37 36 Gesprächstechniken Ärztekammer Nordrhein Ärztekammer Nordrhein Gesprächstechniken die Ärztin oder den Arzt angesehen werden. Oft haben die Patientinnen und Patienten kein vollständiges Konzept, sie haben nur über bestimmte Anteile des „Common Sense model of illness“ nachgedacht. Funktionelle Anteile des Konzeptes anerkennen: Nach der Zusammenfassung des Patientenkonzeptes versucht die Ärztin oder der Arzt, die funktionellen Anteile des Patientenkonzeptes anzuerkennen. Gibt es wenige oder keine brauchbaren Anteile, kann der Arzt / die Ärztin erwidern: „Ich finde es gut, dass Sie so offen mit mir über Ihre Mühe sprechen, die Medikamente einzunehmen, und Ihre Gründe darlegen …“ Dysfunktionale Anteile des Konzeptes ansprechen und eigenes medizinisches Konzept offenlegen: Nachdem die brauchbaren Anteile des Patientenkonzeptes besprochen wurden, sollten direkt und nicht moralisierend die dysfunktionalen Anteile des Patientenkonzeptes angesprochen werden. Beispiel: „Ich kann verstehen, dass Sie keine unnötigen Medikamente einnehmen wollen. Wenn Sie aber die Hälfte der verordneten Dosis einnehmen, haben Sie nicht die Hälfte der erwünschten Wirkung, sondern gar keine Wirkung.“ Bevor der Arzt / die Ärztin das eigene medizinische Konzept erklärt, ist es wichtig, zunächst das Interesse an und die Motivation des Patienten / der Patientin für eine alternative Sichtweise zu erfragen. Beispiel: „Wollen Sie wissen, wie ich das sehe?“ Die meisten Patientinnen und Patienten stimmen dem zu. Bei den seltenen Ausnahmen ist der Versuch der Wissensvermittlung zum jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll und anderes muss zuerst geklärt werden. Verhandeln (braucht Zeit): Wenn der Arzt / die Ärztin das Konzept des Patienten / der Patientin kennt, ist es oft einfacher, in einen Verhandlungsprozess einzutreten. Beispiel: „Ich kann verstehen, dass Sie nicht unnötig Medikamente einnehmen wollen. Wie wäre es mit der Einsparung dieser Medikamente, weil Sie durch eine Umstellung Ihrer Lebensweise schon viel erreichen können?“ Gemeinsames Konzept erarbeiten und mit Patienten/Patientin überprüfen: Nach unterschiedlicher Verhandlungsdauer sollte der Arzt / die Ärztin das gemeinsame Konzept zusammenfassen und auf die Reaktion des Patienten / der Patientin warten. Beispiel: „Also ich fasse zusammen: Sie nehmen ab sofort das eine Medikament in der Dosierung wie besprochen. Dafür lassen Sie die beiden anderen Medikamente weg und stellen Ihre Lebensweise um.“ Pause. P.: „Ok.“ A.: „Die Umstellung ist oft nicht einfach. Sind Sie mit dem Versuch einverstanden?“ P.: „Ich möchte es versuchen.“ Umgang mit divergierenden Konzepten Somatoforme Störung www.aekno.de/leitfaden/somato-beratung Somatoforme Störung Erstgespräch www.aekno.de/leitfaden/somato-erstgespraech Literatur Leventhal H., Brissette I., Leventhal E. A.: The common-sense model of self-regulation of health and illness. In: Cameron L. D., Leventhal H. (Hrsg.): The Self-Regulation of Health and Illness Behavior. Routledge, London 2003, S. 42–65. Miller W. R., Rollnick S.: Motivational interviewing: Preparing people to change addictive behavior. Guilford Press, New York 1991. 2.6. Gemeinsame Entscheidungsfindung Die Arzt-Patient-Beziehung hat in den letzten Jahrzehnten einen Paradigmenwechsel weg von einem benevolenten paternalistischen hin zu einem patientenzentrierten Ansatz durchlaufen. Patientinnen und Patienten wechseln aus passiven in aktive Rollen und möchten als mündige und informierte Personen in die medizinischen Entscheidungs- und Behandlungsprozesse eingebunden sein (Mortsiefer et al. 2015). Patientinnen und Patienten sind Expertinnen und Experten für ihre Lebenssituationen, Werte und Wünsche; Ärztinnen und Ärzte sind Exper-
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