Grundlagen der Kommunikation 13 12 Äußerungen und nonverbalen Botschaften, hin und her. In der zweiten Kategorie geht es mehr um die Atmosphäre, die diese Interaktion verbreitet, ohne konkrete Zuschreibung zu einer Person – sie entspräche dem, was ‚in der Luft liegt‘, wenn man sich als Besucherin oder Besucher von Wimbledon dem Central Court nähert, ohne dass man genau weiß, wer gegen wen spielt. Typischer Vertreter der ersten Kategorie ist der deutsche Kommunikationswissenschaftler Friedemann Schulz von Thun. Von ihm stammt das Zitat: „Wir reden immer zugleich mit vier Zungen und hören mit vier Ohren.“ Jede Nachricht hat demnach vier mögliche Bedeutungs- und Verstehensebenen: • Selbstkundgabe (Was ich von mir selbst kundgebe), • Beziehungshinweis (Was ich von dir halte und wie wir zueinanderstehen), • Appell (Wozu ich dich veranlassen möchte) und • Sachinhalt. Typische Probleme in der Kommunikation entstehen dadurch, dass der Empfänger die Freiheit hat, die Botschaft auf einem Ohr seiner Wahl zu verstehen, was nicht immer der Intention des Senders entspricht. Missverständnisse ließen sich vermeiden, wenn nicht nur das Gesagte, sondern auch die eigene Intention dahinter deutlich würde. Auf den österreichischen Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick geht die Behauptung zurück, dass in jeder Form der Kommunikation ein Sachaspekt und ein Beziehungs- aspekt miteinander verschränkt sind. Jede Kommunikation enthält nicht nur eine Information, sondern auch einen Hinweis, wie der Sender seine Botschaft verstanden haben will und wie er seine Beziehung zum Empfänger sieht, also eine Interpretation. Diese Aussage ist eines seiner fünf Axiome zur Kommunikation: 1. Man kann nicht nicht kommunizieren. 2. Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt. 3. Kommunikation ist immer Ursache und Wirkung. 4. Menschliche Kommunikation bedient sich analoger und digitaler Modalitäten. 5. Kommunikation ist symmetrisch oder komplementär. Gerade für die Kommunikation im Gesundheitswesen ist sein letztes Axiom wesentlich, in dem er darauf hinweist, dass Kommunikation nicht immer symmetrisch ist (wie bei ausgeglichenen Machtverhältnissen), sondern dass sie auch komplementär verläuft, wenn große Unterschiede zwischen den Beteiligten bestehen. Kontextfaktoren entscheiden darüber, in welcher Rolle die beiden Interagierenden sich begegnen; Patientinnen und Patienten sind zum Beispiel bei der körperlichen Untersuchung als Erduldende in der weniger mächtigen Rolle, sie verhalten sich komplementär zu den Bedürfnissen von Ärztinnen und Ärzten und können zwei Stunden später als Controllerinnen und Controller im Krankenhaus den Ärztinnen und Ärzten als ähnlich Mächtige gegenübertreten. Literatur Schulz von Thun F.: Miteinander reden 1 – Störungen und Klärungen. Rowohlt Taschenbuchverlag, Reinbek bei Hamburg 1981. Watzlawick P., Beavin J., Jackson D.: Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien. Huber-Verlag, Bern 2000. 1.2. Ziele der Kommunikation Die beiden Wissenschaftler Bird und Cohen-Cole haben im Jahr 1990 ein Modell vorgeschlagen, um die Ziele der Kommunikation zwischen Arzt/Ärztin und Patient/Patientin zu beschreiben. Das Modell umfasst drei Ziele: 1. Daten gewinnen; 2. Patientinnen und Patienten informieren; 3. auf die Gefühle von Patientinnen und Patienten eingehen. Andere Modelle fokussieren eher auf übergeordnete Ebenen. Entsprechend werden die Ziele umformuliert (z. B. das Modell von Lazare, Putnam & Lipkin, 1995): 1. eine Beziehung entwickeln, beibehalten und abschließen; 2. die Art des Problems identifizieren und im Verlauf überwachen; 3. Vermitteln von Informationen an Patientinnen und Patienten sowie Behandlungspläne implementieren. Beim Vergleich dieser beiden frühen Modelle wird deutlich, dass sich Ziele auf ganz unterschiedlichen Niveaus definieren lassen. Das Ziel „Daten gewinnen“ lässt sich durch Beobachtungen von Ärztinnen und Ärzten verifizieren, die in der Lage sind, mehr oder weniger vollständige Anamnesen zu erheben. Ähnliches gilt für das dritte Ziel im Modell von Bird Grundlagen der Kommunikation Ärztekammer Nordrhein Ärztekammer Nordrhein
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