35 Gesprächstechniken Ärztekammer Nordrhein 2.5. Umgang mit divergierenden Konzepten Es ist eher die Ausnahme, dass Patient/Patientin und Arzt/Ärztin die gleichen Vorstellungen über die Erkrankung und deren Behandlung haben. Besteht eine genügend große gemeinsame Schnittmenge der Vorstellungen, so stören die übrigen Unterschiede wenig. Divergieren jedoch die Konzepte von Arzt/Ärztin und Patient/Patientin stark, so kann dies eine sinnvolle Diagnostik und Therapie unmöglich machen. Beispiel: Der Patient ist überzeugt, dass er zu viele Medikamente einnimmt. Die mögliche Medikamenteninteraktion sieht er als gefährlich an, weswegen er die Medikamente auf die Hälfte reduziert. Er nimmt nur jene Medikamente weiter ein, die nicht allzu groß sind und die gegen seine Schlaflosigkeit helfen. Er hätte sein Vorgehen nie mit seinem Arzt besprochen, wenn der ihn nicht bei einem Hausbesuch nach der Schachtel für die Medikamenteneinnahme gefragt hätte. Die folgenden Gesprächstechniken und Schritte eignen sich zur Exploration des Patientenkonzepts und zum Verhandeln: Daran denken und ansprechen: Oft sind sich Ärztinnen und Ärzte nicht bewusst, dass Patientinnen und Patienten von ihnen stark abweichende Krankheitskonzepte haben. Patientinnen und Patienten berichten selten spontan von ihren Konzepten, sondern zeigen Verhaltensweisen, die für Ärztinnen und Ärzte irritierend sind. Beispiel: „Viele Patientinnen und Patienten haben Mühe, die vielen Medikamente regelmäßig einzunehmen. Wie ist das bei Ihnen?“ Konzept der Patientin bzw. des Patienten explorieren: Zur Exploration des Konzepts der Patientin bzw. des Patienten ist das „Common Sense model of illness“ von Leventhal gut geeignet: • Was ist das? (Identity) • Was ist die Ursache? (Cause) • Was sind die Folgen? (Consequences) • Wie ist der zeitliche Verlauf? (Time Line) • Wie kann man das behandeln? (Control) Die Patientin bzw. der Patient soll durch patientenzentrierte Gesprächstechniken zum Erzählen gebracht werden. Patientinnen und Patienten wissen, dass ihr Konzept oft nicht mit dem der Ärztin oder des Arztes übereinstimmt, und das Offenlegen kann als Vertrauensbeweis für
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