CORTISSIMO 07
Analoge und digitale Medienwelt widersprechen sich nicht. Die Kombination aus Handwerk und sensorischer Wucht verleiht Druckprodukten ein gewisses Prestige. ARM STAMM SCHULTER OHR SERIFE STEG SCHLEIFE TROPFEN SCHWEIF BOGEN SCHULTER SCHEITEL GRUNDLINIE MITTELLÄNGE haben einen Anfang und ein Ende – eine wohltuende Abgren- zung von der Unendlichkeit der digitalen Welt. Designlegende und Schrifterfinder Erik Spiekermann bietet in Zeiten wie diesen traditionelle Druck-Workshops an: Buchstaben setzen, Hände dreckig machen und am Ende alles wieder aufräumen. Wenig überraschend sind die Kurse voll mit Menschen, die ihr Arbeitsleben vor allem vorm Bild- schirm verbringen. „Das Buch ist immer noch eine Erfahrung und ein Liebhaberobjekt “ , sagte Spiekermann 2015 auf der Digitalkonferenz DLD . „Man kann es in der Hand halten, man kann daran riechen.” Es ist diese Kombination aus Handwerk und sensorischer Wucht, die Druckprodukten bis heute ihren Status und ihr Prestige verleiht. Print ist mit einem gewissen Qualitäts anspruch verbunden. Landet ein Blogprojekt auf Papier, ver- edelt Print das flüchtige Digitalprodukt. Technologie hat Print nicht abgeschafft, sondern viel- mehr dauerhaft ein neues Bewusstsein geschaffen: Print als Raum der Ruhe, der Konzentration. Ohne Push-Nachrichten, E-Mail-Gebimmel und „noch einmal schnell den Facebook- Status updaten “ . Während im Netz reißerische Überschriften Leser anzie- hen sollen, punktet Print mit ausgeruhten, langen Texten. Und wer im Netz versucht, Kunden zum Kauf anzuregen, regt sie mit blinkenden Bannern und dauernden Pop-ups vor allem auf. Print hingegen erreicht konzentrierte und aufnahmebe- reite Leser – und das mit einer unschlagbaren Ästhetik. Print kann spielen und überraschen. Mit verschiedenen Format- und Bildgrößen und unterschiedlichen Typografien können Printmacher Welten komponieren, in denen der Leser sich gerne verliert. Mal opulent, mal zurückgenommen. Mal seitenfüllende Fotos in Postergröße, mal kreative Kom- binationen von Bild, Text und Grafiken. Es sind die visuellen Landschaften, die Print so einprägsam machen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Printmacher komponieren Welten aus Bild aus Text – neben Fotos und Illustrationen transportiert deshalb auch die passende Typografie die gewünschte Wirkung 15 CORTISSIMO 7
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