Leitfaden Kommunikation

57 Schluep M, Gravesteijn BY, Stolker RJ, Endeman H, Hoeks SE. One-year survival after in-hospital cardiac arrest: A systematic review and meta-analysis. Resuscitation. 2018; 132: 90–00. Becker C, Künzli N, Perrig S, Beck K, Vincent A, Widmer M, Thommen E, Schaefert R, Bassetti S, Hunziker S. Code status discussions in medical inpatients: results of a survey of patients and physicians. Swiss Med Wkly. 2020 Mar 23; 150: w20194. Becker C, Manzelli A, Marti A, Cam H, Beck K, Vincent A, Keller A, Bassetti S, Rikli D, Schaefert R, Tisljar K, Sutter R, Hunziker S. Association of Communication Interventions to Discuss Code Status With Patient Decisions for Do-Not-Resuscitate Orders: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Netw Open. 2019; 2(6): e195033. Beck K, Vincent A, Cam H, Becker C, Gross S, Loretz N, Müller J, Amacher SA, Bohren C, Sutter R, Bassetti S, Hunziker S. Medical futility regarding cardiopulmonary resuscitation in in-hospital cardiac arrests of adult patients: A systematic review and Meta-analysis. Resuscitation. 2022; 172: 181–93. Schneiderman LJ, Jecker NS, Jonsen AR. Medical futility: its meaning and ethical implications. Ann Intern Med. 1990; 112(12): 949–54. 3.6. Ansprechen heikler Themen: Sprechen über Tod und Sterben Obwohl Menschen spätestens in ihrer Pubertät begreifen, dass auch das eigene Leben endlich ist, finden Gespräche über das Lebensende, über Tod und Sterben selten statt. Oft findet die Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod erst im Verlauf einer schwerwiegenden Erkrankung statt. Es existiert eine gewisse Diskrepanz zwischen dem häufig zur Schau gestellten medialen Tod in Literatur, Film und digitalen Medien und der mangelnden Reflexion über das eigene, unvermeidliche Lebensende. Die Menschen, die heute unsere Patientinnen und Patienten sind, haben häufig als Kinder einen fast tabuisierten Umgang mit Tod und Sterben erlebt, weil das Sterben von Anverwandten allzu häufig im Krankenhaus oder im Hospiz, selten zu Hause geschah und selten offen darüber gesprochen wurde. Somit ist es nicht verwunderlich, dass eine gewisse Sprachlosigkeit vorherrscht, wenn es darum geht, auch eine fragliche oder bedrohliche Prognose der eigenen Erkrankung zu besprechen und abschätzen zu lernen. Einladung zum Gespräch Patientinnen und Patienten suchen meist indirekt das Gespräch über ihre Sorgen und Ängste in Bezug auf den weiteren Verlauf ihrer Erkrankung. Sie machen Andeutungen wie zum Beispiel: „Aber ich werde doch wieder gesund?“, „Kann ich denn noch Hoffnung haben?“, „Macht das denn alles noch Sinn?“ oder auch: „Wissen Sie, ich mache mir Sorgen um meinen Partner.“ Manchmal sagen Patientinnen und Patienten auch: „Ich habe Angst …“ oder: „Denken Sie, dass ich für nächstes Jahr meinen Urlaub planen kann?“ Eher seltener fragen Patientinnen und Patienten direkt nach der Prognose, wie lange Zeit ihnen noch bleibt oder was im Prozess des Sterbens konkret auf sie zukommen könnte. Der Zeitpunkt, an dem Patientinnen und Patienten das Thema Tod und Sterben ansprechen, ist sehr unterschiedlich. Manche versuchen dies ein erstes Mal direkt bei der Diagnosemitteilung, zum Beispiel wenn es um eine Krebserkrankung geht. Häufig wird von Ärztinnen und Heranführen an spezifische Gesprächssituationen Ärztekammer Nordrhein 56 haben allerdings gezeigt, dass auch Ärztinnen und Ärzte die Überlebenswahrscheinlichkeit eines Herz-Kreislauf-Stillstands bei polymorbiden Patientinnen und Patienten um bis zu 300 % überschätzen, sodass eher zu selten von einer nicht sinnvollen Reanimation ausgegangen wird. Auch wenn keine einheitlichen Handlungsempfehlungen bezüglich Sinnlosigkeit von Reanimationsmaßnahmen existieren, können klinische Risiko-Scores die Entscheidungsfähigkeit erleichtern. Eine Metaanalyse aus dem Jahre 2011 zeigte, dass insbesondere der GO-FAR (Good Outcome Following Attempted Resuscitation) und der PIHCA (The Prediction of Outcome for in-Hospital Cardiac Arrest) Score gute prädiktive Werte aufweisen. Beide Scores erfassen relevante Vorerkrankungen (z. B. metastasierende Tumorleiden, Sepsis oder respiratorische Insuffizienz) der Patientinnen und Patienten, welche mit einer schlechten Prognose nach Herz-Kreislauf-Stillstand verbunden sind. Auf Grundlage früherer Forschungsergebnisse berechnen GO-FAR und PIHCA hierbei eine statistische Wahrscheinlichkeit, einen Herz- Kreislauf-Stillstand mit gutem neurologischen Ergebnis zu überleben. Publikationen aus einer ethischen Perspektive legen nahe, dass man bei einer Überlebenswahrscheinlichkeit von < 3 % von aussichtslosen (futilen) Reanimationsversuchen ausgehen muss. Beide Scores können bei Reanimationsgesprächen als Entscheidungshilfe herangezogen werden und die Entscheidungsfindung erleichtern. Darüber hinaus dienen sie auch Ärztin- nen und Ärzten als Anhaltspunkt, um die Sinnhaftigkeit von Reanimationsversuchen zu evaluieren. Fazit Die Besprechung von Reanimationsversuchen, eine therapeutische Maßnahme, deren Prognose häufig ungewiss ist, stellt für das ärztliche Personal häufig eine Herausforderung dar. Viele Ärztinnen und Ärzte fühlen sich für diese Gespräche unvorbereitet. Insbesondere wenn infauste Prognosen oder palliative Therapieansätze besprochen werden müssen, können Kommunikationstrainings hilfreich sein. Literatur Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften. Reanimationsentscheidungen 2018 [Available from: https://www.samw.ch/ de/Ethik/Themen-A-bis-Z/Reanimationsentscheidungen.html] Becker C, Hunziker S. Decision Making in Code Status Discussions. Ther Umsch. 2022; 79(8): 387–392. Becker C, Gross S, Gamp M, Beck K, Amacher SA, Mueller J, Bohren C, Blatter R, Schaefert R, Schuetz P, Leuppi J, Bassetti S, Hunziker S. Patients' Preference for Participation in Medical Decision-Making: Secondary Analysis of the BEDSIDE-OUTSIDE Trial. J Gen Intern Med. 2022 Sep 9. Perkins GD, Graesner JT, Semeraro F, Olasveengen T, Soar J, Lott C, et al. European Resuscitation Council Guidelines 2021: Executive summary. Resuscitation. 2021; 161: 1–60. Heranführen an spezifische Gesprächssituationen Ärztekammer Nordrhein

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