Rheinisches Ärzteblatt 12/2024

Mein Beruf Rheinisches Ärzteblatt / Heft 12 / 2024 51 Dr. Jan-Philipp Cieslik, angehender Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe „Freud und Leid liegen in der Gynäkologie nah beieinander“ Job, Beruf, Berufung? – An dieser Stelle berichten junge Ärztinnen und Ärzte über ihren Weg in den Beruf, darüber, was sie antreibt und warum sie – trotz mancher Widrigkeiten – gerne Ärztinnen und Ärzte sind. : Herr Dr. Cieslik, warum haben Sie sich für die Frauenheilkunde entschieden? Was genau begeistert Sie daran? Cieslik: Bereits während des Studiums bin ich durch das Wahlfach „Flüssige Biopsie bei Brustkrebspatientinnen“ mit der Frauenheilkunde in Berührung gekommen – damals ging es primär um Forschung. Nach einem Praktischen Jahr am Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD), das mir die Möglichkeit bot, den Klinikalltag hautnah mitzuerleben, hatte ich meine Entscheidung für die Facharztweiterbildung getroffen. Für mich war die Mischung aus konservativer und operativer Medizin in der Gynäkologie ausschlaggebend, ich finde diese Vielschichtigkeit sehr interessant. : Was erleben Sie in der Arbeit an der Uniklinik? Welche Schwerpunkte haben Sie aktuell? Cieslik: Zurzeit bin ich im Kreißsaal tätig. Wir haben rund 2.000 Geburten im Jahr, gehören also nicht zu den ganz großen geburtshilflichen Kliniken. Als Perinatalzentrum der höchtsten Stufe behandeln wir viele Fälle von Frühgeburtlichkeit und anderen Risikoschwangerschaften. Der Schwerpunkt der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am UKD liegt auf komplexeren onkologischen Erkrankungen, was bedeutet, dass ich solche Fälle überproportional oft erlebe und begleite. Zudem sind wir ein bekanntes Endometriosezentrum. Wir beteiligen uns interdisziplinär an dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt „EndoFERT“ zur Erforschung der Mechanismen, die zur Entstehung von Endometriose führen. Ziel ist es, Endometriose schneller und effektiver zu diagnostizieren sowie neue, personalisierte Therapieansätze zu entwickeln. : Gibt es Fälle, die Ihnen in Erinnerung geblieben sind? Cieslik: Es gibt viele Fälle, die einem sehr nahe gehen, das lässt sich durch unseren Pflegekräfte, müssen dies aushalten können. Dazu gehört auch zu lernen, emotional aufwühlende Ereignisse nicht zu sehr an sich heranzulassen. Das ist ein Teil des Arztseins, der von Außenstehenden zumeist nicht wahrgenommen wird. Doch wenn Patientinnen bei stark vorangeschrittenen Krebserkrankungen sehr oft in der Klinik erscheinen und dann eine gewisse Verbindung entsteht, ist es auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wichtig, sich untereinander auszutauschen. Ich bin sehr froh darüber, dass dies bei uns an der Klinik wunderbar funktioniert. : Wie ist es als Mann in der Frauenheilkunde? Cieslik: Wir sind nicht sehr viele, aber es gibt uns (lacht). Das Fachgebiet wird von Frauen dominiert, das ist natürlich richtig. Ich fühle mich aber keineswegs unwohl. Es gibt tatsächlich ab und zu Patientinnen, die nicht von einem Mann behandeln werden möchten, aber das ist gar kein Problem. Wir respektieren solche Wünsche. : Gibt es etwas, was Sie an Ihrem Beruf stört? Cieslik: Ich würde nicht sagen, dass mich etwas wirklich stört. Die Frauenheilkunde ist nun mal ein sehr arbeitsintensives Fachgebiet, besonders an Universitätskliniken. Man verbringt sehr viel Zeit in der Klinik und mit den Patientinnen – spricht mit ihnen, erklärt Befunde und erläutert Abläufe. Dazu kommen dann noch die Bürokratie und die üblichen Tagesaufgaben. Das liegt sicherlich nicht allen. Was man aber quasi dazugewinnt, wenn man dieses Stresslevel bewältigen kann, ist der Zugang zu Forschung und Lehre. Wir haben hier die Möglichkeit, Zeit in unsere eigene Forschung zu investieren. Ich führe beispielsweise Veranstaltungen wie die Cancer Informatics Summer School durch, in denen ich auch mit den Medizinstudierenden ins Gespräch komme und sie unterrichte. Ich schätze diese Netzwerke und den Austausch wirklich sehr. : Welche Ziele haben Sie für Ihre berufliche Zukunft? Cieslik: Ich möchte definitiv mein Leben lang klinisch tätig bleiben. Aktuell kann ich mir vorstellen, immer an einer großen Klinik zu bleiben, aber das kann sich in den kommenden zehn Jahren auch noch ändern. Das Konzept der Niederlassung finde ich nämlich auch sehr spannend, eventuell sogar auf dem Land. Das Interview führte Vassiliki Temme Foto: Universitätsklinikum Düsseldorf Dr. Jan-Philipp Cieslik wurde 1995 in Kassel geboren. Von 2014 bis 2021 studierte er Humanmedizin an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Er promovierte mit Summa Cum Laude und widmete sich von 2021 bis 2022 dem Master of Research in Cancer Informatics am Imperial College in London. Dort erhielt er den Dean’s Prize als bester Absolvent des Jahrgangs. Seit November 2022 ist Cieslik am Universitätsklinikum in Düsseldorf in der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe tätig. Schwerpunkt in der Onkologie kaum vermeiden. Man kann eigentlich sagen, dass Freud und Leid in der Gynäkologie recht nahe beieinander liegen. Wir haben den Kreißsaal mit den Geburten und die Palliativmedizin für die Krebspatientinnen. Alle, die damit befasst sind, Ärztinnen und Ärzte sowie die Die Mischung aus konservativer und operativer Medizin war ausschlaggebend.

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