Leitfaden Kommunikation

Grundlagen der Kommunikation 18 Schulz von Thun unterscheidet drei Fälle von nichtstimmiger Kommunikation (1998): • Angepasst: Die Kommunikation ist zwar der Situation angemessen, aber der Sprecher / die Sprecherin hat den Eindruck, sich verstellen zu müssen. Ein Beispiel könnte der erste Termin in der Sprechstunde eines noch unbekannten Arztes bzw. einer noch unbekannten Ärztin sein. Zurückhaltung und Vorsicht, vielleicht sogar Unterwürfigkeit mögen in der Situation zwar hilfreich sein und als ausgesuchte Höflichkeit interpretiert werden, verhindern dabei aber das persönlich angemessene Verhalten. • Daneben (kommunikative Fettnäpfchen): Personen erleben sich zwar authentisch, handeln aber der Situation unangemessen. Beispiele dafür sind unpassende Witze oder unangebrachte Vertraulichkeiten, die nicht der Rollenbeziehung zwischen den Gesprächsteilnehmenden entsprechen. • Verquer: Es wird weder der Person noch der Situation entsprechend kommuniziert. Diese eher seltene Variante von nichtstimmiger Kommunikation kann eintreffen, wenn wir zum Beispiel uns als Person nicht einbringen oder nicht authentisch darstellen können und uns zudem im „falschen Film“ wähnen. Von stimmiger Kommunikation ist also dann die Rede, wenn persönliche Authentizität und situativ angemessenes Handeln zusammenfallen. Literatur Bierhoff H. W.: Einführung in die Sozialpsychologie. Beltz-Verlag, Weinheim 2002. Frindte W.: Einführung in die Kommunikationspsychologie. Beltz-Verlag, Weinheim 2001. Bierbrauer G.: Sozialpsychologie. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2005. Festinger L.: A Theory of Cognitive Dissonance. Stanford University Press, Stanford 1957. Nünning A., Zierold M.: Kommunikationskompetenzen. Klett-Verlag, Stuttgart 2011. Schulz von Thun F.: Miteinander reden 3 – Das „innere Team“ und situationsgerechte Kommunikation. Rowohlt, Reinbek 1998. Zimbardo P.: Psychology – Core Concepts. Allyn & Bacon Publishing, Boston 2005. 1.4. Non- und paraverbale Kommunikation Ein Patient oder eine Patientin trifft sehr verspätet in der Praxis ein und entschuldigt sich dafür mit einer Erklärung, die der Arzt / die Ärztin als fadenscheinig wahrnimmt und sich darüber still ärgert. Im verbalen Ausdruck bagatellisiert die ärztliche Fachperson das Verhalten und versichert dem Patienten / der Patientin, dass die Verspätung absolut kein Problem darstelle, macht aber gleichzeitig durch Mimik und Körperhaltung deutlich, dass sie das Verhalten nicht billigt. Die anschließende Behandlungszeit ist geprägt durch angespannte Kommunikation, beide fühlen sich nicht wohl. Hier zeigt sich, in welchem Ausmass das Nicht-Gesagte in der Lage ist, die Atmosphäre einer Begegnung nachhaltig zu prägen. Ärztekammer Nordrhein

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