Leitfaden Kommunikation

73 der Ärztekammer Nordrhein gemeinsam mit der AOK Rheinland/Hamburg herausgegeben worden ist. Ärztinnen und Ärzte sollten bei Kindern immer rückfragen, was sie verstanden haben. Suggestive Fragen wie „Du hast es doch verstanden?“ helfen nicht weiter, weil Kinder gegenüber Autoritätspersonen in der Regel zustimmen, auch wenn sie das Gesagte nicht verstanden haben. Das Kind sollte beim Arztgespräch vor den Eltern gefragt werden, was es über die Erkrankung oder Behandlung weiß. Dabei soll es selbst zu Wort kommen und die Beschwerden in seinen eigenen Worten schildern. Die ärztliche Fachperson kann sich so eine Vorstellung darüber machen, welche konkreten Krankheitsvorstellungen das Kind hat, um sich im anschließenden Gespräch an das Vorwissen und die Krankheitsvorstellungen des Kindes anzupassen. In vielen Fällen redet die Fachperson nach der Begrüßung jedoch nicht mehr direkt mit dem Kind, sondern nur noch mit den Eltern über das Kind. Antwortet das Kind jeweils nicht sofort, greifen oft die Eltern ein und antworten stellvertretend für das Kind. Hier ist es wichtig, die Eltern zu bitten, sich zurückzuhalten und dem Kind zu signalisieren, dass man daran interessiert ist, dass es die Fragen selbst beantwortet. Grundregeln für das Gespräch mit dem Kind: • Sprache dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes anpassen. • Das Kind selbst über seine Beschwerden reden lassen. • Dem Kind Zeit geben, im eigenen Tempo zu sprechen. • In kurzen, klaren, einfachen Sätzen sprechen; Fachausdrücke vermeiden. • Wichtige Informationen mehrfach geben, aber Eltern und Kind nicht mit Informationen überhäufen. • Sich erzählen lassen, was das Kind verstanden hat. • Keine Suggestivfragen stellen. • Nicht nur reden, sondern das Gesagte auch visualisieren (Zeichnungen, Illustrationen usw.). • Der Krankheit einen Namen geben (z. B. Krebs). • Raum für Fragen lassen; zu Fragen ermutigen, aber nicht drängen. • Es muss nicht alles beim ersten Gespräch im Detail erklärt werden. • Was gesagt wird, muss wahr sein. • Das Kind von möglichen Schuldgefühlen und Selbstvorwürfen entlasten. • Dem Kind versprechen, dass es über alles Wichtige informiert werden wird. • Alle Fragen wahrheitsgetreu beantworten. Kinder erwarten ehrliche Antworten auf ihre Fragen. Heranführen an spezifische Gesprächssituationen Ärztekammer Nordrhein 72 nach Schuldigen. Ärztinnen und Ärzte sind also mit vielfältigen Ängsten, Befürchtungen und Fragen konfrontiert und sollten sich daher – genauso wie in der Erwachsenenmedizin – genau überlegen, was sie zu einem bestimmten Zeitpunkt ansprechen wollen. Bei der Vermittlung von Informationen sollte berücksichtigt werden, dass viele Angehörige durch die Erkrankung ihres Kindes emotional so aufgewühlt und betroffen sind, dass es ihnen kaum gelingt, sich auf das Gespräch einzustellen, zuzuhören und die Informationen aufzunehmen. Eltern krebskranker Kinder artikulieren unterschiedliche Anliegen gegenüber verschiedenen Berufsgruppen: Von behandelnden Ärztinnen und Ärzten erhoffen sie sich vor allem ehrliche und kompetente Information, von Pflegenden eher emotionale Unterstützung durch explizites Aufgreifen von Sorgen und Trauer. Aus der Sicht der Eltern helfen ihnen beide Berufsgruppen auf ihre je eigene Art, was für die gängige Praxis spricht, sich in der Krebsbehandlung auf multiprofessionelle Teams zu verlassen. Das Gespräch mit Kindern und Jugendlichen Kinder haben das Recht auf altersgemäße Information und Aufklärung über alle diagnostischen und therapeutischen Schritte sowie den zu erwartenden Verlauf der Erkrankung. Auch wenn das Kind noch über wenig verbale Kompetenz verfügt, sollte immer mit ihm gesprochen werden. Ab einem Alter von etwa sieben Jahren können Kinder in medizinische Entscheidungen miteinbezogen werden. Die Ärztin oder der Arzt sollte das Kind wahrheitsgetreu über seine Erkrankung informieren. Dies fällt vielen Ärztinnen und Ärzten schwer, weil sie nicht wissen, wie sie die (komplexe) Krankheit erklären sollen und/oder sich vor möglichen Fragen fürchten. Aus falsch verstandenem Schonverhalten die Kinder nicht oder gar falsch zu informieren, ist jedoch nicht hilfreich. Falschinformationen und Schweigen sind für das Kind schlimmer als Reden, nimmt es doch meist genau wahr, wenn etwas nicht stimmt, und macht sich entsprechend seine eigenen Gedanken und Fantasien. Diese sind oft bedrohlicher als die Realität. Es kommt zu falschen Schlüssen und Annahmen, etwa in dem Sinne, dass es selbst für die Erkrankung verantwortlich ist. Jede Falschinformation oder Notlüge untergräbt das Vertrauen und fördert das Misstrauen gegenüber Ärztinnen bzw. Ärzten und Eltern, was eine weitere Behandlung schwierig macht. Eine altersgerechte Information über die Erkrankung gibt dem Kind die Möglichkeit, Fragen zu stellen und sich Unterstützung zu holen. Zeichnungen und Bücher zur Illustration sind bei jüngeren Kindern zur Information wichtig. Ein gutes Beispiel, wie Kindern die Angst vor dem Arztbesuch genommen werden kann, ist das von Kindern selbst verfasste „Mutmachbuch für Krankenhaus und Arztpraxis“, das von Heranführen an spezifische Gesprächssituationen Ärztekammer Nordrhein

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