterkommission insbesondere mit dem Hinweis, dass der ausführliche Operationsbericht nicht hinreichend berücksichtigt worden sei. Hier sei ausdrücklich aufgeführt, dass die zu beurteilende Schraube subkortikal und somit fachgerecht versenkt worden sei. Wenn es nach den ersten Belastungen zu einer Lageveränderung gekommen wäre, so wäre dies in den ersten Röntgenkontrollen zu sehen und dem Operateur auch mitzuteilen gewesen. Dies sei zu keinem Zeitpunkt geschehen. Die vom Gutachter beschriebene Saumbildung sei in diesem Fall und zu diesem Zeitpunkt nicht Grundlage einer Stellungsveränderung. Der ambulant nachbehandelnde Arzt und die antragstellende Patientin hatten ebenfalls Gelegenheit zur Stellungnahme, verzichteten hierauf jedoch. Abschließende Begutachtung Die Gutachterkommission hat den Sachverhalt auf Antrag des Operateurs erneut einer vollständigen und eigenständigen Überprüfung unterzogen und Folgendes festgestellt: Ergänzend sei festzuhalten, dass zeitnah zur durchgeführten Operation keine Röntgenkontrolle erfolgte. Es sei weder während der Operation eine BildwandlerUntersuchung noch zumindest zeitnah postoperativ eine Röntgenkontrolle durchgeführt worden, um die jeweilige Osteotomie beziehungsweise die Lage des OsteoPatientin ohne Zweifel ein ausgeprägter Hallux valgus links vorgelegen habe. Die Röntgenbilder des linken Fußes hätten einen deutlichen Hallux valgus links mit noch gut erhaltenem Großzehengrundgelenk bei nicht mehr regelrecht liegenden Sesambeinen im Bereich des ersten Mittelfußköpfchens gezeigt. Die zunächst erfolgte Einlagenverordnung sei richtig gewesen, ebenso die Vorstellung der Patientin zur Klärung der Frage einer operativen Versorgung in einer geeigneten Klinik. Bei der Vorstellung in der beschuldigten Klinik sei die Indikation zur Operation zutreffend gestellt und die Patientin in einem zweiten Schritt umfassend aufgeklärt worden. Auch der Operationsbericht sei nicht zu beanstanden. Die hierin beschriebenen Operationsverfahren einer Chevron- und Akin-Osteotomie sowie die dargestellten Weichteileingriffe seien geeignet und richtig gewesen, um eine operative Korrektur des Hallux valgus in diesem Behandlungsfall zu erreichen. Hingegen würden die vorliegenden postoperativen Röntgenbilder vierzehn Tage nach der Operation zwar eine korrekte Achsenkorrektur des ersten Strahls mit einer Resektion der Exostose und mit korrekter Lage der Schraube im Bereich des MFK1-Köpfchens erkennen lassen, die Schraubenlage nach der Akin-Osteotomie am Großzehengrundgelenk sei jedoch nicht regelrecht. Vielmehr zeige sich ein Schraubenüberstand an der medialen Basis des Grundglieds, wobei sich der Schraubenkopf auf die Höhe des MFK-1-Köpfchens projiziere. In der seitlichen Ansicht liege der Schraubenkopf genau in der Mitte des ersten Mittelfußknochens und somit fehlerhaft. Da es sich um eine Röntgenaufnahme im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Operation handele und auch keine Lockerungszeichen der Schrauben erkennbar seien, liege auch keine sekundäre Dislokation der Schraube vor. Die Tatsache, dass die Doppelgewinde-Schraube nicht vollständig im Knochen versenkt worden sei und den Knorpel und den Knochen am ersten Mittelfußknochen arrodiert habe, sei als ein Abweichen vom medizinischen Standard beziehungsweise als eine Wissenschaft und Fortbildung – Aus der Arbeit der Gutachterkommission – Folge 148 Ärztliche Körperschaften im Internet Ärztekammer Nordrhein www.aekno.de Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein www.kvno.de Ärzteversorgung Nordrhein www.naev.de

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