97 96 Heranführen an spezifische Gesprächssituationen Ärztekammer Nordrhein Ärztekammer Nordrhein Heranführen an spezifische Gesprächssituationen Onlinefreundschaften und deren Grenzen Trotz aller persönlichen Bindung zwischen Arzt/Ärztin und Patient/Patientin sollte das Verhältnis zwischen beiden Agierenden ein professionelles sein, das scharf von einer rein persönlichen Beziehung getrennt werden muss. Wenn Ärztinnen und Ärzte ihren Patientinnen und Patienten Zugang zu ihrem persönlichen Profil eines sozialen Netzwerks erlauben, bekommen Patientinnen und Patienten Einblicke in das persönliche Leben der Ärztinnen und Ärzte, wie sie diese im üblichen Patient-ArztVerhältnis nicht bekommen würden. Hierdurch könnten leicht Grenzen überschritten werden, die das Patient-Arzt-Verhältnis nachteilig beeinflussen könnten. Die Schwelle für solche Grenzüberschreitungen ist in Onlinemedien bei vielen Menschen niedriger als im „normalen Leben„ ausgeprägt, wodurch es neben der Beeinflussung des Patient-Arzt-Verhältnisses auch zu Verletzungen der Schweigepflicht kommen kann. Interkollegialer Austausch über soziale Netzwerke Viele Ärztinnen und Ärzte haben bereits die Entscheidung getroffen, sich mit Kolleginnen und Kollegen über soziale Netzwerke auszutauschen. Diese Entscheidung sollte in dem Bewusstsein erfolgen, dass eine unbekannte Anzahl von Personen sehen kann, was in den sozialen Netzwerken geäußert wird. Eine entsprechende Ausdrucksweise sollte dabei selbstverständlich sein – ebenso wie bei Äußerungen einer Ärztin oder eines Arztes in anderen öffentlichen Räumen! Fernbehandlung und soziale Medien Auf dem 121. Deutschen Ärztetag 2018 wurde das berufsrechtliche Verbot der ausschließlichen Fernbehandlung gelockert. Eine Beratung und Behandlung über Kommunikations- medien auch ohne persönlichen Erstkontakt ist im Einzelfall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt gewahrt wird. Im Rahmen der Kommunikation über soziale Medien werden im Standardfall alle Inhalte offen kommuniziert, daher sollte eine Beratung einer einzelnen betroffenen Person, auch wenn sie diese explizit nachfragen würde, nicht erfolgen. Sinnvoller und sicherer als die Einzelfallberatung oder -behandlung über Kommunikationsmedien wie Social Media ist die Beantwortung von allgemeinen Gesundheitsaussagen. Daher ist es besser, innerhalb sozialer Medien nur allgemeine medizinische Fragen zu beantworten – beispielsweise „Was ist ein Karpaltunnelsyndrom?“ oder „Ist hoher Blutdruck schädlich?“. Sicherheitshalber sollte aber immer deutlich auf die Grenzen dieser allgemeinen Beratung für den Einzelfall und die Grenzen einer Fernbehandlung hingewiesen werden. Öffentliche Diskussion medizinischer Themen auf Twitter In der Zeit der Pandemie wurde auch innerärztlich heftig um das richtige Vorgehen zu deren Eindämmung diskutiert. Viele Ärztinnen und Ärzte waren persönlich betroffen und mussten miterleben, dass sie auch jüngeren Patientinnen und Patienten mit einer schweren Infektion nicht mehr helfen konnten. Viele mussten in dieser Zeit auch kräftemäßig über ihre Grenzen gehen. In anderen Arbeitsbereichen haben Ärztinnen und Ärzte aber auch erfahren, wie beispielsweise Kinder unter den Eindämmungsmaßnahmen gelitten haben. Daher wurden insbesondere im Microblogging-Dienst „Twitter“ heftige zum Teil auch sehr emotionale Diskussionen geführt: Lesende, die keine entsprechende statistische und medizinische Ausbildung haben, können diese Einzelfallberichte schlecht einschätzen. Aussagen zu Studien vermischen sich mit ungeprüften Einzelberichten, deren Validität und Herkunft nicht überprüft werden kann. Zudem können falsche Schlüsse gezogen werden, da das wirkliche Nutzen-Risiko-Verhältnis ohne zusätzliche Hintergrundinformationen schwer eingeschätzt werden kann. Die emotionale Darstellung des Themas erschwert eine sachliche faktenbasierte Entscheidung und es werden vermeidbare Ängste geschürt. Im Kontext von sozialen Medien ist für Lesende nicht nachvollziehbar: • ob die Autorin bzw. der Autor des Textes wirklich ein Arzt oder eine Ärztin mit der entsprechenden fachlichen Expertise für das betreffende Thema ist, • mit welchen Quellen die Information belegt wurde, • wie die Validität und Aussagekraft der zitierten Studien sind, • wie das wirkliche Nutzen-Risiko-Verhältnis einer ärztlichen/medizinischen Maßnahme ist. Berufswidrige Werbung über soziale Medien Der Einsatz sozialer Medien im ärztlichen Bereich ist auch im Hinblick auf eine mögliche Kommerzialisierung des Arztberufs kritisch zu sehen. In der (Muster-)Berufsordnung (§ 27: Erlaubte Information und berufswidrige Werbung) wird Ärztinnen und Ärzten nur die sachliche berufsbezogene Information gestattet. Eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung dagegen wird als berufswidrig untersagt. Zweck dieser Vorschriften sind die Gewährleistung des Patientenschutzes und die Vermeidung der bereits erwähnten Kommerzialisierung des Arztberufs, die dem Selbstverständnis der Ärztinnen und Ärzte zuwiderläuft.
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