Mein Beruf Rheinisches Ärzteblatt / Heft 11 / 2025 43 aufgrund meines einjährigen Aufenthalts in Indien nur zu 85 Prozent anerkannt. Deshalb entschied ich mich, eine Kenntnisprüfung abzulegen. Leider wurde ich über den weiteren Ablauf lange nicht informiert und musste fast ein Jahr auf einen Prüfungstermin warten. Die Wartezeit und die damit einhergehende Unsicherheit habe ich als belastend empfunden, auch finanziell. Nach Erhalt meiner Approbation war für mich klar, dass ich nicht in Berlin bleiben wollte. Ich ging aufgrund meiner guten Erfahrungen im St. Vinzenz Hospital für meine Weiterbildung zurück nach Dinslaken, weil mir auch das Leben in der Kleinstadt sehr zusagt. : Welche Bilanz ziehen Sie aus Ihren Erfahrungen? Meena K.: Ich habe den Eindruck, dass viele ausländische Kolleginnen und Kollegen hochmotiviert nach Deutschland kommen, sich dann aber im „Bürokratiedschungel“ alleingelassen fühlen. Wir verlassen unsere Heimat, müssen uns in einer neuen Kultur zurechtfinden, beherrschen die Sprache oft nur begrenzt und sehen uns häufig mit komplizierten behördlichen Verfahren konfrontiert. Ich bin überzeugt, dass es eine große Hilfe wäre, wenn neu ankommende ausländische Ärzte eine feste Ansprechperson hätten, die sie vom ersten Tag bis zur Approbation begleitet. Darüber hinaus sorgen die langen Anerkennungsverfahren insbesondere bei Ärzten aus sogenannten Drittstaaten für Frustration. Ich bin froh, dass ich einen langen Atem hatte und die Zeit abgewartet habe. Einige Bekannte von mir hatten diese Geduld leider nicht. Sie haben Deutschland nach Monaten des Wartens den Rücken gekehrt. : Wie sehen Ihre weiteren beruflichen Pläne aus? Meena K.: Ich habe das Gefühl, dass ich inzwischen in Deutschland sehr gut angekommen bin. Zunächst möchte ich meine Weiterbildung in der Inneren Medizin abschließen. Danach plane ich eine Spezialisierung. Die Tendenz geht zur Gastroenterologie, weil mich die technische Entwicklung in diesem Bereich besonders fasziniert. Grundsätzlich möchte ich gerne in Dinslaken bleiben, denn die Zusammenarbeit mit meinen Kollegen im Krankenhaus bereitet mir viel Freude. Kein Tag gleicht dem anderen und genau das liebe ich an meinem Beruf. Das Interview führte Marc Strohm Meena K., Ärztin in Weiterbildung für Innere Medizin aus Indien „Im Bürokratiedschungel braucht man einen langen Atem“ Job, Beruf, Berufung? – An dieser Stelle berichten junge Ärztinnen und Ärzte über ihren Weg in den Beruf, darüber, was sie antreibt und warum sie – trotz mancher Widrigkeiten – gerne Ärztinnen und Ärzte sind. : Was hat Sie nach Dinslaken verschlagen? Meena K.: Mein Weg ins St. Vinzenz Hospital verlief alles andere als geradlinig. Geboren bin ich in Indien. Weil die beruflichen Perspektiven für Ärzte in Europa besser sind, ging ich zunächst zum Medizinstudium nach Litauen. Dort studierte ich sechs Jahre lang auf Englisch. Danach zog es mich aus Heimweh für ein Jahr zurück nach Indien, wo ich mein Studium abschloss. Nach Deutschland kam ich, weil mein Mann hier leben wollte. Zunächst lebten wir in Berlin. Dort stellte ich meinen Approbationsantrag und suchte gleichzeitig bundesweit nach einer Hospitationsstelle, um den klinischen Alltag in Deutschland kennenzulernen. Auf Empfehlung einer Freundin bewarb ich mich am St. Vinzenz Hospital in Dinslaken und erhielt sofort eine Zusage. : Gab es Hürden beim Start in den Beruf? Meena K.: Ich wurde sehr herzlich aufgenommen und habe von Anfang an viel Unterstützung durch das Team und die Klinikleitung erfahren. Das Krankenhaus stellte mir eine kleine Wohnung in der Nähe zur Verfügung, was mir sehr bei der Orientierung half. Während meiner Hospitation durfte ich in Ruhe in den Alltag hineinwachsen. Ich beobachtete zunächst meine Kolleginnen und Kollegen, nahm in ihrer Anwesenheit Anamnesen auf und konnte so sowohl die Abläufe als auch die Sprache besser verstehen. Auch bei der Vorbereitung auf die Fachsprachprüfung wurde ich sehr unterstützt. Einige Oberärzte übten mit mir auf Deutsch und das Krankenhaus bot sogar einen eigenen Sprachkurs an. Die Arbeit mit den Patientinnen und Patienten macht mir große Freude, besonders wegen der Dankbarkeit, die ich oft erfahre. : Auf welche Schwierigkeiten sind Sie gestoßen? Meena K.: Die Sprache war anfangs die größte Herausforderung. Zwar hatte ich bereits in Indien beim Goethe-Institut sechs Foto: GFO Kliniken Niederrhein Meena K. wurde in Indien geboren. Ihr Medizinstudium absolvierte sie in Litauen und Indien. Ihre Approbation erhielt sie in Berlin. Seitdem absolviert sie ihre Weiterbildung in der Inneren Medizin am St. Vinzenz Hospital in Dinslaken. Monate lang einen Deutschkurs besucht, doch mein damaliges B1-Niveau reichte für den Klinikalltag nicht aus. Durch die Hospitation konnte ich mein medizinisches Fachvokabular deutlich verbessern. Nach etwa einem Monat fühlte ich mich im Patientengespräch sicherer. Die Fachsprachprüfung habe ich dann drei Monate später beim ersten Versuch bestanden. Eine weitere große Hürde war der bürokratische Aufwand rund um meine Approbation. Mein Studium in Litauen wurde „Durch die Hospitation konnte ich mein medizinisches Fachvokabular deutlich verbessern.“
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